Bad Dürkheim Bad Dürkheim: So denken Europäer anderer EU-Länder über Europa

Alle helfen sich gegenseitig und halten zusammen: So wünschen unsere Befragten die Europäische Union.
Alle helfen sich gegenseitig und halten zusammen: So wünschen unsere Befragten die Europäische Union.

Am Sonntag dürfen die Deutschen ihre Abgeordneten für das Europäische Parlament wählen. Doch was denken eigentlich Europäer über Europa, die aus anderen EU-Staaten stammen und hier in Bad Dürkheim oder im Landkreis leben?

Der Franzose Tanguy Le Cocguic

lebt mit seiner Frau und den drei Töchtern seit 13 Jahren in Wachenheim. Der Straßenbauingenieur, der in Paris geboren ist, wird seine europäische Stimme im Konsulat in Mainz abgeben, weil er dort eh noch einige Dinge zu erledigen hat. „Ich komme aus einer Familie, die immer sehr politikinteressiert war und habe in meinem Leben noch keine Wahl versäumt“, erklärt der 44-Jährige. Sein Prinzip sei, dass man sich nur dann beschweren könne, wenn man sich auch aktiv an den politischen Debatten und Entscheidungsprozessen beteiligt habe, fügt er hinzu. „Leider hat Europa es in den letzten gut 25 Jahren versäumt, alle mitzunehmen“, stellt er fest und kann deshalb auch nachvollziehen, dass die Briten die Gemeinschaft verlassen wollen. Das Europäische Parlament mache keinen einfachen Job, findet er. „Die einzelnen Staaten machen das, was beliebt ist. Was unbeliebt ist, müssen die Europapolitiker erledigen.“ Da dürfe man sich nicht wundern, dass sie nicht sonderlich angesehen seien. Für die Zukunft sieht Le Cocguic die Möglichkeit, dass es eine europäische Zentralregierung geben könnte. Allerdings werde das noch Jahrzehnte dauern. Der Italiener Roberto Cicoria lebt seit 27 Jahren in Bad Dürkheim und ist in der Nähe von Rom geboren. Der 50-Jährige Inhaber des Schlosscafés gegenüber der Ludwigskirche, das er im Februar eröffnet hat, fühlt sich in Bad Dürkheim sehr wohl, obwohl er hin und wieder feststellen musste, dass die Mühlen der Bürokratie auch in Deutschland manchmal sehr langsam mahlen. Der umtriebige Gastronom ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. „Ich finde es gut, dass sich momentan so viele junge Leute in der Politik engagieren und sich dabei insbesondere für den Klimaschutz stark machen“, sagt er und betont, dass auch er als umweltbewusster Mensch in seinem Betrieb von Plastik- auf Papierbecher umgestellt habe. Er werde auf jeden Fall zur Wahl gehen und die Gruppierung unterstützen, die ein klar definiertes Ziel habe. Die „Griechin“ Anegeliki Kavvadia (42), die in Ludwigshafen geboren wurde, arbeitet seit drei Jahren im Restaurant Lefkada bei Tasso und greift dabei ihrer Schwester Anastasia unter die Arme, die das Lokal, das ihre Eltern vor 40 Jahren eröffnet haben, seit neun Jahren in Bad Dürkheim weiterführt. „Ich gehe auf jeden Fall zur Europawahl, denn jede Stimme zählt“, berichtet die gelernte Rettungssanitäterin, die in der Kurstadt aufgewachsen und zur Schule gegangen ist und sich selbst als „Pälzer Mädel“ bezeichnet, ihre griechischen Wurzeln, Blut und Temperament aber niemals verleugnen würde. Sie beschreibt den europäischen Gedanken als gut, bemängelt jedoch, dass sich nicht alle Länder an der Fortentwicklung Europas gleichermaßen beteiligen und nur auf den eigenen Vorteil bedacht seien. „Demnächst werde ich die deutsche Staatsangehörigkeit beantragen, denn ich möchte mich auch auf Bundes- und Landesebene am politischen Entscheidungsprozess beteiligen“, fügt sie in die Zukunft blickend hinzu. Die Polin Anna Xistras ist mit einem Griechen verheiratet, kommt aber aus Polen, lebt seit 18 Jahren in Deutschland, wohnt momentan in Haßloch und arbeitet als Erzieherin in Mannheim. Ihren ehemaligen Beruf als Fremdsprachenlehrerin für slawische Sprachen übt sie zurzeit nicht aus. „Für mich ist es nicht wichtig, ob jemand Franzose, Pole, Italiener oder Spanier ist, die Hauptsache ist, das wir miteinander sprechen und uns verstehen“, erklärt sie und freut sich, Mitglied der EU zu sein. Die Litauerin Jelena Billhard ist in Litauens Hauptstadt Vilnius geboren, lebt schon 20 Jahre in Deutschland, wohnt zurzeit in Lambrecht und arbeitet als Bäckereifachverkäuferin in einem Supermarkt. Der 53-Jährigen, die im April die deutsche Staatsangehörigkeit bekommen hat, gefällt in Europa besonders, dass die Staaten zusammenhalten, denn allein könne niemand existieren. „Das ist wie in einer großen Familie, da hilft man sich gegenseitig, denn jedes Land kann allein nicht überleben“, berichtet die alleinerziehende Mutter zweier Kinder, die dabei in erster Linie an die kleineren Länder denkt. An der Wahl will sich die überzeugte Europäerin auf jeden Fall beteiligen.

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