Bad Dürkheim Tochter aus großem Hause

„Express yourself“: Kathy Kelly bei einem Besuch im Mannheimer Capitol.
»Express yourself«: Kathy Kelly bei einem Besuch im Mannheimer Capitol.

Kathy Kelly kommt in diesem Herbst gleich zweimal nach Mannheim. Am 23. November tritt die 56-jährige Sängerin und Multiinstrumentalistin mit ihren Geschwistern als Kelly Family in der SAP-Arena auf. Ein paar Wochen zuvor, am 7. Oktober, gibt sie als Solokünstlerin ein Konzert im Capitol – und gewährt dabei tiefe Einblicke in ihre Gefühlslage.

Kathy Kellys Lachen ist sehr laut und sehr herzlich. Es ist immer wieder zu hören während des Gesprächs im Capitol-Casino. Und besonders laut erklingt es, als sie über ihren Look und den ihrer Brüder und Schwestern in den 1990er-Jahren sinniert. Ob es sich bei ihrer Mode um eine Marketing-Strategie gehandelt habe? „Nein“, sagt sie und lässt ihr Lachen den Raum ausfüllen. „Das war das Problem.“ Die Klamotten sahen nicht nur aus wie vom Flohmarkt. Sie waren vom Flohmarkt. „Das Hobby meines Vaters war es, Antiquitäten zu kaufen und teurer weiterzuverkaufen“, erzählt sie, „und wir hatten Spaß daran, uns einzukleiden und hinterher Modenschau zu machen. Das war nur eine Phase von drei, vier Jahren.“ Sie überlegt kurz: „Es war die lustigste Phase.“ Die Neunziger: Das war die Zeit, in der die Kelly Family ganz groß war. Ihr Album „Over the Hump“, das Kathy Kelly produziert hat, war 53 Wochen lang in den Top Ten und ist mit rund 2,5 Millionen Exemplaren eine der erfolgreichsten Platten aller Zeiten in Deutschland. Der Erfolg sei zwar nicht über Nacht gekommen, sagt Kathy Kelly, „das ist ein Mythos“. Die Band habe ihn sich zuvor jahrelang erarbeitet, mit Hunderten Konzerten auf der Straße und auf Stadtfesten. Aber trotzdem sei es irgendwann „explodiert“: Mitte der Neunziger war der Hype um die Familie riesig, um ihre Musik zwischen Folk, Pop, Rock und Kitsch, eben um ihre Klamotten, ihre Art zu leben. „Wir haben viel gegeben“, sinniert sie. „Aber richtig Privates haben wir eigentlich nie preisgegeben. Wir hatten auch so genug Schlagzeilen.“ Und sie lacht wieder laut. Man kann die Kellys eine leicht schräge, auf jeden Fall aber eine ganz besondere Familie nennen. Und eine echt große: Vier Kinder, unter ihnen Kathy, entstammen der Ehe von Daniel Kelly und seiner ersten Frau Joanne, die Ehe wurde Ende der 1960er-Jahre geschieden. Mit seiner zweiten Frau Barbara-Ann bekam er weitere acht Kinder. Zwischen Kathy Kelly und ihrem jüngsten Bruder Angelo liegen 21 Jahre – gerade mal elf Monate alt war er, als seine Mutter starb. „Ich wurde oft als ,Ersatzmutter’ bezeichnet“, sagt sie. „Ich selbst würde so etwas über mich nicht sagen.“ Auf ihrem neuen Album „Wer lacht überlebt“, für das sie mit dem Songwriter und Produzenten Uwe Busse zusammengearbeitet hat, erzählt Kathy Kelly viel über sich selbst. Sie singt deutschen Schlager, und sie singt Geschichten aus ihrem Leben: Die Zuhörer nimmt sie mit in die USA, wo sie geboren und aufgewachsen ist, nach Paris, nach Irland, nach China, in die ganze Welt: „Ich bin eine Globetrotterin.“ Ein Song, „Holland in Not“, thematisiert das Gefühl, im Hamsterrad zu sein. „Mir ist sehr bewusst, wie schnell es passieren kann, dass es zu viel wird“, sagt sie. „Vor allem heute, wo alles so schnell gehen muss und so viel Zeitdruck herrscht.“ Sie achte darauf, genug Ruhe zu haben. Dass sie auf dem Land zu Hause ist, nämlich mitten im Westerwald, hilft da sicher. Und: „Es ist fünf Grad kühler als in Köln. Die Lungen einer Sängerin brauchen den Sauerstoff.“ Erstaunlich an der Kelly Family ist, wie viele von ihnen ein Vierteljahrhundert nach dem größten Erfolg immer noch Musik machen. Jeder auf seine Weise, aber die meisten durchaus erfolgreich. Kathy Kelly, die selbst 1992 Mutter eines Sohnes geworden ist, sieht das als ein Ergebnis der Erziehung ihres 2002 verstorbenen Vaters, der eine prägende Persönlichkeit gewesen sei. „Express yourself“ (auf deutsch etwa: „Drück dich aus“) sei das Motto des Mannes gewesen, der in der Öffentlichkeit das Image hatte, seine Kinder zu drillen und ihnen den Schulbesuch vorzuenthalten. Weswegen sie sich als Jugendliche und junge Erwachsene eben zum Beispiel wie Hippies kleiden durften. „Wir sind alle sehr stark und selbstständig“, sagt Kathy Kelly. Allerdings schaffe es auch keiner von ihnen, mit seiner Musik alleine ein Stadion zu füllen. „Dazu brauchen wir die Gruppe.“ Eine Gruppe mit unterschiedlichen Typen: der Extremsportler Joey, der süße Angelo, der Mädchenschwarm Paddy (heute Michael Patrick), die nette Maite. Und so weiter. Sieben von ihnen machen heute noch zusammen Musik. Die Band wird im ersten Teil des Konzerts am 23. November in der SAP-Arena ihr Album „Over the Hump“ in voller Länge spielen. Für Kathy Kelly macht es, sie sagt es zumindest so, keinen Unterschied, ob sie vor ein paar Hundert Leuten spielt oder in einer großen Arena. „Ich kann auch alleine drei Stunden auf der Bühne stehen und eine Riesenshow bewältigen“, sagt sie. Für sie sei es existenziell wichtig, mit anderen zusammen zu musizieren: „Musik bedeutet, Harmonie zu bekommen. Auf der ganzen Welt.“ Termine —Kathy Kelly kommt am 7. Oktober, 20 Uhr, ins Capitol. Karten: 0621/3367333. —Die Kelly Family spielt am 23. November, 19.30 Uhr, in der SAP-Arena. Karten: 0621/18190333.

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