Bad Dürkheim Cowboy und Indianer in der Kirche

Ein Kaktus in der Kirche: Lebhaft ging es bei der Seebacher Abendmusik mit Brass 4.1. zu.
Ein Kaktus in der Kirche: Lebhaft ging es bei der Seebacher Abendmusik mit Brass 4.1. zu.

Wenn Brass 4.1 „So ein Theater!!!“ machen, bedeutet das beste musikalische Unterhaltung auf hohem Niveau. Beim ersten Konzert in der Reihe der Seebacher Abendmusiken überraschte das Ensemble die Zuhörer am Donnerstagabend mit einem spritzigen Programm und Blechbläserklang vom Feinsten.

Zunächst dominierte bei dem Quintett das gewohnte Konzertoutfit. Die Dame in Rot, die Herren in Schwarz. Sabine Roschy (Horn), Günther Scherb (Posaune), Tobias Elsäßer (Tuba) Jochen Lorenz und Stefan Michels (Trompete) verschafften sich mit dem populären Jazz-Standard „That`s A Plenty“ Gehör. Doch der ungewöhnliche Bühnenaufbau im Chor der Klosterkirche ließ das Publikum rätseln, wie der Abend weitergehen würde: Neben dem Altar stand ein hölzerner Säulenkaktus, an dem sich eine Schlange entlang wand, nicht weit davon entfernt die Silhouette einer prächtigen schwarz-weißen Kuh. Die Zuhörer mussten sich jedoch noch eine ganze Weile gedulden, bis dieses Geheimnis gelüftet wurde. Für die „Carmen-Suite“ von George Bizet wurde ein Mädchen aus dem Publikum auf die Bühne gebeten, um ein rotes Tuch hochzuhalten. Bei dem bekannten Motiv „Auf in den Kampf, Torero“ verwandelte sich einer der beiden Trompeter in einen wild angreifenden Stier. Auch die „Habanera“ fehlte in dieser Opern-Kurzversion nicht. Bei dem swingenden „Puttin on the Ritz“ flanierten die Musiker elegant durcheinander, wie es wohl in dem mondänen Hotel 1930 angebracht war. Weitaus lebhafter ging es bei den „Camptown Races“ zu, den Pferderennen in den provisorischen Zeltlagern für die Arbeiter entlang der amerikanischen Eisenbahn-Strecken, vom Bläserensemble musikalisch perfekt in Szene gesetzt. Nach dem Schwenken der Zielflagge ließ Jochen Lorenz seine Trompete wiehern wie ein Pferd. Gefühlvoll interpretiert folgte die Ballade „Send in the Clowns“ aus dem Musical „A Little Night Music“, dem eine traurige Liebesgeschichte zugrunde liegt. Über die schwermütige Stimmung konnten auch die Clownsnasen der Musiker nicht hinwegtäuschen. Stürmisch ging es bei „Rose des Sables“ zu, schließlich tobten bei dieser Sandrose aus der Sahara fünf Räuber mit schwarzen Augenklappen auf der Bühne umher. Für den Höhepunkt des Abends war eine kleine Umbaupause hinter einem provisorischen Vorhang nötig, doch das Ergebnis konnte sich sehen und hören lassen. „Hornsmoke“ ist eine für Bläserquintette komponierte Pferdeoper in einem Akt mit zehn Szenen, die von dem ambitionierten Ensemble mit schäumendem Übermut aufgeführt wurde. Ein Erzähler aus dem Off sprach einen fast sinnfreien Text über den Wilden Westen, in der Folge entwickelte sich eine musikalische Liebesgeschichte zwischen einer einfachen Magd – überragend verkörpert von Jochen Lorenz – und einem zierlichen Cowboy alias Sabine Roschy. Als ständig betrunkener Vater und Saloonwirt agierte Günther Scherb. Tobias Elsäßer musste in seiner Rolle als schwergewichtiger Mönch in eine Kutte schlüpfen und das Paar trauen. Auf einmal wurde aus der friedlichen Szenerie ein echter Western mit einem Revolverhelden. Der schwarze Unhold war Stefan Michels mit einem Patronengurt voller Trompetenmundstücke. Er erschoss zwar alle, doch ritten sie zum Schluss in einen imaginären Sonnenuntergang. Das Publikum war restlos begeistert und freute sich über die Zugabe des Ensembles als Marching Band, an das sich der „Abendsegen“ aus der Oper Hänsel und Gretel anschloss.

x