Bad Dürkheim Ins Dunkel folgen

Zwischen Licht und Schatten: Anja Kleinhans in der Rolle der Iris.
Zwischen Licht und Schatten: Anja Kleinhans in der Rolle der Iris.

Nur selten ist die menschliche Seele klar und eindeutig. In welche Widersprüche sie sich besonders in unserer Zeit verstricken kann, zeigt das neue Stück „Geliebter Leopard“ des Theaders Freinsheim. Als Autorin und Darstellerin setzt sich Theader-Leiterin Anja Kleinhans mit Konflikten zwischen Profit und Verantwortung auseinander. Im Casinoturm laufen derzeit die Proben, am kommenden Donnerstag wird dort Premiere gefeiert.

Der technische Wandel, den das industrielle Zeitalter mit sich gebracht hat, erfordert vom Menschen immer neue Anpassungen. Oft sind die Auswirkungen dramatisch und schmerzhaft. Unter dem Motto „Industrie-Kultur“ läuft der diesjährige Kultur-sommer Rheinland-Pfalz und das Freinsheimer „Theader“ setzt die Thematik nachdenklich-kritisch um. Gefördert wird die neue Produktion auch vom Landkreis Bad Dürkheim. Wie ein Mensch im Wirtschaftszweig der Waffenherstellung lebt, liebt und arbeitet, beleuchtet die Inszenierung ohne einseitige Schuldzuweisung. Vielmehr wirft sie Fragen auf: Wie wird die Psyche fertig mit der Verantwortung und dem unweigerlichen Verschulden? Vermag jemand überhaupt damit fertig zu werden? Schon der Titel offenbart, dass der Zuschauer in der Hauptfigur des Solostücks tiefe Widersprüche erlebt. Anja Kleinhans spielt die Urenkelin einer Dynastie, deren Rüstungskonzern prächtig verdient: Doch Iris ist nicht nur Angehörige der einflussreichen Familie, sondern gleichzeitig auch Kuratorin einer firmeneigenen Stiftung, die traumatisierten Kindern hilft. Allein diese beiden Aufgaben zeigen das ganze Dilemma auf, in dem ihre Person steckt. Auch im Verhältnis zum titelgebenden Leoparden offenbart sich Konfliktstoff. Wofür steht der Name? Verdeutlicht die Anrede „Geliebter“ eine gedankliche Verbindung mit dem Raubtier? Bekanntlich ist der Leopard nicht allein eine beutegreifende Großkatze, sondern auch ein deutscher Kampfpanzer, seit den 1960er Jahren produziert und in vielen Nutzerländern eingesetzt. Interessant wirkt schon in den Proben, wie die Inszenierung unter Regie von Uli Hoch zwischenmenschliche Beziehungen herausarbeitet. Iris führt Briefgespräche mit Navid, einem jungen Afghanen. Er kam als Kind in die Obhut einer deutschen Pflegefamilie. Seine Rettung verdankt er ausgerechnet der besagten Firmenstiftung. Auch dieser junge Mann, so wird sich im Verlauf des Stücks zeigen, hat eine gefühlsmäßige Verbindung zum Leoparden aufgebaut. Regisseur Hoch hebt die schillernden Facetten des Raubtiernamens deutlich voneinander ab, um den Zuschauer nicht zu verwirren. Andererseits soll die Geschichte nicht allzu durchschaubar werden. So stellt sich auch die Frage nach der Realität der Bezugspersonen – etwa in der Rolle des Firmenleiters und Waffenkonstrukteurs Frank: So sehr Iris den Kontakt zu ihm sucht, so wenig scheint eine wirkliche Verbindung zu ihrem „geliebten Leoparden“ zustande zu kommen. Begleitet wird die Darbietung von dem Cellisten Burkard Maria Weber. Er lässt die Töne auf dem elektrischen Cello schwingen, vibrieren und schwellen, mal schmeichelnd, mal hart und eindringlich. Seine Musik verstärkt den Zwiespalt, der bis zur Zerrissenheit reicht: Zwischen Licht und Schatten offenbart sich hier ein Mensch, dem der Zuschauer in sein Dunkel folgen kann, ohne ihn zu brandmarken. Info Premiere ist am Donnerstag, 27. September, 19.30 Uhr, im Casinoturm. Weitere Termine am 28., 29. September, sowie am 5., 6., 7., 25., 26. und 27. Oktober, jeweils 19.30 Uhr. Reservierung unter info@theader.de oder Telefon 06353 932845.

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