Bad Dürkheim Bad Dürkheim: Mehr als 100 Stunden Livemusik beim Nightgroove

Die Musiker von „Sauvage“ heizen ihrem Publikum im Haardt Bier-Keller mächtig ein.
Die Musiker von »Sauvage« heizen ihrem Publikum im Haardt Bier-Keller mächtig ein.

Auch bei seiner zehnten Auflage erwies sich das Musikfestival in Dürkheims Innenstadt mit mehr als 4000 Besuchern als Publikumsmagnet. Eine musikalische Nachtwanderung.

Der Abend beginnt auf dem Römerplatz mit einem Aufwärm-Schoppen an Krackweins Außenbar. Drinnen im Lokal Krackwein by Götzelmann starten die vier Musiker von „Café Con Leche“ ihre Reise in die Karibik mit einem einschmeichelnden „Besame Mucho“. Einige Paare tanzen in die Dämmerung. Nebenan in Michlers Haus der guten Weine sind die Stehtische schon früh umlagert von Frauengrüppchen. Vorn am Eingang haben sich Willi Dentler und Stefan Dziallas aufgebaut und bringen mit akustisch gecoverten Rock- und Popsongs den Laden gezielt auf Betriebstemperatur. Das macht Lust auf mehr. Weiter geht’s, diesmal weg vom Wein: Auf einer verwinkelten Holztreppe beginnt der Abstieg in den Haardt Bier-Keller in der Kurgartenstraße. „Celebrate Your Times: Come On!“ - Das lassen sich die Fans nicht zweimal sagen und singen kräftig mit. Auch mit „Loca, Loca, Loca“ heizen die Musiker von „Sauvage“ ihrem Publikum im hinteren Gewölbe tüchtig ein – fetter Groove im Mauseloch mit klaustrophobischem Mehrwert. Unbestritten gediegener geht es in der Spielbank zu. Die meisten Besucher sind hier nicht wegen der Musik, aber das scheint Sängerin Lisbania Perez nichts auszumachen: „Wir spielen jedes Jahr hier, es ist angenehm, wir machen die Hintergrundmusik“, berichtet sie in einer Pause. Ihre mit samtiger Stimme vorgetragenen Balladen gehen ans Herz, dazu liefert Partner Christoph Stadtler den wohltemperierten Saitensound auf seiner Gitarre. Gepflegte Loungemusik für Glücksspieler und Bargäste – der Nightgroove hat auch seine leisen Seiten. Derart erholt geht es zurück zur Party in der Panaderia Otto Schall. Hier am Stadtplatz gibt es diesmal bis ultimo Dürkheims späteste Backwaren und mehr, während sich unter den bunten Ballonlampen im hinteren Raum die Mannheimer Band „Bon Sixx“ durch gängige Radio-Hits vergangener Epochen spielt. Eine 15-köpfige Mädels-Clique, sichtlich angeschickert, mischt die Szenerie auf mit einer Spontan-Polonaise. Man feiert JGA (Junggesellinnenabschied): Die jungen Damen sind extra von Sankt Leon-Rot angereist, um es gemeinsam mit „ihrer“ Braut in spe, Jasmin Koch, nochmal richtig krachen zu lassen. Zu „Freak Out“ schnappt sich der Leadsänger die Braut kurzerhand für einen heißen Discofox. Kuscheleng ist es in der kleinsten Location des Abends, im Story Ville. Das Raucherlokal – eine der wenigen typischen Stammkneipen vom alten Schlag – wirkt wie aus der Zeit gefallen. Hier halten einige Dutzend Fans den Abend über eisern die Stellung, während es die dreiköpfige Rockband „Croco“ schafft, auf gefühlten fünfzig Quadratzentimetern großen Rock zu spielen. Wehmütige Erinnerungen an die legendäre Krähenhöhle werden wach beim Besuch des Nachfolgelokals WeinStein in der Römerstraße. Doch wenigstens akustisch fühlt man sich hier der Tradition des Ortes verpflichtet und präsentiert das Duo „Chabeso“. Die beiden Jungs beherrschen den Retro-Sound und machen tüchtig Stimmung mit Boogie-Woogie, dreckigem Rockabilly und Hits von Ray Charles. Das lässt Clubatmosphäre aufkommen und zieht vor allem ältere Semester. Unter hunderten von Nachtwandlern, die in den Spielpausen von Lokalität zu Lokalität schlendern, gibt es viele Stammgäste und etliche Neulinge wie Bettina Morio und ihr Ehemann. Die Wahl-Deidesheimerin nutzt den Nightgroove für eine Stippvisite in ihrer Geburtsstadt und ist angetan von der Vielfalt des Programms. Lokal-Favorit der Morios ist das Alte Weingut am Maxbrunnen, wo es klassischen Rock’n’Roll gab, der 20-Jährige genauso zum Tanzen brachte wie 80-Jährige. Getanzt wird natürlich jede Menge beim Nightgroove, allen voran im Tanzhaus La Danza: während oben ambitionierte Salsa-Paare ihre Figuren zelebrieren, vibriert gegen Mitternacht der Gewölbekeller vom satten Sound der zehnköpfigen Band Soulmaxx: Hier gibt es „Sledge Hammer“ und „Oh Lord, Won’t You Buy Me A Mercedes Benz“ mit Publikumschor. Ein herübergewehtes „Despacito“ vom Römerplatz in den Ohren, geht es auf in härtere Gefilde. Vorbei an den Dubbeglas-Leuchttischen geht es ins JuKIB. Außen Villa, innen Anarcho: Hier zelebrieren „Benahuahi“ rotzigen Punk im Stil der „Sex Pistols“ und von Billy Idol, was auch einige ältere Semester neugierig macht. Eine der originellsten Anlaufstellen war die Cafeteria des Salinariums. Die Rockabilly-Combo „Betty Sue & The Hot Dots“ liefern hier ein Retro-Konzert zum Hinhören und Genießen: Ganz im Stil der 50er-Jahre gab es Klassiker im Hillbilly-Sound wie „Blue Moon Of Kentucky“ und „Oh Boy“, und auch jenseits von Mitternacht konnte man hier noch Jive tanzen. Fazit: Der Nightgroove hat sich als Livemusikfestival längst seinen festen Status im Festkalender erobert. Das Format setzt auf hohe Erlebnisdichte bei größtmöglicher Vielfalt. Und wie immer konnten ganz Unentwegte im Autohaus Köhler noch weiter feiern bis drei Uhr nachts bei der SWR 3-Party.

Härtere Töne mit Punk im Stil von den „Sex Pistols“ und Billy Idol: „Benahuahi“ locken die Fans im JuKIB. Auch einige ältere Sem
Härtere Töne mit Punk im Stil von den »Sex Pistols« und Billy Idol: »Benahuahi« locken die Fans im JuKIB. Auch einige ältere Semester macht diese Musik neugierig.
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