Über den Kirchturm hinaus Auch die Kirche muss sich ändern
Letztens war ich nach langer Zeit bei einer Freundin zu Besuch. Wir sehen uns leider nur selten. Ihre jüngste Tochter ist 17 Jahre alt, die beiden „Großen“ noch älter. Im Esszimmer blieb mein Blick an einem Familienfoto hängen: Es ist mittlerweile 17 Jahre alt. Damals waren die drei Kinder noch klein. So habe ich sie kennengelernt. Wenn ich an sie denke, dann sehe ich sie vor meinem inneren Auge, wie sie damals aussahen. Dieses Bild von ihnen hat sich in mir verankert – obwohl ich weiß, dass sie heute moderne, selbstständige Persönlichkeiten sind.
Irgendwie geht es mir mit meiner Kirche genauso: Ich hänge noch an dem Bild von „der Kirche“ von früher: als Pfarrerinnen und Pfarrer alle im Dorf kannten, um ihre Freuden und Sorgen wussten und Zeit hatten, sie zu begleiten; als der Gottesdienst gesellschaftlicher Treffpunkt war; als Zeit war, um an kirchlichen Gruppen teilzunehmen und sich Jahrzehnte lang in der Kirche zu engagieren. Doch die Welt und die Gesellschaft haben sich verändert und die Interessen der Menschen auch. So muss sich auch das Bild von Kirche ändern, damit Kirche nicht ein Bild aus längst vergangener Zeit wird, das vielleicht bald „abgehängt“ wird.
Veränderungen bringen auch Freude mit sich
Veränderungen tun manchmal weh, weil auf Liebgewonnenes verzichtet werden muss – aber vielleicht ergibt sich auch Neues, das Freude macht, wenn man es ausprobiert. Irgendwo habe ich gelesen, dass nichts so eingefahren sei, dass es nicht geändert werden könnte. Das gilt hoffentlich auch für die Kirche – und für mich! Gerne möchte ich nicht nur Vertrautes bewahren, sondern auch Neues wagen, damit die gute Botschaft den Menschen von heute noch guttut. Denn der Geist, den Gott uns geschenkt hat, lässt uns nicht verzagen. Vielmehr gibt er uns Kraft, Liebe und Besonnenheit (2. Timotheus 1,7).
- Jasmin Brake ist Pfarrerin in Ungstein