Bad Dürkheim Nach Stamitz noch eine Uraufführung

Volles Haus: Der Hof des Weinguts Bürklin-Wolf war beim großen Sommerkonzert am Samstag bis auf den letzten Sitzplatz gefüllt.
Volles Haus: Der Hof des Weinguts Bürklin-Wolf war beim großen Sommerkonzert am Samstag bis auf den letzten Sitzplatz gefüllt.

Sommerliche Freiluftkonzerte sind sehr beliebt. So war auch am Samstag bei der „Wachenheimer Serenade“ mit dem Kurpfälzischen Kammerorchester im Hof des Weinguts Bürklin-Wolf kein Stuhl mehr frei. Die Besucher konnten nicht nur ein sehr hörenswertes Konzert genießen. Sie erlebten auch erstmals Sebastian Lastein, den künstlerischen Leiter der Konzertreihe, als Solisten.

Das 1952 gegründete Kurpfälzische Kammerorchester sieht sich in der Nachfolge der berühmten Mannheimer Hofkapelle zur Zeit des Kurfürsten Carl Theodor. Dieser Umstand kommt im Programm zur Geltung − so auch am Samstag in Wachenheim: Das Klarinettenkonzert in B-Dur von Johann Stamitz eröffnete das Konzert. Der Geigenvirtuose und Komponist hat als der Vater der Mannheimer Schule die Instrumentalmusik die Hofkapelle geprägt. Dirigent und Solist war Sebastian Lastein. Er ist der künstlerische Leiter der „Wachenheimer Serenade“. Das Wachenheimer Publikum konnte ihn hier erstmals als Solisten erleben. Lastein ist auch Gastdirigent beim Kurpfälzischen Kammerorchester. Man musste sich also nicht erst aneinander gewöhnen. In den 1770er-Jahren schrieb ein Kritiker überschwänglich über die damalige Hofkapelle: „Das Forte ist ein Donner, sein Crescendo ein Catarakt, das Diminuendo ein in die Ferne hin plätschernder Kristallfluss, das Piano ein Frühlingshauch.“ Präzision, Abstimmung und Dynamik haben auch beim Konzert des Nachfolge-Orchesters beeindruckt − im frühklassischen Klarinettenkonzert mit seinen sehr virtuosen schnellen Läufen und seinen langgezogenen lyrischen Partien wie in den folgenden Stücken. In Antonin Dvoráks fünfsätziger Serenade für Streicher in E-Dur, op. 22 ging es mit romantischen Klängen in die Böhmische Volksmusik, in Walzer und Ländler. Melodien- und farbenreich entfaltete sich musikalische Pracht beim innigen Larghetto und geradezu explosionsartig beginnenden Finale. Nach der Pause ging es zurück zur Mannheimer Schule – zu Mozart, der sehr von seinem Aufenthalt in Mannheim geprägt wurde. Eines seiner bekanntesten Stücke, das Divertimento in D-Dur, KV 136 schrieb Mozart allerdings nicht unter dem Eindruck seiner Mannheimer Zeit, sondern nach einer Italienreise. Die Sätze Allegro-Andante-Presto sprühen vor Lebenslust. Ein ideales Stück für ein Sommerkonzert, oft gehört und immer genossen. Das passte auch am Samstag bestens. Überhaupt war das musikalische Menü gelungen zusammengestellt. Auf das wohlbekannte Stück folgte etwas nie Gehörtes: eine Uraufführung. Der aus der Ukraine stammende Komponist und Klarinettist Evgeni Orkin hat in Zusammenarbeit mit Sebastian Lastein ein „Konzert für einen Maskenträger und seine Klarinette“ geschrieben. Diesen „Arbeitstitel“ wandelte er unter dem Eindruck der Aufführung ab in „Die Wiederkehr der Masken“. Es ist ein Stück mit Humor, mit pantomimischen Einlagen des Klarinettisten. Der Solist erscheint mal mit einer rosa Grinsemaske, mal mit einer aufwendig venezianisch wirkenden bunten Maske. Zu modern, so der Komponist, sollte das Stück nicht sein, es sollte die Zuhörer nicht abschrecken. Und das tat es auch nicht, ganz im Gegenteil: Orkin verarbeitete Stil und Melodien aus beliebten Volksmusiken sehr unterhaltsam: osteuropäischen Klezmer mit seinem charakteristisch gezogenen Klarinettenklang und argentinischen Tango. Das Orchester wurde mit zwei Musikern am Schlagwerk ergänzt. Die Erste Geigerin war häufig als Gesprächspartnerin der Klarinette gefragt. Ein hochinteressantes Stück mit origineller Inszenierung. Nicht zur Inszenierung gehörte wahrscheinlich, dass Lastein die Noten für die geplante Zugabe nicht fand. Das Publikum war aber auch so begeistert. Termin —Beim nächsten Konzert der „Wachenheimer Serenade“ am 3. November, 19 Uhr, in der Sektkellerei ist das Blockflötenquartett Flautando Köln zu Gast.

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