Bad Dürkheim Fingerspitzengefühl für Figuren

Monika Köhler
Monika Köhler

Eigentlich bin ich ein Krimifan. Es war bei einem Meerurlaub in der Vendée, bei dem ich vor Jahren schon die Erzählungen von W. Somerset Maugham entdeckt und lieben gelernt habe.

Sie sind in einer wunderbaren, klaren Sprache geschrieben, voller Humor und feiner Ironie, die einen beim Lesen eigentlich ständig schmunzeln lassen, die Charaktere sind zeitlos. Die Beschreibung seiner oft skurrilen Gestalten ist so plastisch, dass man meint, die Menschen vor sich zu sehen. „Menschen und Umwelt gewinnen bei ihm höchste Präsenz“, brachte es sein Schriftstellerkollege und Zeitgenosse D. H. Lawrence auf den Punkt. Maugham beschreibt seine Figuren aus der Distanz des in der Welt herumgekommenen Beobachters, erhebt dabei nie den moralischen Zeigefinger und baut geschickt den Spannungsbogen auf. Man liest seine Geschichten erst gerne fertig, bevor man das Buch aus der Hand legt. „Die Ameise und die Grille“ ist beispielsweise so eine seiner in Ich-Form geschriebenen Geschichten. Die Gleichnamigkeit mit der Fabel von La Fontaine ist gewollt. Es geht um ein Brüderpaar. Der eine, die „Grille“ Tom ist ein Nichtsnutz, sein Bruder George, die „Ameise“, das genaue Gegenteil von ihm. Köstlich wie Maugham beschreibt, wie Tom seinen fleißigen, ehrpusseligen Bruder George und seine Freunde schamlos ausnutzt, bestens damit lebt und am Ende sogar der lachende Gewinner ist, sehr zum Unwillen seines Bruders, der das „unfair, einfach nur unfair“ findet. Die Erzählungen „Das ewig Menschliche“, „Regen“ und „Winterkreuzfahrt“ sind bei Diogenes erschienen. Aber Krimi mit Maugham geht auch sehr gut, das wäre noch eine Empfehlung als Sommerlektüre. Im erst kürzlich auf Deutsch erschienenen „Kalter Friede“ des im März verstorbenen Philip Kerr ist Maugham Romanfigur und geht auf Maughams tatsächliche Rolle als Agent beim englischen Auslandsgeheimdienst MI6 ein. Der Krimi spielt kurz nach dem Krieg an der Côte d’Azur und in dem Roman wird geschichtlicher Hintergrund mit Fiktion in bester John-le-Carré-Manier verwoben. Zur Serie —Monika Köhler ist RHEINPFALZ-Mitarbeiterin aus Gönnheim. —Ob beim Urlaub am Strand oder am Sonntagnachmittag auf Balkonien – gute Lektüre macht einen Sommertag gleich noch ein bisschen schöner. RHEINPFALZ-Mitarbeiter und Redakteure empfehlen ihre Sommerbuch-Favoriten.

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