Ludwigshafen „Wir müssen nichts mehr beweisen“

Machen seit Jahrzehnten zusammen Musik: Thorsten (links) und Kai Wingenfelder.
Machen seit Jahrzehnten zusammen Musik: Thorsten (links) und Kai Wingenfelder.

Wingenfelder – das sind Kai (58, Sänger) und Thorsten (52, Sänger und Gitarrist) Wingenfelder, die Köpfe der Hannoveraner Rockband Fury in the Slaughterhouse. Nach der Auflösung 2008 gründeten die Brüder 2010 Wingenfelder. Vor dem Konzert am Freitag in der Kulturhalle in Mannheim-Feudenheim sprechen sie im Interview über das aktuelle Album „Sieben Himmel hoch“, Unterschiede zu Fury und das Brüdersein.

2017 war für Fury in the Slaughterhouse mit der Tour zum 30. Jubiläum überaus erfolgreich. Ist das Fluch oder Segen für Wingenfelder?Thorsten Wingenfelder:

Beides. Am Ende des Tages war Fury so groß, dass wir schon die Sorge hatten, ob wir das neue Wingenfelder-Album überhaupt fertig bekommen und es verschieben müssen. Doch wir hatten im Fury-Jahr extrem gute Laune und alles war harmonisch. Die wenige Zeit, die wir hatten, waren wir für Wingenfelder wirklich voll da. Wir hatten uns zeitweise von Deutschland verabschiedet, sind nach Schweden und Dänemark gereist, Köpfe zugemacht und haben uns komplett nur mit dem neuen Album beschäftigt. Wie viel neue Kreativität und Kraft ist entstanden durch das tolle Fury-Jahr? Thorsten Wingenfelder: Fury 2017 lief lässig und entspannt ab, und man hatte auch wahrlich viel Spaß. Es war nicht so anstrengend, weil wir alle ein paar Tage älter sind und keine 22 mehr. Dadurch konnte man die freie Zeit auch sehr gut zum Songschreiben nutzen, und wir haben einfach eine Welle erwischt, auf der wir gut surfen konnten. Am Ende des Tages ist es aber doch viel Arbeit. Ständig unterwegs zu sein, ist anstrengend. Das hat alles auch seinen Preis. Warum heißt das Wingenfelder-Album „Sieben Himmel hoch“? Thorsten Wingenfelder: Heute benehmen sich viele Leute eher wie drei dunkle Wolken tief als sieben Himmel hoch. Wir könnten alle viel größer sein, hätten mehr Möglichkeiten und wären zu größeren Leistungen fähig, wenn wir uns nur ein bisschen aufmachen würden. Kai Wingenfelder: Dieses Album ist auf der einen Seite sehr authentisch und privat, auf der anderen Seite ist es sehr nah an der Zeit, in der wir gerade leben. Es hat einen politischen Touch, bei dem man sich auch mal beschwert und deutlich Nein sagt. Wir glauben, dass dieses Album ein Statement für die aktuelle Zeit ist. Was bedeutet Ihnen Wingenfelder? Kai Wingenfelder: Wingenfelder ist unser Baby. Fury dagegen war eine klassische Band, und manchmal vermisse ich das auch etwas. Wingenfelder ist jedoch genau das, was wir eigentlich machen wollen. Thorsten Wingenfelder: Wir versuchen mit unseren Jungs, mit denen wir bei Wingenfelder spielen, Vollgas zu geben. Es ist auch schon fast ein Band-Gefühl, weil wir mit allen schon Jahre zusammen spielen und unterwegs sind. Das Schöne an der Musik ist das Kreativsein. Wenn du einen Song geschrieben hast, der sich total geil anfühlt und der dann auch so rüberkommt, das ist ein Glücksgefühl. 2020 steht schon das zehnte Wingenfelder-Jubiläum an. Gibt es jetzt schon etwas, was Sie besser machen und als schöner empfinden, als all die Jahre zuvor mit Fury? Thorsten Wingenfelder: Das kann man nicht vergleichen. Wir haben durch die Erfahrung, die wir jetzt haben, einen ganz anderen Background, wenn wir Konzerte spielen. Wir spielen in Clubs mit der Größenordnung von 600 bis 1500. Wenn es voll wird, du eine tolle Band hast, alle gesund sind, dann macht das Spielen unglaublich viel Spaß. Früher war alles schnell, unwirsch, wild und oft unklar. Jetzt kann man die Zeit anders genießen. Ist Fury für immer gestorben? Thorsten Wingenfelder: Wenn uns etwas vor die Füße fällt, was Spaß macht, dann spielen wir zum Beispiel für einen Charity-Hintergrund. Wir müssen uns und anderen nichts mehr beweisen. Wenn wir irgendwo spielen wollen, werden immer ein paar Leute kommen, und wenn wir einen guten Tag haben, dann werden wir auch ziemlich gut sein. Fury ist ein erheblicher Teil unserer Historie, und ich finde es ein wenig albern, warum man das loslassen sollte. Es gab 2008 ein Ende, und es hatte auch seinen Sinn und Zweck. Das letzte Jahr war am Ende so schön, weil wir die Ressentiments, die wir mal hatten, beiseite schieben konnten und mit diesem wahnsinnigen Erfolg eine angenehme Zeit zusammen hatten. Haben Sie den Wunsch, mit Wingenfelder große Konzerthallen zu füllen? Kai Wingenfelder: Mit Wingenfelder erzählen wir Geschichten, beziehen die Leute im Konzert mit ein. Das macht großen Spaß und je größer das wird, desto schwieriger wird es, mit Menschen zu kommunizieren. In Clubs, in denen wir spielen, hast du einen sehr engen Kontakt zum Publikum, kannst ein paar Witze machen und siehst auch den Fan in der letzten Reihe lachen. Sobald es größer wird, ist das vorbei. Termin Wingenfelder am Freitag, 9. November, 20 Uhr, Kulturhalle Feudenheim

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