Bad Dürkheim Plötzlich Großfamilie

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Jana (26) und Patrick (28) Scheurer sind das ungekürte Dürkheimer Elternpaar des Jahres 2016. Seit September 2015 verheiratet, sind sie am 20. Juli des abgelaufenen Jahres Mama und Papa von Drillingen geworden (wir berichteten). Seither ist alles anders, als es vorher war. Die RHEINPFALZ hat die neue Großfamilie daheim besucht.

Als hätten sie nie etwas anderes getan – so liegen Lean, Joschua und Alessia in ihren kleinen Wippen. Es ist Zeit für den zweistündigen Mittagsschlaf, doch vorher muss Mama allen noch schnell eine neue Windel verpassen. Am Wickeltisch im Dürkheimer Stadtteil Seebach geht es in solchen Momenten zu wie am Bahnhof – der nächste bitte. Papa Patrick übernimmt jetzt die Tochter. Vergnügungssteuerpflichtig war die Zeit von Juni bis November 2016 für die jungen Eltern nicht. Gleich mehrmals musste das Paar riesige Ängste ausstehen – Hirnblutungen beim kleinen Lean, Darm geplatzt bei Joschua. „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand“, hätten die Ärzte der Speyerer Diakonissenanstalt zwischenzeitlich gesagt, als das Leben am seidenen Faden hing und man die Jungs ans Leben habe erinnern müssen. In der 26. Schwangerschaftswoche kamen die Drillinge zur Welt. Jana Scheurer musste schon vier Wochen zuvor nur noch liegen, weil eine Fruchtblase geplatzt war. Wenige Monate später sieht man den Drillingen die Strapazen kaum mehr an. Auch die Mutter vermittelt einen außergewöhnlich aufgeräumten Eindruck. Ohne Geschrei startet nun der Mittagsschlaf. Für Jana, die Konditorin gelernt hat, und ihren Mann, der Zeitsoldat ist, beginnt nun normalerweise die Hausarbeit. Säcke mit täglich zwischen 20 und 30 Windeln werden entsorgt, Flaschen gespült, Wäsche gewaschen. Eingekauft wird seit 23. November, dem Tag, an dem die Drillinge nach Hause durften, immer am Wochenende. Etwa 465 Euro pro Monat gehen alleine für die Milch drauf, sagt Papa Patrick, der gerade Urlaub hat und der etwas blass im Gesicht geworden war, als er erstmals von der Drillingsschwangerschaft seiner Frau erfahren hatte. Als Soldat verdiene er gut, aber es sei ein Glück, dass sie im Haus seines Vaters keine Miete zahlen müssten. „Ich hab’s mir schlimmer vorgestellt“, sagt seine Frau, die vor allem in der Zeit, in der er arbeiten geht, daheim schnell Routine entwickelt hat. Vor die Tür komme sie aber nicht groß, gesteht sie. Ein kleiner Spaziergang mit den beiden Hunden, die obendrein in dem Haushalt leben, sei in diesen Tagen das Höchstmaß, das man an Entspannung erreichen könne. Es habe dieses Jahr für sie keinen Weihnachtsmarkt gegeben. „Und Weihnachten auch nicht“, ergänzt ihr Mann, der etwas größere Augenringe mit sich herumträgt. Treffen mit Bekannten und Freunden fänden mehr in den eigenen vier Wänden statt, und es solle möglichst niemand erkältet kommen. Denn: Anfällig sind sie noch, die zarten Körper der Frühchen. Im Wohnzimmer dampft der Luftbefeuchter. „Die Jungs sind pflegeleichter“, sagt Mutter Scheurer über ihre eineiigen Zwillinge, Tochter Alessia habe schon jetzt einen Dickkopf. Nachts sind alle drei derzeit um 12 und um 4 Uhr wach. Dann wird gefüttert. Auch Patrick, der nicht immer gleich wach ist, wenn die Kinder gefüttert werden, muss ran, bevor er duschen geht und dann um 5 Uhr zum Dienst nach Karlsruhe aufbricht. „Der hört manchmal nix“, sagt seine Frau stellvertretend für alle Ehefrauen auf dem Globus. Gerade hadert Patrick Scheurer etwas mit der Krankenkasse, die keine Haushaltshilfe genehmigen wolle. „Wir wechseln die Krankenkasse wieder“, sagt Papa Scheurer. Etwas Kritik übt er auch am Kreis: Der größere Mülleimer für Windeln koste deutlich mehr pro Jahr, erklärt er. Großen Dank hat er indessen für das Autohaus Köhler übrig, das einen VW Sharan deutlich vergünstigt angeboten und den ursprünglich gekauften Tiguan zurückgenommen habe. Die Speyerer Diakonissenanstalt übernehme die Windeln für das erste Jahr, was immerhin 6000 Euro ausmache. Unbezahlbar ist indessen, dass die Eltern sich trotz der Herausforderung ein Jahr nach der Hochzeit weiter gut verstehen. Auch wenn die Reizschwelle etwas gesunken sei, wie Patrick Scheurer sagt. Einigermaßen menschlich, wenn man so plötzlich Großfamilie wird .... Hinweis: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, dass die Familie allein für die Milch der Drillinge 1200 Euro pro Monat ausgebe. Korrekt sind circa 465 Euro.

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