Bad Dürkheim „ Standards haben viele Partien entschieden“

Tobias Bartnik
Tobias Bartnik

«BAD DÜRKHEIM.» Seit Sonntag ist die WM in Russland Geschichte. Sie hat mit Frankreich einen neuen Weltmeister gebracht. Aber gab es auch neue taktische Erkenntnisse? Dreier- oder Viererkette, ein Stürmer oder zwei Spitzen, Ballbesitz oder Umschaltschaltspiel? Und lässt sich etwas übernehmen? Trainer aus der Region äußern sich dazu.

„Mir ist aufgefallen, dass die Außenseiter alle sehr defensiv agiert haben. Deshalb hat es besonders in der Vorrunde viele langweilige Spiele gegeben“, spricht der Trainer des TuS Friedelsheim, Tobias Bartnik, Partien an, in denen die Teams in erster Linie auf Risikominimierung bedacht waren. Gut gefallen hat Bartnik, wenn Mannschaften schnell umgeschaltet haben. „Mein Geheimfavorit Belgien hat das prima gemacht“, sagt der Coach. Dass viele Tore nach Standardsituationen gefallen sind, hat Bartnik registriert: „Das ist ein Punkt, den ich unbedingt ins Trainingsprogramm aufnehmen will. Standards werden immer wichtiger.“ Ähnlich sieht es Andreas Schröck, der Übungsleiter des FV Freinsheim, der dies allerdings nicht als neue Erkenntnis ansieht: „Standards waren schon immer wichtig. Verstärkt üben werden wir das nicht, denn wir haben schon einiges auf Lager.“ Schröck, der einräumt, nicht viele WM-Spiele gesehen zu haben, hat bei den Teilnehmern keine gravierenden Unterschiede erkannt. „Die kleineren Nationen haben sich taktisch enorm verbessert, weil sie Spieler haben, die bei Teams in den großen europäischen Ligen spielen. Alles ist leistungsmäßig eng zusammengerückt“, glaubt Schröck. Hinzu komme, dass viele Mannschaft tief in der Abwehr stehend verteidigen. Eine andere Erkenntnis hat der neue Trainer des TV Ellerstadt, Riccardo Coppola, gewonnen: „Die meisten Mannschaften sind auffällig oft gar nicht mehr bis zur Grundlinie durchgekommen. Stattdessen wurde bereits aus dem Halbfeld geflankt.“ Dazu hätten viele Teams wieder auf einen Brecher im Sturmzentrum gesetzt wie etwa Lukaku, Giroud oder Mandzukic. „Außerdem agierten etliche Nationen mit Dreier- oder Fünferkette, was die Sicherheit erhöht hat, aber zu Lasten der Offensive gegangen ist“, hat Coppola erkannt. Obwohl Deutschland und Spanien früh ausgeschieden sind, sei der Ballbesitzfußball weiter ein Stilmittel. Wenig begeistert war Roland Beck, der Coach von Rot-Weiss Seebach. „Meist verliefen die Partien zäh, gute Spiele waren an den Finger einer Hand abzuzählen, das Leistungsniveau ist ähnlich“, kritisiert der erfahrene Trainer. Die meisten Mannschaften hätten sich auf eine starke Defensive gestützt und ihr Heil im Konterfußball gesehen. „Um Erfolg zu haben, muss man Lösungen für das Spiel nach vorne finden. Tempo und Tiefe haben oft gefehlt, auch dem Team von Jogi Löw“, betont Beck. Standards seien eine Waffe, im Amateurbereich aber schwerer umzusetzen, da es bei den wenigsten Mannschaften „1,90-Meter-Kanten “ gebe. Bei Meiko Müller, dem Trainer des TV Gönnheim, ist der „lustlose Auftritt der Deutschen“, hängengeblieben. „Kroatien hat gezeigt wie weit man kommen kann, wenn man mit Herz und Leidenschaft spielt“, verdeutlicht der Coach. Keiner wolle Fehler machen, weshalb aus dem Spiel heraus eher weniger Tore gefallen seien. „Standards haben viele Partien entschieden, und England hat sogar ein Elfmeterschießen gewonnen“, sagt Müller. Auch in Gönnheim werden Freistöße und Ecken geübt. „Manchmal beenden wir das Training mit einem Elfmeterturnier“, informiert Müller. Der Sieger darf den nächsten Strafstoß im Spiel schießen. Als ein Fan des Umschaltspiels gibt sich der Coach des TuS Wachenheim, Michael Acker, zu erkennen. „Die beste Szene der WM war für mich das 3:2-Siegtor der Belgier gegen Japan. Das war zwar schade für die Japaner, aber besser kann man einen Konter nicht spielen“, freut sich der vom sonstigen Niveau enttäuschte Coach. Viele Teams setzten auf eine stabile Abwehr und vertrauten vorne überragenden Einzelkönnern. „Außergewöhnlich waren die vielen Treffer in der Nachspielzeit und zahlreiche Standardtore dank guter Laufwege“, erklärt Acker. Dies sei seit zwei Jahren auch in Wachenheim ein immer wiederkehrendes Thema.

Andreas Schröck
Andreas Schröck
Meiko Müller
Meiko Müller
Michael Acker
Michael Acker
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