Bad Dürkheim Vier Wochen nach dem Tornado: So geht es den Bewohnern von Bobenheim am Berg heute

Traurige Überreste: Der Tornado hat auch alte, dicke Bäume zerschmettert.
Traurige Überreste: Der Tornado hat auch alte, dicke Bäume zerschmettert.

Die Hausbesitzer im Dackenheimer Weg hatten nicht nur mit Schäden zu kämpfen, sondern auch mit einem anderen unerfreulichen Phänomen.

 „Es war rührend, wie alle geholfen haben“, sagt Norbert Schindler. Der langjährige Bundestagsabgeordnete (CDU) ist niemand, der seine Gefühle zeigt. Doch seine Stimme klingt bewegt, wenn er erzählt, wer die Familie dabei unterstützt hat, die Reben in den Weinbergen des Familienbetriebs, dem Weingut Spielmann-Schindler, aufzurichten und neue Wingertpfähle zu setzen. „Die Unterstützung aus dem Ort war sagenhaft“, sagt Bernd Schuhmann, dem eines der vier am stärksten beschädigten Häuser im Dackenheimer Weg gehört. Schuhmann ist der einzige der Hausbesitzer, der erzählt, wie es ihm in den vergangenen vier Wochen ergangen ist. Die anderen möchten nicht reden. „Es war zu viel“, sagt eine Frau. Sie meint nicht nur den Schock und die Schäden, sondern auch den Katastrophentourismus. „Da kamen Leute von überall her, sind über die Grundstücke gelaufen und haben fotografiert“, erzählt sie.

Im Garten ist alles zerstört

Die Familie Schuhmann konnte in ihrem Haus bleiben, die Häuser von zwei Nachbarn sind unbewohnbar. „Unser Haus ist alt und hat Betondecken, deshalb ist es stabil“, sagt Schuhmann. Das Dach des Hauses wurde inzwischen neu eingedeckt. Diese Woche erledigen die Dachdecker noch Restarbeiten. Im Garten ist alles zerstört, sechs Bäume und das Gewächshaus sind kaputt. „Leute aus dem Dorf, die ich teils nicht einmal gekannt habe, haben uns geholfen, alles aus dem Garten herauszuholen, die Containerfirma hat uns kostenlos Container hingestellt, diese Unterstützung hat gut getan“, sagt Schuhmann. Norbert Schindler stand mit dem Auto an einer Ampel, als der Tornado kam. „Plötzlich wurde das Auto 20 Meter herumgerückt, ich hab’ gedacht: ,Du bist doch nicht in Texas’“, erzählt Schindler. Als am Samstagmorgen klar wurde, wie groß die Schäden sind, war er es, der den am Boden zerstörten Sohn Stefan, der mit seiner Frau Maren das Weingut führt, beruhigte. „Ich habe ihm gesagt, dass es viel schlimmer wäre, wenn ein Mitglied der Familie schwer verletzt oder tot wäre“, berichtet Schindler. Zu seiner Frau habe er gesagt: „Pack’ die Koffer aus.“ Eigentlich sollte es ein paar Tage nach Bayern gehen, daran war nicht zu denken.

Fünfeinhalb Hektar Rebfläche beschädigt

„Es war wie im Dschungel“, erzählt Schindler. Auf etwa 25 Hektar in den Gewannen Riemmörtel, Galgen und Ohligpfad waren Rebzeilen umgeworfen, Wingertpfähle umgeknickt und herausgerissen. „Zuerst mussten an jeder Zeile die Endpfähle gespannt werden, das ist Knochenarbeit“, berichtet Schindler. Dann haben zwei Männer die Reben hochgehoben, zwei Helfer haben neue Pfähle gesetzt, die Drahtrahmen mussten gerade gezogen und das Laub wieder in die Drahtrahmen gesteckt werden. „Das war zehn Tage Arbeit, wir hätten es nicht geschafft ohne die vielen Helfer“, berichtet Schindler. Sechs Tage dauerten diese Arbeiten im Weingut Hinterbichler, in dem der Tornado fünfeinhalb Hektar Rebfläche beschädigte. Auch Juniorchef Markus Hinterbichler freut sich über die große Solidarität: „Winzerkollegen, Freunde, wer konnte, hat geholfen.“

