Bad Dürkheim Bürgermeister will NS-Aussage nicht mehr wiederholen

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Georg Welker – hier nach der Verhandlung – wehrt sich dagegen, die Gerichtskosten tragen zu müssen.

Rassismus und Antisemitismus hat der aus dem Saarland nach Bad Dürkheim gekommene Gilbert Kallenborn gestern dem Herxheimer Ortsbürgermeister Georg Welker vor dem Dürkheimer Amtsgerichts vorgeworfen.

Vordergründig ging es um eine Unterlassungsklage gegen Äußerungen aus einem ARD-Beitrag über die sogenannte Hitlerglocke in Herxheim am Berg. Hintergründig ging es für den Mann jüdischen Glaubens aber um mehr. Er höre im Klang der Glocke die Stimmen der Opfer. „Das waren auch deutsche Bürger, nicht nur die jüdischen.“ Dieser Halbsatz, geäußert in der Sendung „Kontraste“ vom 18. Januar, ist Georg Welker gestern bei Gericht vor die Füße gefallen. In einem sogenannten Anerkenntnisurteil sagte Welker zu, diese Äußerung in dieser isolierten Form nicht mehr zu tätigen. Gedrungen darauf hat Gilbert Kallenborn, der in den vergangenen Monaten schon mit zwischenzeitlich von der Frankenthaler Staatsanwaltschaft abgewiesenen Anzeigen wegen Volksverhetzung gegen den vorherigen Ortsbürgermeister Ronald Becker und den protestantischen Pfarrer Helmut Meinhardt von sich reden gemacht hatte. Den Juden werde mit dem von Welker geäußerten Satz abgesprochen, zwischen 1933 und 1945 deutsche Bürger gewesen zu sein, begründete der 63-Jährige seinen Gang vors Gericht. Dieses Mal kam er mit der Unterlassungsklage durch.

Bürgermeister versteht Vorwurf

Im gestrigen Eilverfahren fragte die Vorsitzende Richterin Dr. Silja Collet den Bürgermeister, ob es für ihn nachvollziehbar sei, dass man sich als Jude dadurch beleidigt fühlen könnte. Welker räumte ein: „Ich gebe zu, dass die Äußerung missverständlich sein kann, wenn man sie isoliert betrachtet.“ Der 71-Jährige wehrte sich jedoch gegen den Verdacht, er trage nationalsozialistisches Gedankengut in sich. Welker führte beispielsweise eine Israel-Reise an, die er 1975 als junger Vikar organisiert habe. Mit seiner Aussage in der ARD habe er sich auf Herxheim bezogen, wo seit 1890 keine jüdischen Mitbürger mehr gelebt hätten. Er habe als früherer Pfarrer im Ort viele Menschen beerdigt, die unter der NS-Zeit gelitten hätten. Immer wieder von der Richterin gebremst werden musste der Kläger, der mit Vehemenz und wie Welker ohne Anwalt auftrat. Der Bürgermeister äußere sich im Stil von Nazis, sagte Kallenborn. Weil er eine Glocke mit Hakenkreuz vorhalte, müsse Welker „eigentlich vom Verfassungsschutz“ beobachtet werden. Collet ermahnte den Kläger mehrmals, sie nicht weiter zu unterbrechen, und drohte ihm ein Ordnungsgeld an. Der Mann aus dem Saarland mäßigte sich nur kurz, obwohl ihm die Richterin bedeutete, dass es heute nicht um das Abhängen einer Glocke ginge, sondern allein um den Unterlassungsantrag. Beirren ließ er sich aber nicht. Welker habe die Wahl zum Bürgermeister durch sein Bekenntnis zu einer Glocke gewonnen, die ein Hakenkreuz mit Inschrift trage. „Ich klage hier gegen ein Kartell des Schweigens“, sagte Kallenborn.

Welker: Kläger soll Gerichtskosten tragen

Welker empfand es nach der Verhandlung als befremdlich, dass man einfach jemanden anzeigen und ihm einen Satz vorwerfen könne, und dann sicher sein könne, dass dieser dafür bezahlen müsse. Zuvor hatte er im Gerichtssaal beantragt, dass der Kläger die Gerichtskosten tragen solle. Er selbst wolle nicht bezahlen. Darüber entscheidet die Richterin bis 14. Februar.

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Kläger Gilbert Kallenborn nur knapp einem Ordnungsgeld durch die Richterin.
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