Bad Dürkheim Bad Dürkheim: Streit um historischen Altar

Wie geht es weiter mit der Schlosskirche? Neben einer Dachsanierung wird im Innenraum neu geplant.
Wie geht es weiter mit der Schlosskirche? Neben einer Dachsanierung wird im Innenraum neu geplant.

Blickpunkt: Die geplante Rückkehr eines historischen Altars hat die Protestantische Kirchengemeinde Bad Dürkheim in zwei Lager geteilt. Die einen sind für, die anderen gegen den Aufbau in der Schlosskirche. Die „Freunde der Schlosskirche“ greifen nun Dekan und Presbyterium an. Ihre Entscheidungen seien undemokratisch, ihr Handeln intransparent.

Knarzend und scheppernd hat Kurt Freund den Kanzelaltar in der Dürkheimer Schlosskirche in Erinnerung. Unter ihm ist der Dürkheimer konfirmiert worden. Und immer, wenn der Pfarrer die Kanzel erklomm, habe es geknarzt. Damit hat Freund vielen in der Debatte um den Kanzelalter eine Sache voraus. Er kennt den Altar aus eigenem Erleben, bevor das über sechs Meter hohe Prunkteil Ende der 1970er-Jahre im Rahmen einer Kirchenrenovierung ausgebaut wurde und bis vor wenigen Jahren aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden war. Heute steht Freund auf der Seite derer, die finden, der Kanzelaltar sollte nicht mehr in die Dürkheimer Schlosskirche eingebaut werden. Die selbsternannten „Freunde der Schlosskirche“ sind eine lose Gruppe. Ganz offen sagen sie, dass sie teilweise gar nicht zur Kirchengemeinde gehören. Auch der Sprecher der Gruppe, Peter Hilbert, ist als Bobenheimer nicht direkt betroffen, hat aber eine Meinung. „Möbelstück“, nennt er den barocken Altar, der seiner Meinung nach nicht wieder in der Schlosskirche stehen soll. Die Diskussion um den Altar entstand 2015, drei Jahre nachdem er für die meisten überraschend bei den Speyerer Diakonissen auf dem Dachboden gefunden worden war. Das Presbyterium hat inzwischen entschieden, ihn restaurieren und wieder aufstellen zu lassen. Gegen die Wiederaufstellung regte sich früh Widerstand. Der Altar verhindere Kirchenmusik und Liturgie, finden die einen; er sei ein wertvolles Kulturgut, die anderen. Das hatte für Streit gesorgt. Die „Freunde“ meinen nun, ihre Stimmen werden nicht ausreichend gehört. Bevor nun ein neues Konzept für die Kirche erarbeitet wird, wollen sie beteiligt werden. Gespräche mit dem Dekan Um ihr Anliegen vorzutragen, haben sie sich im vergangenen November mit Dekan Stefan Kuntz getroffen. Kuntz hat das Problem mit dem Kanzelalter „geerbt“. Noch unter seiner Vorgängerin Ulla Hoffmann hatte es ein Votum im Presbyterium für den Altar gegeben. Das Gespräch im November sei offen gewesen, finden beide Seiten. Aber dann habe der Dekan die Kommunikation unterbrochen, sagen die Altargegner. Kuntz wolle sich erst wieder mit ihnen treffen, wenn das Schlosskirchenkonzept fertig sei, sie also nicht mehr eingreifen könnten. Dekan Kuntz sieht das anders. Natürlich sei er am Rande von Veranstaltungen ansprechbar. Er wolle aber einer Gruppe, die kein Mandat habe und nicht aus Gemeindegliedern bestehe, nicht noch mehr offizielle Termine einräumen. Die Rolle des Presbyteriums Um an Informationen über Kanzelaltar-Rückkehr und Kirchenumgestaltung zu kommen, sind die „Freunde“ auch zu Presbyteriumssitzungen gegangen. Dort hätten sie aber erlebt, dass Interessantes zum Altar stets in den nicht-öffentlichen Teil der Sitzungen geschoben worden sei. Intransparent sei das, finden sie. Das Presbyterium habe nichts zu verbergen, sagen hingegen Presbyteriumsvorsitzender Reinhart Zobel und Dekan Kuntz. Allerdings, so räumt Kuntz ein, sei man in Dürkheim angesichts der teils erhitzt geführten Debatte vorsichtig geworden. „Bei uns ist mehr nicht-öffentlich als in anderen Presbyterien“, sagt er. Es sei aber stets alles korrekt verlaufen. Forderung nach Versammlung Eine Hauptforderung der Gegner des Altars