Bad Dürkheim Genau den Geschmack getroffen

Im Orchester der TSV 1846 Mannheim musizieren ambitionierte Laien zwischen 20 und 77 Jahren.
Im Orchester der TSV 1846 Mannheim musizieren ambitionierte Laien zwischen 20 und 77 Jahren.

Mit schwungvollen Operettenmelodien und einer strahlenden Sopranistin begeisterte das Orchester des TSV 1846 Mannheim am Muttertag sein Publikum im Von-Busch-Hof Freinsheim. Seine rund 30-jährige Tradition der Muttertagskonzerte bescherte dem Orchester wieder einmal ein volles Haus, was die rund 35 Musiker sichtlich motivierte.

Seit fünf Jahren spielen die ambitionierten Laien zwischen 20 und 77 Jahren unter dem Dirigat von Ionel Ungureanu, Geiger an der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz in Ludwigshafen und langjähriger Primas des Salonensembles Gilcher, Freinsheim. Ungureanu hat am Pult Frauke Schleifenheimer beerbt, die nach zehn Jahren Dirigat nunmehr als erste Geigerin mitwirkt. Das seit Januar geprobte Programm war voller Höhepunkte und traf genau den Geschmack des überwiegend älteren Publikums. Charmant und professionell moderiert wurde das Konzert von Geigerin Franziska Billau. Den Auftakt machte die Polka „Leichtes Blut“ von Johann Strauß, gefolgt von der turbulent dargebotenen Ouvertüre zur Operette „Die lustigen Weiber von Windsor“. Mit der Arie „Einer wird kommen“ aus der Operette „Der Zarewitsch“ von Franz Lehár imponierte die junge Sängerin Galina Rosert auf Anhieb mit lyrischem Sopran und sympathischer Ausstrahlung. Dramatisch und volltönend auch in höchsten Lagen gab sie mit „Meine Lippen, die küssen so heiß“ eine offensive „Giudita“ aus der gleichnamigen Lehár-Operette. Einen Strauß beliebter Melodien, die zu Herzen gehen, überreichten die Musiker mit dem Potpourri „Fünf-Uhr-Tee bei Robert Stolz“. Die Stücke wirkten trotz vereinzelter Unsicherheiten im Ganzen leicht hingetupft. Mit „Blauer Himmel“, einem Tango mit orientalischen Anklängen und angedeuteter Tanzeinlage des Dirigenten ging es nach der Pause lustig weiter. Ein erfrischendes Intermezzo lieferte Couplet-Sängerin Rita K. Falten. Von Rainer Wagemann am Piano einfühlsam begleitet, interpretierte die Diseuse alte Schlager wie „Café de la Paix in Paris“, „Bel Ami“ und „Für eine Nacht voller Seligkeit“ mit keckem Witz. In dem Lied „Komm Zigan“ aus der Operette „Die Csardasfürstin“ von Emerich Kalmàn zeigte Galina Rosert mit ihrem Sopran sehnsuchtsvolle bis feurige Facetten. Von Spanien bis Ungarn reichte das mit weiteren Walzermelodien abgesteckte Szenario: In „Rosen aus dem Süden“ aus der Operette „Das Spitzentuch der Königin“ (Johann Strauß) und „Klänge er Heimat“ aus „Die Fledermaus“ komplettierten Klavier (Iveta Schober-Ungureanu), gezupfte Pizzicato-Passagen und dezente Percussion das Klangbild. Zum Mitklatschen einladend war der Ohrwurm „Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht“ aus der „Csardasfürstin“. Natürlich durfte das Orchester die Bühne nicht ohne Zugaben verlassen: So gab es „Bis früh um Fünfe“, einen Marsch von Paul Lincke, gefolgt von einer abschließenden Gesangseinlage von Galina Rosert mit „Grüß dich Gott, liebes Nesterl“ aus der Operette „Wiener Blut“. Nach dem gut zweieinhalbstündigen Konzert dankte Dirigent Ionel Ungureanu seinen Musikern, allen voran Konzertmeisterin Chiara Metzner. Nach dem abschließenden Radetzkymarsch strömten die Besucher ins Freie und wurden vom Dirigenten gleich auf die Folgekonzerte der nächsten Jahre eingeschworen: „Wir haben bis 2027 gebucht und danach auf Lebenszeit“. Der Eintritt zum Muttertagskonzert war wie immer frei, dafür durften die Besucher zwei Geigenkästen mit Scheinen füttern. Die Tradition wird weitergeführt: Am 12. Mai 2019 ist wieder Muttertag. Und der wird unter besonderen Vorzeichen stehen, denn das 1919 gegründete Orchester des TSV Mannheim ist dann 100 Jahre jung.

x