Kreis Bad Duerkheim So war der Wurstmarkt früher

Volksfeste, wie hier von einem anonymen Künstler festgehalten, sind schon lange Gegenstand der beschreibenden Literatur. Auch de
Volksfeste, wie hier von einem anonymen Künstler festgehalten, sind schon lange Gegenstand der beschreibenden Literatur. Auch der Wurstmarkt fand in vielen Texten Erwähnung.

Wie der Wurstmarkt in pfalzkundlicher Literatur des 19. Jahrhunderts beschrieben wird

„Ehe wir die Stadt verlassen, müssen wir noch eines Volksfestes erwähnen, das jährlich im Herbste eine zahlreiche Menge Fremde in Dürkheim zusammenführt. Am heiligen Michaelistage wird auf den Wiesen zwischen der Stadt und der Saline Philippshalle der weit berühmte Wurstmarkt begonnen und mehrere Tage fortgesetzt. Aus der Nähe und aus der Ferne eilen die Fremden in Schaaren herbei, um in Hütten und Zelten und unter freiem Himmel auf den Wiesen und in den Gast- und Privathäusern in der Stadt bei einer unglaublichen Masse Würsten, bei neuem und altem Weine, bei Musik und Tanz, unter dem Geschrei und Lärm der Menge und der Gaukler Freuden und Genüsse zu haben, die kaum anderswo geboten werden können.“

Als diese Beschreibung im Jahr 1852 in der Broschüre „Das Soolbad Dürkheim“ erschien, konnte der vormals sogenannte „Michaelismarkt“ und heutige Wurstmarkt längst auf eine Jahrhunderte währende Geschichte zurückblicken. Mit der zum Beginn des 19. Jahrhunderts einsetzenden pfalzkundlichen Literatur war auch der Wurstmarkt in den Blick der damaligen Autoren gerückt, die dieses traditionsreiche Volksfest nun erwähnten und beschrieben. Einer der ersten, Philipp August Pauli, war nicht nur vom Reiz der Landschaft rund um Dürkheim begeistert, deren Besuch er den Lesern seines 1817 veröffentlichten Buchs „Gemälde von Rheinbaiern“ während des Herbstes besonders ans Herz legte, sondern deklarierte den Wurstmarkt bei der Beschreibung Dürkheims kurzerhand zum „Nationalfest“, indem er schrieb: „Vor der Stadt ist alljährlich der sogenannte Michaelis-Markt, vulgo [im Volksmund] Wurstmarkt, ein wahres Nationalfest, ein Stelldichein der Freunde und Bekannten.“

181 Stück Vieh geschlachtet

Dass der Wurstmarkt seinen Namen nicht zu Unrecht von der damals schon geradezu legendären Menge an Würsten ableitete, belegte das „Wöchentliche Unterhaltungsblatt für den Kanton Dürkheim“ beispielhaft im Jahr 1836. Nach dem Ende des damaligen Wurstmarktes zog dessen Redakteur ein Resümee der frohen Tage und berichtete, dass sich bei dem jüngst abgelaufenen Spektakel nicht weniger als 15 Weinstände und elf Garküchen auf dem Festgelände befunden hatten. 32 Metzger waren zuvor im Einsatz, um 181 Stück Vieh zu schlachten, und aus dem gewonnenen Fleisch 40.720 Würste und 865 Pfund Schwartenmagen herzustellen, die die Festbesucher über die Tage restlos vertilgt hatten. Georg Friedrich Blaul, Verfasser des 1838 erschienen Werkes „Träume und Schäume vom Rhein“, widmete der Beschreibung des Wurstmarktes darin mehrere Seiten. Er sprach von „Tagen anstrengender Fröhlichkeit“ in Dürkheim und registrierte auf dem Wurstmarkt zwar „Volksgedränge genug“, sprach ihm jedoch den Charakter eines echten Volksfestes nach seinen Maßstäben ab und wollte sogar noch nicht einmal einen typischen „Jahrmarkt“ vor Ort erkennen. Eher spöttisch vermerkte der protestantische Geistliche und Schriftsteller daher im Hinblick auf die leiblichen Genüsse: „Das Einzige, was originell genannt werden mag, ist die beispiellose Wurst-Consumtion. Da glüht eine zahllose Menge von Kohlenfeuern auf der Wiese, in den Pfannen zischen Würste von allen Gattungen und in großen Töpfen brodelt und dampft das frische Sauerkraut. Es ist eine wahre Lust, mit anzusehen, wie die Leute sitzend und stehend ihre Wurst verzehren, daß ihnen die fette Brühe am Kinn herunterläuft.“

Ein Ball auf dem Balkon

Seine Freude fand Blaul hingegen an den Auftritten der „Polichinellen“ (Clowns wie Kasperle und Hanswurst) und der zahlreichen Bänkelsänger, die nach einem plötzlichem Wetterumschwung „trotz Wind und Regen ihre Drehorgeln tönen ließen, während im Innern der Säle und Buden Sänger und Harfnerinnen, Musikanten und Spaßmacher aller Art ihr lärmendes Wesen trieben“. Auch die „schöne und vornehme Welt, die fast noch in größerer Masse vorhanden ist als das gemeine Volk“ wandt sich nach Blauls Beobachtung „unaufhörlich durch das dichte Gewühl“ und schien dabei nicht müde zu werden, „die verschiedenen Scenen des Wurstmarktes zu betrachten“. Ein nahe der Wiese befindliches Gasthaus verfügte nicht nur über einen Balkon, von dem aus sich „die wogende Menschenmasse“ gut überblicken ließ, sondern veranstaltete auch einen Ball, zu dem es die „bessere Gesellschaft“ zog, während „das Volk“ bereits am „lichten Tage und die Nacht hindurch“ im Freien tanzte.

Ein "erstaunlicher Wurstappetit"

Den „lustigen Michels- oder Wurstmarkt“ konnte schließlich auch August Becker nicht übergehen, der diesen in seiner 1858 erschienenen Volkskunde „Die Pfalz und die Pfälzer“ quasi als „Hotspot“ und reinsten Ausdruck echt Pfälzer Vitalität und Lebensfreude charakterisierte, indem er schrieb: „Wer die Pfälzer in ihrer lauten Heiterkeit und Jovialität, in ihrem Witzreichthum und ihrer Brüderlichkeit, in ihrer Zungenfertigkeit und Kehlenkraft, in ihrem wirklich erstaunlichen Wurstappetit und noch erstaunlicheren Trinkvermögen kennen lernen will, der besuche den Dürkheimer Wurstmarkt. (...) Wer nach lustigen Tagen verlangt, der findet sie hier gewiss.“ Auf der folgenden RHEINPFALZ-Seite findet Ihr alle Informationen zum Wurstmarkt.

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