Bad Dürkheim Der gute Ruf ist unter den Rädern

Moralisch sitzen Radfahrer fest im Sattel – allerdings fahren manche wie biologische Waffen auf der Suche nach einem Ort, um zu
Moralisch sitzen Radfahrer fest im Sattel – allerdings fahren manche wie biologische Waffen auf der Suche nach einem Ort, um zu detonieren, findet unsere Kolumnistin Anne Vogd.

Im Radio heißt es: Mix aus Sonne und Wolken, überwiegend trocken, schwacher bis mäßiger Wind aus Nord-Ost, der später auf Süd-West dreht, gelegentlicher Niederschlag. Mein Gedanke: Warum sagt ihr nicht einfach, dass euer Meteorologe heute frei hat. Fakt ist, es ist Frühjahr, und Fakt ist auch: „Summerbodys“ werden im Frühjahr gemacht. Was liegt da näher, als morgens mal mit dem Fahrrad ins Büro zu fahren. Früher habe ich das im Frühjahr nur so gemacht. Meine morgendliche Radtour führte mich über einen ein Meter breiten Weg durch die Blumenrabatte im Bad Dürkheimer Kurpark. Drei Kreisregner bewässerten im Uhrzeigersinn, zwei gegen den Uhrzeigersinn. Alle waren unterschiedlich getaktet. Aber für mich kein Problem, denn unzählige Mario-Kart-Sessions mit meiner kleinen Nichte hatten mich auf so etwas vorbereitet. Ich kam dennoch entspannt an. Heute bin ich mental durchgenudelt, wenn ich das Büro entere, weil ich bereits drei Nahtoderfahrungen hinter mir habe: Toleranz fängt bei Laktose an und hört im Straßenverkehr auf. Konkret: Mancher Radfahrer hat in meinen Augen ein Rad ab! Radler meinen ja per se, moralisch fest im Sattel zu sitzen, weil sie weder für Klimaerwärmung noch für Feinstaub verantwortlich sind. Von „veganem Reiten“ ist sogar schon die Rede. Aber ein Taktstock im Allerwertesten macht noch keinen Swing: Denn da sind diese Kampfradler, die Pitbulls der Straße. Überholen wie Pfeile von rechts und touchieren wie Säbel von links. Klingeln? Quatsch! „Mach voran, sonst hol ich Dich da runter“, tut’s doch auch. Ich atme ein und raste aus. Da wird über den Gehweg abgekürzt und entgegen der Einbahnstraße gefahren. Wenn falsch, dann richtig. Dabei hat der Mensch doch keine Knautschzone. Die fahren wirklich wie biologische Waffen auf der Suche nach einem Ort, um zu detonieren. Das Gegenteil sind diese „hyggeligen Muttis“ aus „politisch korrekten“ Neubaugebieten, die mit ihrem „gen-derneutralen“ Hybrid aus Sattelschlepper und XL-Wanne anarchisch und achtsam mitten auf der Spur „cruisen“, entschleunigt und entspannt in ihrer eigenen Filterblase und daher auch nicht wissend, dass sie einen kilometerlangen Autokorso auf der Weinstraße anführen. Eine Stimmung wie zur WM: Es wird gehupt und gepöbelt. Im Bottich sitzen – exakt auf Auspuffhöhe – Ben Luca, Leopoldina und Mia-Magenta. Sie werden auch dieses Mal wieder völlig benebelt die Kita erreichen. Natürliche Selektion ist zwar wichtig auf dieser Welt. Aber doch nicht so …. und auch nicht wie es diese Telekom-Trikot-Typen demonstrieren, die sich bei Dämmerung „aus dem Feinstaub machen“. Und zwar ohne Dynamo, Lampen oder LEDs, weil diese ja wichtige Nanosekunden kosten können. Mein Tipp an dieser Stelle: Es gibt jetzt reflektierende Organspendeausweise. Die können sogar im Windschatten vom Sattel angebracht werden. Die Kolumne Die Deidesheimerin Anne Vogd stieg 2016 aus der Textilbranche aus und in die Comedy ein. In der Rubrik „Annes Welt“ veröffentlichen wir regelmäßig, was der 53-Jährigen so durch den Kopf geht.

Anne Vogd
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