Bad Dürkheim Geschichten mit einer Brise Blues

Schon der Titel verhieß Ungewöhnliches: Blues- und Stories-Leseshow. Das lockte so viele Leute an, dass die Musikkneipe Adler voll war. Die Zuhörer sollten ihre Neugier nicht bereuen: Die Lesung mit eingestreuter Live-Musik unterhielt dank einer spannenden Mystery-Story und famos dargebotener Blues-Klassiker aufs Feinste. Das hatten Prodehl, Harp-Spieler Albert Koch und Gitarrist Norbert Roschauer prima gemacht und das Publikum durchweg begeistert. Die Vorstellung entpuppte sich als Überraschungsei für kulturbeflissene Erwachsene. Und das nicht nur, weil der Hauptakteur des Abends dank seiner etwas rundlich gehaltenen Körperstruktur im Hüftbereich optisch durchaus entfernte Assoziationen an ein Überraschungsei wecken könnte, was aber nur ganz gehässige Menschen schreiben würden. Die Show bot tatsächlich Drei in Einem: Spannung, Schauspiel und ein hochwertiges Musiker-Trio, dessen Interpretationen von Blues-Klassikern aus fast fünf Dekaden allein schon das Eintrittsgeld wert war. Doch der Reihe nach: Autor Prodehl hatte insgesamt zwölf Songs – unter anderem von Robert Johnson („Last fair deal“, „Crossroads“), Muddy Waters („Hoochie coochie man“) , Sam Cooke („Bring it on home“) – in die dreiteilige Geschichte eingewoben. Darin bildeten sie den Unterbau für eine zunehmend düster werdende Atmosphäre. Die verursachte ein mysteriöses Traumauto im Mississippi-Delta der 1950er und 1960er-Jahre, das seinen wechselnden Fahrern – einem Tramp und einem fettgefressenen Verlierer – schicksalhafte Veränderungen und Begegnungen zuteilwerden lässt. Prodehl bildete mit Koch und Roschauer ein kongeniales Trio. Allein Roschauer an der Gitarre sah mit seinem bis auf die Brust reichenden Rauschebart und seiner symphytischen Waldschrat-Ausstrahlung schon mal so aus, als hätte Prodehl ihn als Vorlage für den Tramp genommen. Sein Instrument bearbeitete er wie ein Hexenmeister: Sobald er loslegte, gab’s kein Halten mehr. Das war filigran, auf den Punkt gebracht und die perfekte Vorlage für Koch an der Blues Harp. Er spielte stellenweise so rasant, dass es Assoziationen an eine Achterbahnfahrt weckte, spielte warm, rau, gefühlvoll und ließ die Mundharmonika tonal auf den Gipfel zurasen, ohne dass ihr Klang an Kraft verlor. Mit Roschauers Gitarrenspiel entstand so eine symbiotische Einheit. Das war großes Kino, das auch noch genügend Raum für Prodehls prägnante Röhre bot. Wenn er nämlich nicht gerade vorlas, warf sich der Autor mit einer Verve in die Songs, als hätte er nichts Anderes zu tun. Die Geschichte, die sich Prodehl dazu ausgedacht hatte, hielt das tolle Niveau der mitreißenden musikalischen Darbietungen. Sie nahm in drei Kapiteln und auf zwei Zeitebenen Anklänge an Mystery und Horrorgeschichten und zog das Publikum bis zum Ende in ihren Bann.

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