Bad Dürkheim Nicht alles, was golden ist, glänzt

«Grünstadt/Bad Dürkheim.» Vielleicht muss man sich die Sportstättenförderpolitik des Landes Rheinland-Pfalz als einen ziemlich cleveren Sachbearbeiter vorstellen. Der hat irgendwann entdeckt, dass es seiner persönlichen Zufriedenheit ziemlich zuträglich ist, wenn er täglich immer nur zwei Anträge bearbeitet. Der Rest wird auf den nächsten Tag verschoben. Jetzt könnte es natürlich sein, dass ihm dieses Vorgehen irgendwann vor die Füße fällt – bis dahin dürfen wir uns den Sachbearbeiter aber als glücklichen Menschen vorstellen. Er hat ja seine Aufgaben zum Feierabend immer erledigt. Was das mit der Sportstättenförderung und der Landesregierung zu tun hat? Ziemlich viel. Denn auch das zuständige Ministerium hat für sich entschieden, dass aus seinem finanzstärksten Fördertopf, dem sogenannten „Goldenen Plan“ (Zur Sache), pro Jahr und Kreis oder Stadt immer nur ein Sanierungsprojekt unterstützt wird. Das stellt einerseits sicher, dass die notwendigen Summen im Haushalt vorhersehbar sind. Zudem soll diese Methode Verteilungsfairness garantieren: Schließlich kann sich dann keine Kommune beschweren, dass andere Städte bevorzugt würden. Andererseits wird aber ein entscheidender Faktor dabei ignoriert: der tatsächliche Bedarf vor Ort. Was das Land vorgibt, können Kreise und Städte kaum umsetzen „Eine Evaluierung des Bedarfs findet nicht statt“, sagt Ministeriumssprecher Joachim Winkler auf RHEINPFALZ-Anfrage. Überhaupt gebe es gar keine belastbare Definition für einen „angemessenen Bedarf“. Zahlen dazu, wie viele Vereine in den einzelnen Kreisen und Städten überhaupt einen Antrag gestellt und eben keinen Zuschlag bekommen haben, liegen dem Ministerium laut Winkler aber nicht vor. Das Land delegiert diese Aufgabe an die tiefere Ebene, die Kommunen und Kreise. Dort erstellen die Sportstättenbeiräte jedes Jahr eine Prioritätenliste der Förderanträge. Das an erster Stelle geführte Projekt wird dann zur förmlichen Genehmigung an die ADD und das Land weitergeleitet. Nach einer verpflichtenden Vorgabe aus Mainz sollen die Beiräte dieses Ranking nach inhaltlichen Kriterien gestalten. „Dringlichkeit“ und „sportfachliche Notwendigkeit“ sind die Schlagwörter der entscheidenden Verwaltungsvorschrift von 2016. Soweit die Theorie. Die Realität sieht allerdings etwas anders aus. „Die Anträge werden bei uns nach dem Zeitpunkt ihres Eingangs gelistet“, sagt der Bad Dürkheimer Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld (CDU). Er ist auch Vorsitzender des Sportstättenbeirats im Kreis. Heißt auf gut Deutsch: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Acht Plätze gibt es hier auf der Liste, die Vereine rücken mit ihren Projekten jedes Jahr eine Position nach oben. Die sportfachliche Analyse, inwieweit etwa der neue Kunstrasenplatz des C-Klassisten überhaupt förderwürdig ist, erfolge eben schon bevor die Liste überhaupt erstellt würde, so Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld. Der Landrat hält das grundsätzlich auch für eine gute Idee. „Wenn wir die Positionen in jedem Jahr neu bewerten und vergeben würden, würde das zu Grabenkämpfen unter den Vereinen führen. Es bestünde die Gefahr, dass sich die Klubs ausstechen wollten. So ist es wenigstens für alle nachvollziehbar.