Rheinland-Pfalz Zwei Niederlagen, ein Aufstieg und die K-Frage

Will CDU-Landesvorsitzende bleiben: Julia Klöckner.
Will CDU-Landesvorsitzende bleiben: Julia Klöckner.

«MAINZ.» Wenn Julia Klöckner in den vergangenen Tagen in Mainz vor die Presse trat, wirkte sie stets aufgeräumt, zufrieden, fast auch ein wenig erleichtert. Um das Amt der Bundeslandwirtschaftsministerin habe sie sich nicht beworben, sagt die Landesvorsitzende der CDU und scheidende Chefin der Landtagsfraktion. Respekt habe sie vor dem neuen Amt, sei aber auch stolz. Erstmals nach Heiner Geißler komme wieder jemand aus den Reihen der rheinland-pfälzischen CDU zu Ministerehren im Bund.

Julia Klöckner ist gestern zur Bundeslandwirtschaftsministerin aufgestiegen, morgen wird sie in Mainz ihr Amt als Fraktionsvorsitzende abgeben. Über ihren Weggang aus der Landespolitik wurde seit Monaten spekuliert. Vor fast sieben Jahren hat die heute 45-Jährige den Vorsitz der CDU-Fraktion übernommen. Vieles hat sie bewegt, ihr größtes Ziel allerdings nicht erreicht: die SPD aus der Mainzer Staatskanzlei zu vertreiben und die CDU wieder in Regierungsverantwortung zu bringen. Es war Frühjahr 2010, als die Landes-CDU sich einmal mehr neu aufstellte, um SPD-Ministerpräsident Kurt Beck abzulösen. Klöckner wurde zur Landesvorsitzenden der Partei und zur Spitzenkandidatin für die Landtagswahl 2011 gekürt. Die Winzertochter von der Nahe gab ihr Bundestagsmandat und ihr Amt als Parlamentarische Staatssekretärin im Berliner Landwirtschaftsministerium auf. Junge Frau gegen alten Regierungschef – das forsche Auftreten der neuen Frontfrau gab der von Wahlniederlagen, Finanzskandalen und internen Querelen gebeutelten CDU wieder Mut. Doch am Wahltag reichte es nicht für den Machtwechsel. Nach der Wahlniederlage wurde Klöckner zur Fraktionsvorsitzenden gewählt. Mit heftigen Attacken auf einen schwächelnden und reizbaren Kurt Beck sorgte sie für hitzige Plenardebatten. In den eigenen Reihen kam die Angriffslust gut an, beim Publikum im beschaulichen Rheinland-Pfalz mag das nicht immer uneingeschränkt der Fall gewesen sein. Die größten Erfolge verbuchte Klöckner in den eigenen Reihen. Rasch wurde sie zur Hoffnungsträgerin und Lichtgestalt der rheinland-pfälzischen Christdemokraten. Die neue Frontfrau sanierte die Partei und einte die Fraktion. Statt altgeübter Fingerhakeleien verordnete Klöckner Fleiß und die Arbeit an Sachthemen. Die CDU wurde besser als Opposition. Das tat der Arbeit des Landtags gut. Unter Klöckners Kommando gelangen den Christdemokraten einige spektakuläre Einzelerfolge wie die erfolgreiche Verfassungsklage gegen den Pensionsfonds des Landes. Die Landesregierung musste die schuldenbasierte Pseudo-Vorsorge für die Beamtenversorgung am Ende einstampfen. Klöckner hat auch die Parole ausgegeben, bei wichtigen landespolitischen Themen müsse die CDU permanent am Ball sein, Unterrichtsausfall, Justiz, innere Sicherheit oder die Pflege zum Beispiel. In der Flüchtlings- und Integrationspolitik formulierte Klöckner früh Positionen, die eine geregelte Zuwanderung und von den Flüchtlingen eine bedingungslose Anerkennung der deutschen Grundordnung verlangen. Viele Forderungen der rheinland-pfälzischen CDU stünden nun auf der Agenda der neuen großen Koalition im Bund, nimmt die scheidende Fraktionschefin für sich in Anspruch. Bei der Landtagswahl 2016 setzte Julia Klöckner mit ihrer Truppe voll auf Sieg. Viele Christdemokraten konnten schon Monate vor dem Urnengang vor Kraft nicht mehr laufen. Auf Wahlkampfplakaten ließ sich die CDU-Frau als „neue Ministerpräsidentin“ feiern. Umso größer war die Enttäuschung in den eigenen Reihen, als es Malu Dreyer in sprichwörtlich letzter Minute gelungen war, die CDU erneut hinter sich zu lassen. Nach der Wahlschlappe waren Kratzer im Lack. Noch heute geben die Christdemokraten der damaligen Flüchtlingspolitik ihrer Kanzlerin die Hauptschuld an der Niederlage. Geblieben sind jedoch die Fragen nach den eigenen Fehlern: Warum hatte die Partei am Ende des Wahlkampfs keine Puste mehr? War es taktisch klug, sich von der damaligen Flüchtlingspolitik der Kanzlerin teilweise abzusetzen? Und ist die weltläufige, immer angriffslustige und stets wie aus dem Ei gepellte Julia Klöckner überhaupt die richtige Kandidatin fürs biedere Rheinland-Pfalz? Es gab Spekulationen, Klöckner könnte der Politik ganz den Rücken kehren. Das hat sie nicht getan. Als CDU-Vorsitzende wird sie Rheinland-Pfalz auch nicht ganz verlassen. Wird sie 2021 als Bundesministerin einen dritten Angriff auf die Mainzer Staatskanzlei wagen? Diese Fragen lässt die Neu-Ministerin offen, aber in der CDU wird die K-Frage ab morgen der heimliche Dauerbrenner sein.

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