Über den Kirchturm hinaus Christus in der Kelter: Symbol der Passionszeit und Motiv christlicher Kunst

Jesus als Winzer: Flurkreuz bei Maikammer.
Jesus als Winzer: Flurkreuz bei Maikammer.

Von Andreas Matheis

In den letzten Tagen unternahm ich bei gutem Wetter Spaziergänge durch die Weinberge. Eines meiner Ziele war die auf dem Kirch- oder Martenberg gelegene St. Michaelskapelle bei Deidesheim. Hinter der Kapelle bietet sich ein herrlicher Blick auf das Pfälzer Weinland und die Rheinebene. Bei klarem Wetter kann man neben den Steinbrüchen bei Leimen auch die Umrisse des Speyerer Doms erkennen.

Der aus Klingenmünster stammende Dichter August Becker hat es 1857 in seinem Buch „Die Pfalz und die Pfälzer“ so auf den Punkt gebracht: „Nur von Obsthainen, Mandelbäumen und Kastanienbüschen unterbrochen, umgrünt dieser schönste und größte Weingarten der Welt die Wohnungen der glücklichen Pfälzer“. Wir leben im Pfälzer Weinland.

Brot und Wein aus Vorderasien

Wie das Brot, so kommt auch der Wein aus dem Morgenland – aus der weiteren Heimat Jesu in Vorderasien. Hier haben vor über 4000 Jahren die Menschen zuerst die wild wachsenden Reben veredelt und den süßen Saft getrunken. Bald spürten sie auch, welche Kraft in diesem Saft geweckt wurde, wenn er zu Wein vergor. Das Wort „Wein“, dass bei allen Völkern ähnlich klingt, stammt aus Mesopotamien, der Urheimat Abrahams, des Ahnherrn Jesu und der Juden. Wein wächst nur in der gemäßigt warmen Zone der Erde. Vom Orient her kam er nach Griechenland, von den Griechen zu den Römern und schließlich zu uns.

Doch findet er schon mitten in Deutschland seine Lebensgrenze und kommt in den nördlichen Teilen nicht mehr zur Reife. Wein ist nicht nötig und notwendig wie das Brot oder wie Wasser. Zu Jesus Zeiten war es ein preiswertes Getränk und verbreitet wie bei uns Kaffee und Tee. Doch trank man ihn selten unvermischt mit Wasser.

Attribut unserer pfälzischen Weinregion

Deswegen wird bei jeder Eucharistiefeier, auch heute noch, zur Erinnerung daran etwas Wasser in den Wein gemischt. Doch steht bei uns der Kelch auf dem zum Altar gewordenen Tisch und ersetzt die Becher der Jünger durch edleres Material aus Ehrfurcht vor dem Geheimnis. Auch der Wein ist wie das Brot ein Sinnbild des Erlösers. Er wird aus vielen Beeren gewonnen und dann bis aufs Blut zerquetscht. Der Saft wird in einem Fass gleichsam begraben und in einem Keller bewahrt. Dort beginnt er zu gären und wandelt sich zu immer größerer Klarheit, um endlich aufzuerstehen als der Wein der Freude, als Spender der Kraft für die Schwachen, als Begleiter von Freuden und Festen.

Wir sind mitten in der Fastenzeit, der Zeit der Vorbereitung auf Ostern. In vielen Kirchen werden Kreuzwegandachten, Passionsandachten, Früh- und Spätschichten und ähnliches angeboten, Gottesdienste, die uns auf Ostern vorbereiten und einstimmen wollen. Das Passionsgeschehen steht dabei auch im Mittelpunkt.

Monumentales Flurkreuz: Christus als Winzer

In der Gemeinde Maikammer-Alsterweiler befindet sich inmitten der Weinberge ein monumentales Flurkreuz aus dem 20 Jahrhundert. Es stellt Christus als Winzer in der Kelter dar, am Kreuz hängend, der mit seinen Füßen die Trauben tritt.

Diese Vorstellung Christus als Keltertreter ist ein im 12. Jahrhundert aufgekommenes Motiv der christlichen Kunst. Es passt in das Passionsgeschehen und stellt dadurch auch ein Attribut unserer pfälzische Weinregion dar.

  • Andreas Matheis ist Diakon der katholischen Pfarrei Heilige Theresia vom Kinde Jesus, Bad Dürkheim

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