Grünstadt Limburg-Wirt verliert Leben im Feuer

Außergewöhnlich rasant und vehement : das Feuer im Dachgeschoss der Klosterschänke.
Außergewöhnlich rasant und vehement : das Feuer im Dachgeschoss der Klosterschänke.

„Solche Flammen habe ich zuletzt beim Gradierbau gesehen ...“ Diese Aussage eines zweifachen Augenzeugen in Erinnerung an die Feuersbrunst an der Saline vor zehn Jahren lässt erahnen, wie massiv die „Klosterschänke“ auf der Limburg in der Nacht auf Freitag gebrannt hat. Auch die rasante Entwicklung des Feuers und seine Intensität müssen dem Salinenbrand ähnlich gewesen sein. Einen gravierenden Unterschied jedoch gibt es, den schlimmsten: Diesmal kommt ein Mensch ums Leben. Für Markus Spötzl, den Gastwirt auf der Limburg, gibt es keine Fluchtmöglichkeit mehr. Die sterblichen Überreste des 49-Jährigen, der erst seit gut einem Jahr in der Dreizimmer-Wohnung im Dachgeschoss wohnte, werden um 7 Uhr gefunden. Alle vor Ort, auch seine Eltern, die um 2.30 Uhr zu Hause von der Polizei informiert worden sind, müssen davon ausgehen, dass es seine Leiche ist, die erst am frühen Nachmittag gegen 14 Uhr geborgen werden kann. So lange sind immer wieder Brandnester aufgeflackert, wabert Rauch aus dem Anwesen. So muss um 12.45 Uhr auch ein erster Bergungsversuch durch die Bestatter abgebrochen werden. Mehrfach lassen Wehrleiter Roland Altvater und sein Vize Karlheinz Bayer nachlöschen. Und dann muss der Lastkran des Technischen Hilfswerks erst noch Dachgebälk und Schutt beseitigen, um den vier Mitarbeitern des Bestattungshauses, die schon am frühen Vormittag gerufen worden sind, den Zugang durchs offene Dach zu ermöglichen. Endgültige, weil amtliche Gewissheit, ob es tatsächlich der Gastronom ist, wird es erst im Laufe der kommenden Woche geben. Die Obduktion ist für Montag angeordnet, ebenso der erforderliche DNA-Test, für den seine Mutter Gisela Spötzl gefasst genug ist, eine Speichelprobe abzugeben. Am Vortag morgens um neun hat sie das letzte Mal mit ihrem Sohn telefoniert, sagt die 69-Jährige. Noch wirkt sie stark. Auch die beiden Brandsachverständigen aus dem Westerwald, die gegen 13 Uhr eintreffen, brechen ihre Arbeit nach anderthalb Stunden ab und fordern für Montag einen Spürhund für Brandmittel an. Vor allem, um in dem verrußten Chaos bessere Ansatzpunkte zu finden für eine Ursachenforschung, heißt es unter Wehrleuten. Ausgebrochen, da sind sich die Wehrleute sicher, ist das Feuer in einem Zimmer auf der Ostseite des Gebäudes, zum Parkplatz hin. Dort schlugen die Flammen als erstes heraus, sagt Roland Altvater. Keine Viertelstunde nach der Alarmierung um 0.45 Uhr ist er mit dem ersten Trupp vor Ort. Zusammen mit zwei Wehrleuten bricht er die Eingangstür auf, versucht mit ihnen im Treppenhaus auszukundschaften, was möglich ist. Keine Chance. Die Hitze ist so groß, dass die Wehr bald sogar erwägt, den Drehleiterwagen ein Stück zurückzusetzen, auf dem die Einsatzkräfte von oben her versuchen, das Feuer zurückzukämpfen. Bis dahin sind bereits 10.000 Liter Wasser aus den Löschfahrzeugen aufgebraucht. Die Flammen scheinen schon eingedämmt, da schießen sie fünf Minuten später erneut aus dem First. Die Wehrleute sitzen schon buchstäblich auf glühenden Kohlen, als um 1.15 Uhr Verstärkungen aus Wachenheim, Friedelsheim und Gönnheim und um 1.30 Uhr aus Deidesheim und Meckenheim eintreffen. Mit frischem Wasser in den Tanks und mit zusätzlichen Leuten, um eine Schlauchleitung aufzubauen. Zum einen vom 400 Meter entfernten Wendeplatz am früheren Märchenwald, zum anderen vom zwei Kilometer (!) entfernten Christophorushaus den gesamten Luitpoldweg entlang. Zudem sind siebzig Höhenmeter zu überwinden. „In rund 30 Minuten, das ist eine tolle Leistung“, anerkennt ein Kripobeamter später. Und bis es soweit ist, wird Wasser aus den Hydranten im Pendelverkehr in den Löschfahrzeugen herbeigefahren. Mit den Schläuchen der Löschrohre dürften es fast drei Kilometer Leitung sein. Bis 11 Uhr, so überschlägt Karlheinz Bayer, dürften schon eine halbe Million Liter Wasser aufs Haus geprasselt sein. Die Rasanz und Vehemenz des Feuers wird diskutiert. Noch um Mitternacht, heißt es, habe Markus Spötzl mit einer Servicekraft die Tagesabrechnung gemacht. Ab halb eins, so geht es aus den sozialen Netzwerken hervor, haben Anwohner in der Innenstadt Rauch- und Plastikgeruch wahrgenommen. Um 0.40 Uhr melden Anwohner unterhalb der Limburg über Polizeinotruf einen Feuerschein auf dem Berg. Spätestens um 0.45 Uhr reißen Sirenenalarm und die ersten Martinshörner die halbe Stadt aus dem Schlaf. Über Stunden hinweg sind sie immer wieder zu hören, wenn die auswärtigen Verstärkungen nach und nach die Stadt erreichen. Bis zu 200 Wehrleute mit insgesamt knapp 40 Fahrzeugen fahren zur Limburg hoch. Laut Lagebericht der Feuerwehr für 4 Uhr ist der Dachstuhl eingestürzt, der Außenangriff mit Drehleitern und Gelenkmast, der Innenangriff mit mehreren Zwei-, Drei-Mann-Trupps im Gange. Der Einsatz gestaltete sich schwierig durch die Lage des Gebäudes im Schatten der Ruinenmauer, an die es direkt angebaut ist. An machen Stellen ist der Einsatz von Drehleiter und Gelenkmast nicht möglich, also werden Höhenrettungsspezialisten aus Haßloch noch angefordert. Da ist es schon 6 Uhr und der Brand „unter Kontrolle“. Die Glutnester dagegen bleiben hartnäckig bis in den Nachmittag hinein. Längst sind die ersten Schichten bei den Löschtruppen abgelöst, gerade die Dürkheimer. Auch Gisela und Heinz Spötzl, die gegen 10 Uhr auf der Limburg eingetroffen waren und sofort Hilfe des Kriseninterventionsteams angeboten bekommen haben, haben den Unglücksort wieder verlassen. Nach und nach rücken alle Einsatzkräfte wieder ab. Um 17 Uhr sind nurmehr die Brandwache und das THW vor Ort, das noch Einsturzsicherungen an der Brandruine vornimmt. Für Roland Altvater und Karlheinz Bayer ebenso wie für Sven Weiß im Einsatzleitwagen und Sven Thommsen in der Meldezentrale im Gerätehaus ist der Einsatz da auch gerade beendet. Nach 16 Stunden. Und bevor sich der Wehrleiter ein bisschen Schlaf gönnt, nimmt er sich noch Zeit für einen letzten Rückruf in der RHEINPFALZ-Redaktion ...

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