“ Wirklich dringende Maßnahmen bleiben dabei auf der Strecke Das klingt durchaus plausibel – steht aber dennoch in einem Kontrast zur Vorgabe des Landes. Und bringt andere Unzulänglichkeiten mit sich. Der Aspekt „Dringlichkeit“ fällt dabei etwa komplett unter den Tisch. Wenn beispielsweise unvorhergesehen ein akuter Sanierungsbedarf entsteht, kommt man mit diesem Vorgehen nicht weit. So geht es etwa dem SV Obersülzen, dessen Kunstrasenplatz wegen eines Unwetters die Bespielbarkeit zu verlieren droht. Der Antrag steht mittlerweile auf Platz fünf der Liste – mindestens vier Jahre müssten die Obersülzer also noch auf eine Förderung warten. Außerdem besteht das Risiko, dass Vereine irgendwann auf der Spitzenposition stehen, obwohl sie wegen mangelnder Finanzierung oder fehlender Planungen noch gar nicht bauen könnten. Faktisch haben diese Klubs dann jahrelang einen Platz blockiert. Laut Landrat Ihlenfeld wird die Realisierbarkeit der Pläne im Vorfeld immer eingehend geprüft. Tatsächlich aber hat beispielsweise der erstplatzierte TuS Dirmstein in diesem Jahr plötzlich um eine Rückstellung gebeten, weil noch Abstimmung mit Grundstückseigentümern nötig sei. Und die jahrelang um einen neuen Platz kämpfenden Faustballer der TSG Tiefenthal zogen 2012 ihren Antrag ebenfalls zurück, nachdem sie 2010 bereits an erste Stelle gerückt waren – die Finanzierung war nicht mehr gesichert. „Kleine Vereine habe oft weder die Expertise noch die Ressourcen, um die komplexen Förderverfahren und Planungen zu durchblicken“, sagt Stefan Henn vom Institut für Sportstättenentwicklung (ISE) in Trier. Das begünstigt Kommunen, die für ihre Projekte auf die geballte Expertise ihrer Verwaltungsapparate zurückgreifen können. Weiterer Vorteil für die Gemeinden: Ihnen stehen Gelder aus Städte- und Schulbautöpfen oder dem Investitionsstock zur Verfügung, die vereinseigenen Sportplätzen verwehrt bleiben. Laut den Angaben des Ministeriums immerhin zwischen acht und 18 Millionen Euro pro Jahr. Die Mitgliederzahlen der Vereine sinken, der Förderbedarf steigt „So golden ist das alles nicht mehr“, sagt ein Experte, der mit dieser Kritik aber namentlich nicht zitiert werden möchte. Laut dem Ministerium für Inneres und Sport wurden im Jahr 2017 etwa neun Millionen Euro an reinen Sportfördermitteln investiert. In den beiden Jahren zuvor waren es noch rund zwölf Millionen. Landesweit. Zum Vergleich: Das Grünstadter Schwimmbad CabaLela hat alleine 12,6 Millionen Euro gekostet. Für einen Kunstrasenplatz werden im Schnitt 350.000 Euro fällig. „Mehr Haushaltsmittel wären sicherlich wünschenswert“, sagt Ministeriumssprecher Winkler. Man müsse aber die Balance „zwischen berechtigten Bedarfen und den zur Verfügung stehenden Fördermitteln anstreben“. Landrat Ihlenfeld wird dagegen deutlicher: „Wir haben einen Sanierungsstau. Ich halte die Mittel für nicht ausreichend.“ Das Thema könnte für die Politik zunehmend zu einem Drahtseilakt werden. Schließlich werden ihre Vertreter nicht müde, die gesellschaftliche Rolle der Vereine zu betonen. Gleichzeitig beklagen aber manche Experten hinter vorgehaltener Hand das bisweilen überzogene Anspruchsdenken der Ehrenamtler, wenn es um Fördermittel geht. Vor allem, weil die Politiker die Statistiken natürlich kennen: Die Mitgliederzahlen der rheinland-pfälzischen Vereine sinken nach Angaben des Landessportbunds seit Jahren kontinuierlich – und damit womöglich auch ihre Bedeutung.

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