ist die Einberufung einer Gemeindeversammlung. Zu der sei das Presbyterium verpflichtet, finden sie und argumentieren mit der Verfassung der Evangelischen Kirche in der Pfalz. Sie wollen so eine Abstimmung zur Frage und bei entsprechender Mehrheit die Rücknahme des Beschlusses zur Altarrückkehr erreichen. Dekan Kuntz leitet aus dem entsprechenden Paragrafen keine Pflicht ab. Eine Gemeindeversammlung habe zudem „keinen beschließenden Charakter“. Das bestätigt auch Kirchenrat Wolfgang Schumacher als Sprecher der Landeskirche. Solche Versammlungen könnten allenfalls einen beratenden und meinungsbildenden Charakter haben. In Speyer hatten die Gegner auch Unterstützung gesucht, sie aber nicht in der gewünschten Form gefunden. Schumacher sagt, die Landeskirche appelliere in solchen Fällen meist an die Vernunft der Beteiligten. Es sei der Eindruck der Landeskirche, dass Dekan und Presbyterium in der Sache „klug und durchdacht“ handeln. Kuntz schwebt eine andere Form der Beteiligung vor. Gibt es erst ein Konzept für die Schlosskirche, dann soll in Kleingruppen diskutiert werden können. Für Ideen sei er dann offen. Aber: „Die Entscheidung kann nur das Presbyterium treffen“. Öffentlichkeit sei wichtig: „Wir müssen die Leute begeistern“, sagt Kuntz. Schließlich müssten noch Spenden gesammelt werden. Was die Neukonzeption koste, ließe sich heute noch nicht abschätzen. Genauso wenig liegen laut Kuntz abschließende Zahlen zur Kanzelaltarrestaurierung vor. 2015 hatte es eine Infoveranstaltung zum Altar gegeben. Damals wurden die Ausführungen des Landesdenkmalpflegers und Altar-Befürworters Georg Peter Karn mit Buh-Rufen begleitet. (Zobel: „Die unwürdigste Veranstaltung, die ich je in einer Kirche erlebt habe.“) Die Kanzelaltargegner haben angekündigt, selbst eine Gemeindeversammlung zu veranstalten, wenn es das Presbyterium nicht tut. Rolle der Kirchenmusik Die Kirchenmusik in ihrer jetzigen Form wird durch den Einbau des wuchtigen Altars nicht mehr möglich sein, das ist das Hauptargument derer, die den Altar nicht mehr zurück wünschen. Bezirkskantor Johannes Fiedler hingegen sieht sogar Chancen durch die geplanten Veränderungen. Sollten die Musiker, dem Altar geschuldet, künftig weiter vorne stehen, sei das „akustisch vielleicht ein Fortschritt“. Er hege sogar die Hoffnung, dass die Kirchenmusik dann besser dastehe. Der aktuelle Stand Das Presbyterium hat nach Angaben von Dekan Kuntz einen Architekten (Matthias Dichtl aus Grünstadt) mit der Außenrenovierung beauftragt. Eine Dachsanierung sei geboten. Ein zweiter Architekt (Bayer-Uhrig aus Kaiserslautern) soll ein Konzept für die Renovierung im Innenraum erarbeiten. Der Architekt sei offen in seiner Gestaltung, so Kuntz. Dass der Kanzelaltar wieder eingebaut werde, sei eine Vorgabe. Auch sei neue Beleuchtung nötig. Statt der Bankreihen sollen Stühle künftig für mehr Flexibilität sorgen. Beide Architekten seien renommiert und erfahren. Die Stimmung Die „Freunde der Schlosskirche“ sehen eine breite Front gegen den Altar. Der Dekan sagt: „Ich höre beides“. Die Befürworter seien eher eine „schweigende Gruppe“. Er beobachte, dass die Bedenken gegen den Altar oft auf Missverständnissen beruhen. Während Zobel vom Presbyterium noch ungute Erinnerungen an die Infoveranstaltung vor drei Jahren hat, sind die Altar-Gegner immer noch sauer wegen einer Veröffentlichung im Gemeindeblatt vor einigen Jahren, durch die sie sich geschmäht sehen. Der Dekan konstatiert für die rund 5000 Gemeindeglieder (Innenstadt und Seebach): „Es gibt schon zwei Lager.“

250 Jahre stand der Kanzelaltar im Kirchenraum.
250 Jahre stand der Kanzelaltar im Kirchenraum.
Seit über 30 Jahren steht der Altar nicht mehr in der Kirche.
Seit über 30 Jahren steht der Altar nicht mehr in der Kirche.
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