Kreis Bad Duerkheim „Die Aggressivität steigt“

Die Taxizentrale steuert in Ludwigshafen die Fahrten von 76 Taxis von 18 Unternehmern.
Die Taxizentrale steuert in Ludwigshafen die Fahrten von 76 Taxis von 18 Unternehmern.

Zwei betrunkene Frauen lassen sich von einem Taxi nachts von Bensheim nach Ludwigshafen fahren. Eine Frau übergibt sich im Wagen. Am Ziel angekommen, verlangt der Fahrer 115 Euro Fahrtkosten plus eine Reinigungspauschale von 335 Euro. Die beiden Betrunkenen steigen aus und sagen, ein Bekannter würde die Rechnung zahlen. Doch der gibt vor, die Frauen nicht zu kennen. Die Polizei wird eingeschaltet. Der Taxifahrer bleibt erst einmal auf seinen Kosten sitzen. Kein Einzelfall: Wenige Wochen zuvor lässt sich ein 30-Jähriger von einem Taxi durch Ludwigshafen kutschieren. Auch er ist betrunken. Die Rechnung von 13,50 Euro kann er nicht bezahlen, weil er kein Geld dabei hat. Der Taxifahrer fährt ihn zu einem Geldautomaten. Doch der Fahrgast will sich aus dem Staub machen. Der Taxifahrer verfolgt ihn und alarmiert die Polizei. Als eine Streife vor Ort auftaucht, zahlt der Mann schließlich doch. Er hat fast 2,5 Promille Alkohol im Blut. Um die Zahlungsmoral mancher Fahrgäste ist es nicht zum Besten bestellt. „Beim Parkfest oder beim Stadtfest fahren wir viele Betrunkene. Manchmal schlafen sie fast ein im Wagen. Am Fahrtziel gehen dann die Diskussionen los“, berichtet Unternehmer Andreas Hauck, dessen Firmengruppe 29 Taxis in Ludwigshafen auf der Straße hat. Seit 1952 gibt es die Ludwigshafener Firma. Bei Problemen werde die Polizei eingeschaltet, was in etwa zwei Dritteln aller Fälle ausreiche. „Die Leute entschuldigen sich und zahlen dann“, sagt Hauck. Manche nicht bezahlten Fahrten landen nach Strafanzeigen auch vor Gericht, doch da es meist um kleinere Beträge gehe, werde das Verfahren oft eingestellt. „Damit müssen wir leben. Wir sind schon froh, wenn unsere Autos keinen Schaden erleiden oder sich die Fahrgäste nicht im Wagen übergeben“, sagt der Geschäftsführer der Hauck-Gruppe. Ein weiteres Problem seien junge Fahrgäste, die am Wochenende nachts aus Diskotheken kommen und Alkohol oder Drogen zu sich genommen haben. „Unsere Fahrer werden beschimpft, die Aggressivität steigt und die Hemmschwelle sinkt. Das gab’s früher so nicht“, meint der 52-Jährige. Mittlerweile sei es ein Problem, ausreichend Fahrer für Nachtschichten an den Wochenenden zu finden. Betrunkene zahlen nicht Von dem Trend „Taxi-Flitzer“ berichtet Ralf Senck (59), Vorstand der Taxi-Zentrale Ludwigshafen. Den Verein gibt es seit 1925 in Ludwigshafen. 76 Taxis von 18 Unternehmern bekommen ihre Fahrten von der Zentrale im Hemshof. Bei den „Flitzern“ handele es sich überwiegend um Jugendliche, die sich etwa zu dritt ein Taxi nehmen, irgendwo hinfahren lassen und dort auf einen Wink die Türen aufreißen und wegrennen. „Das gab’s früher regelmäßig, momentan ist es weniger“, sagt Senck. Meist seien es Betrunkene, die nicht zahlen wollten. Trotz solcher Einzelfälle sei die Zahlungsmoral der Kunden gut, sagt der Ludwigshafener, der seit 39 Jahren in der Branche tätig ist und selbst sechs Taxis hat. „Ich würde sogar sagen, die Zahlungsmoral hat sich eher verbessert als verschlechtert“, sagt Senck, der selbst noch fährt. Gleichwohl gebe es auch eine hohe Dunkelziffer bei den Zechprellern. Denn nicht jeder Fall werde bekannt. Viele Fahrer schämten sich, wenn sie hereingelegt wurden, und scheuten den bürokratischen Aufwand wegen 20 Euro. Im Straßenfahrgeschäft sei der Ton rauer geworden: „Die Kunden sind aggressiver.“ Andererseits sei aber auch bei vielen Fahrern der Dienstleistungsgedanke nicht mehr so stark ausgeprägt wie früher. Es gebe daher auch Beschwerden von Kundenseite. Das Hauptgeschäft machten die Taxi-Unternehmer mittlerweile mit Fahrten auf Rechnung für Krankenkassen und große Firmen wie etwa die BASF, berichtet Senck. Auch die Hauck-Gruppe macht viel Umsatz mit Krankenfahrten, etwa wenn Senioren zum Arzt oder in eine Klinik müssen. Die Krankenkassen erstatteten zwar die Fahrtkosten, aber teils müsse man Monate auf das Geld warten, berichtet Andreas Hauck. Hinzu komme viel Bürokratie, teils prüften die Kassen die auf den Rechnungen angegebene Streckenlänge nach. Wenn das wegen einer Baustellen-Umleitung nicht mit den Routenplanern am Computer übereinstimmt, gibt es Diskussionen – und es dauert noch länger, bis bezahlt wird. Auch Firmen brauchten einige Zeit, um die Taxi-Rechnungen zu bezahlen. „Firmenfahrten sind gutes, sicheres Geld. Aber es dauert manchmal bis zu sechs Wochen, bis das Geld in unserer Kasse ist“, verdeutlicht Hauck. Währenddessen müsse sein Unternehmen die Kosten für Fahrer, Fahrzeuge und Sprit tragen. „Wir müssen deshalb einige Tausend Euro vorfinanzieren. Da wird manchmal die Luft dünn“, sagt der Unternehmer. Plastikgeld bevorzugt Die Taxi-Firma geht deshalb neue Wege. Alle Fahrzeuge wurden mit EC-Karten-Geräten ausgestattet, damit der Fahrgast gleich bargeldlos bezahlen kann. Geschäftsreisende hätten oft eine Firmenkarte, mit der sie dann einfach und schnell zahlen können. Ein weiterer Vorteil: Die Taxi-Fahrer brauchen keine größeren Bargeldbeträge mehr im Wagen mit sich zu führen, was das Risiko eines Überfalls senke, meint Hauck. Auch Falschgeld, das immer wieder bei Taxi-Fahrten in Umlauf gebracht werde, sei mit dem bargeldlosen Zahlungsverkehr kein Thema mehr. „Unser Ziel ist es, so viel wie möglich bargeldlos abzurechnen“, sagt Hauck. Doch bei den meisten Kneipengängern, die nachts in Ludwigshafen ein Taxi rufen, sei leider noch Bargeld angesagt. Generell werde im Taxi-Geschäft der Gewinn jedes Jahr kleiner, klagt der Unternehmer. Die Firmen hätten die Etats gekürzt, es gebe Konkurrenz durch private Krankenfahrdienste, Reha-Zentren hätten teils eigene Busse, um die Patienten zu fahren. „Spaß macht es momentan nicht mehr“, sagt Hauck.

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