Bad Dürkheim Bad Dürkheim: Winzer, Stadtrat, Revolutionär

Eigentlich müssten wir heute auf dem Vigilienturm mit einem Glas Sekt auf das Andenken von Johann Fitz anstoßen: Denn beide – der Sekt in Dürkheim und der Vigilienturm – stehen mit einem der bemerkenswertesten Bürger Dürkheims in enger Beziehung.

Wer war der vor 150 Jahren verstorbene, wegen seiner roten Haare „Roter Fitz“ gerufene Johann Fitz? Von Seiten der Dürkheimer Bürger war er beliebt und angesehen als Kaufmann, Winzer, Weinhändler, Presbyter, Stadtrat und Polizei-Commissär. Von Seiten der bayerischen Regierung in Speyer und München aber als Aufrührer, Revolutionär, Fluchthelfer, Beleidiger des Königshauses letztlich als Hochverräter verrufen. Aber gemach, Johann Fitz in der Marktgasse (Nähe Obermarkt) geboren, war über seinen Großvater mit der heutigen Familie Fitz verwandt. Er fiel er schon vor dem Hambacher Fest im Presbyterium und im Stadtrat auf, weil er Ungereimtheiten aufdeckte und kein Blatt vor den Mund nahm. Seine große Stunde kam am 27. und 28. Mai 1832 mit dem Hambacher Fest. Er führte die Dürkheimer Delegation mit etwa 300 Bürgern an. Beim Zug auf das Schloss trug er die heute im Stadtmuseum befindliche schwarze Fahne mit der Aufschrift: „Die Wein-bauren müssen trauren“. Beim Fest hielt er eine Rede und verurteilte die Besetzung Polens durch Russland. Flüchtigen polnischen Offizieren half er bei der Flucht nach Frankreich. Ebenso unterstützte er den Revolutionär Jakob Venedey nach dessen Flucht aus dem Gefängnis in Frankenthal über den Pfälzerwald ins Elsass. Er selbst entzog sich nach dem Hambacher Fest der Inhaftierung durch Reisen nach Frankreich. Im damaligen Fahndungsblatt, dem Schwarzen Buch, wurde er mit einer Personenbeschreibung aufgenommen. Zurückgekehrt wurde er daraus gestrichen. Kurzzeitig wurde in Frankenthal zur Vernehmung einberufen. Fast der gesamte Stadtrat und 120 Bürger traten für ihn als angesehenen Bürger ein. In mehreren Prozessen wurde er zuerst freigesprochen, dann zu sechs und danach zu drei Monaten Haft verurteilt. Ob er sie tatsächlich antrat, ist offen. Gründe der Verfolgung waren von vielen Dürkheimern mitgetragene Proteste gegen die Zensur der Presse, gegen das Verbot des Hambacher Fests, gegen die auf das Fest folgenden Bundestagsbeschlüsse, allgemein gegen Selbstgerechtigkeit und Unrecht. Johann Fitz war nicht nur ein Revolutionär, sondern auch musisch begabt. Er schrieb Gedichte, die als Lieder verbreitet wurden. So wies er schon 1825 in der Michaelshymne auf die nach der bayerischen Grenzschließung aufgetretene Not der Winzer hin: „Trinket, Freunde, guten Muthe, was ihr trinkt ist frey von Zoll, alles Böse hat sein Gutes, bleiben doch die Keller voll! Darum ist in uns’rer Noth nur wer trinkt ein Patriot“. Die Winzer hatten den Keller voll Wein, aber kein Brot im Haus. Zum Hambacher Fest schrieb er die Protestlieder: „Der deutsche Mai“ und das Winzerlied. Die Gedichte wurden als Einblattdruck ohne Autor verbreitet. Die Drucker redeten sich vor Gericht heraus, dass sie den Auftrag von einem Unbekannten erhalten hätten. Warum war der Rote Fitz über sein Gerechtigkeitsempfinden auch weinbaulich so interessant? Nun, aus dem Kaufmann war ein Winzer und Weinhändler geworden. Er verkaufte sein Haus in Dürkheim. Dafür steigerte er 1828 von der katholischen Kirchengemeinde für 1500 Gulden die Kirche mit Friedhof in Pfeffingen. Nach dem Bau der Ludwigskirche in Dürkheim war kein Bedarf mehr vorhanden. Mit dem Kauf war die Auflage verbunden, die Kirche abzureißen und den Friedhof aufzuheben. Damit endete eine um 500 nach Christus durch die fränkischen Grafen von Pfeffingen begründete christliche Tradition. Ebenso eine über 200 Jahre dauernde Beziehung der Katholiken zwischen Kleinkarlbach und Bad Dürkheim, denen Pfeffingen als zentrale Kirche und Friedhof diente. Das Pfarrhaus verschönerte er mit den noch vorhandenen klassizistischen Giebeln auf der West- und Ostseite. An der Weinstraße erinnert das Gartentor mit seinen Initialen J. F. und der Jahreszahl 1846 an den einstigen Besitzer. Das Pfarrhaus verwandelte er in einen Weinbaubetrieb mit Sektkellerei. Johann Fitz hatte wohl bei seinen Reisen in Frankreich die Champagnerbereitung kennen gelernt und förderte mit seinem Wissen das 1837 gegründete Sekthaus von Georg Fitz, Wilhelm Sauerbeck und Rudolph Christmann, das heute noch als drittälteste produzierende deutsche Sektkellerei besteht. Mit dem Umzug nach Pfeffingen endeten die Aktivitäten im Dürkheimer Stadtrat und im Presbyterium. Er baute 1842 auf dem Gelände des Vigilienturmes, ehemals Teil der 1471 zerstören Stadtbefestigung, das an einen Tempel erinnernde Weinbergshäuschen. Politisch ruhiger geworden traf er sich noch mit den alten Revolutionären, wie dem Ungsteiner Georg Friedrich Koch, der nach zweieinhalb Jahren Untersuchungshaft in München noch zweieinhalb Jahre verschärfte Festungshaft auf der Wülzburg verbrachte. Johann Fitz ist am 16. Mai 1868 in Pfeffingen verstorben und wurde auf dem Friedhof in Ungstein beerdigt. Sein von einem niedrigen Eisengitter umgrenztes Grab war noch in den 1960er-Jahren in der Nordostecke des alten Friedhofs erhalten. Er ruht noch sicher und ungestört unter den Sammelcontainern für Pflanzenabfälle. Vielleicht ist es möglich, 150 Jahre nach seinem Tod ihm ein gebührendes Denkmal zu setzen. Zum Autor: Dr. Fritz Schumann ist Experte für historisches Weinwissen und war unter anderem Präsident der Gesellschaft für die Geschichte des Weins. Der Ungsteiner kümmert sich außerdem federführend um das Römische Weingut Weilberg. Zum Weiterlesen: Weiterführende Angaben zu Johann Fitz sind insbesondere in Arbeiten von Friedrich Feldmann und in der Dokumentensammlung von Karl Rings: „Johann Fitz Revolutionär, Gutsbesitzer und Weinhändler in Pfeffingen“, 2006, und in dem Buch: Hallmann-Preuß, Rings, Schumann: „Johann Fitz genannt der Rote – aus dem Leben eines freiheitsliebenden Dürkheimers“, 2009, zu finden.

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