2500 neue Wingertpfähle

Die Bobenheimer Winzer lassen alle sehr viel Laub an den Reben. „Das ist gut zur Humusbildung“, erklärt Schindler. Doch jetzt war das ein Nachteil, denn das viele Laub bot dem Tornado eine größere Angriffsfläche und es musste viel Laub in die Drahtrahmen gesteckt werden. Etwa 2500 neue Wingertpfähle wurden im Weingut Hinterbichler gesetzt, etwa 12.000 waren es im Weingut Spielmann-Schindler. Die neuen Pfähle kamen direkt neben die alten, kaputten. „Die alten ziehen wir später heraus, das jetzt auch noch zu machen, wäre zu viel Arbeit gewesen“, erklären Schindler und Hinterbichler. Schindler schätzt, dass das noch einmal drei Wochen Arbeit sind. Und das ist nicht alles, was noch ansteht. „Wir haben schon kaputte Rebstöcke herausgemacht, doch es müssen noch mehr heraus“, sagt Hinterbichler. Etwa 6000 Rebstöcke habe der Tornado zerstört. „Es gehen immer wieder Stöcke kaputt, den Schwarzriesling werden wir wohl ganz herausreißen müssen“, sagt Schindler und zeigt auf mehrere Rebzeilen. In einem Teil des betroffenen Gebiets steht in den kommenden drei bis fünf Jahren eine Flurbereinigung an. Da werden die kaputten Rebstöcke jetzt nicht durch neue ersetzt. Was langfristig natürlich zu einem höheren Ernteausfall führt.

Keine finanziellen Hilfen zu erwarten

Wie hoch die Ausfälle sein werden, das können die Winzer noch nicht sagen. „Viele Reben sind total zerstrubbelt, es macht keinen Spaß, wenn man das sieht“, sagt Schindler und zeigt auf vom Tornado zerzausten Rebstöcke. „Jetzt muss sich die Pflanze selbst helfen“, weiß Schindler. „Die Rebstöcke sind wie in Schockstarre“, hat Hinterbichler beobachtet, sie würden sich derzeit nicht entwickeln. An einem Teil der Rebstöcke sind die Trauben kaputt. „Wir machen dieses Jahr keinen Gewinn“, ist Schindler klar. Zum Glück sei das Weingut ein gesunder Betrieb, der das verkraften könne. „Unsere Existenz ist nicht bedroht, aber wir müssen den Gürtel enger schnallen“, sagt Hinterbichler. Finanzielle Hilfen gebe es keine. Lediglich der Ernteausfall durch den Hagel, der kurz nach dem Tornado kam, werde von der Hagelversicherung ersetzt.„Das tut richtig weh“, sagt Schindler und zeigt auf die Überreste von großen alten Kirschbäumen, die in den Weinbergen standen und die der Tornado „wie ein Korkenzieher herausgedreht hat“. Auch im nahen Wald im Krumbachtal liegen große alte Bäume, die der Tornado umgehauen oder herausgerissen hat. Es wird noch einige Zeit dauern, bis die Spuren der Naturkatastrophe beseitigt sind.

Zerfleddert: Der Rebstock steht wieder, ist aber beschädigt.
Zerfleddert: Der Rebstock steht wieder, ist aber beschädigt.
Aufbau: Im Dackenheimer Weg wird noch gearbeitet.
Aufbau: Im Dackenheimer Weg wird noch gearbeitet.
Eindrucksvoll: der Tornado vor vier Wochen.
Eindrucksvoll: der Tornado vor vier Wochen.
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