Rheinland-Pfalz Zarte Zierde aus feinen Fäden

Hat immer wieder neue Ideen fürs Klöppeln: Barbara Corbet, die hier in ihrem Atelier an einem zarten Schal arbeitet. Eine Eigenk
Hat immer wieder neue Ideen fürs Klöppeln: Barbara Corbet, die hier in ihrem Atelier an einem zarten Schal arbeitet. Eine Eigenkreation ist auch der – nur für dieses Foto aufs Kleid gelegte – Kragenschmuck.

«FRANKWEILER.»„Kreuzen, drehen, kreuzen!“ Es klingt eigentlich ganz einfach, wenn die Klöpplerin erklärt, was mit den vier Klöppeln zu tun ist, von denen sie in jeder Hand zwei hält. Beim Zuschauen allerdings scheint es für nicht mit dieser alten Handarbeitstechnik Vertraute doch nicht so leicht. Obwohl es sich hier nur um einen sogenannten Grundschlag handelt. Doch schließlich gilt es auch, die von den Klöppeln kommenden feinen Fäden richtig zu führen und zu verflechten. Beobachtet man, wie versiert Barbara Corbet weiter an einem mehrfarbigen filigranen Spitzenteil mit kompliziertem Muster arbeitet, kann’s einem sogar schier schwindlig werden – umso mehr beim Gedanken daran, wie man sich verheddern könnte. Für die Fachfrau, die Klöppeln auch unterrichtet, ist das freilich reine Übungssache. Muss man sich dabei nicht wahnsinnig konzentrieren? „Nöö – nur am Anfang“, antwortet Corbet lachend auf die Frage der RHEINPFALZ-Redakteurin, die sie an diesem Tag in ihrem Atelier im südpfälzischen Frankweiler besucht. In der Regel habe man das in zwei, drei Stunden drauf: „Dann sitzen die Grundbewegungen“ – aus denen wiederum die drei Grundschläge (Leinen-, Halb- und Ganzschlag) kombiniert werden. Bis ein Neuling eine einfache Spitzenborte fertigen kann, dürfte es freilich etwas länger dauern. Und für den Schal in der Spitzenart Torchon, der da gerade mittels 50 Klöppeln auf einer dicken Rolle entsteht, ist zweifellos reichlich Erfahrung in der Materie nötig. Geduld und einer ruhigen Hand bedarf obendrein. Beides wird beim Klöppeln grundsätzlich ebenso gebraucht, wie ein gutes Auge oder zumindest eine entsprechende Sehhilfe. Muss man doch nicht nur das teils extrem dünne Garn genau sehen, sondern ebenso die Anleitung für das entstehende Stück. Die wird auf einer speziellen Rolle oder einem Flachkissen befestigt, um direkt darauf zu arbeiten. Wobei die Unterlage auch mit Stecknadeln gespickt wird: Diese sind zwecks Fixierung der Fäden an exakt vorgegebenen Punkten zu platzieren und immer wieder umzustecken. Für Verbindungen wird teils zudem eine feine Häkelnadel benutzt. Klöppelbriefe heißen die Mustervorlagen, für deren Entwurf es nicht nur künstlerischer Vorstellungskraft bedarf: Auch mathematische und geometrische Berechnungen sind anzustellen. „Allein schon die technische Zeichnung ist eine Menge Arbeit“, weiß Barbara Corbet, die selbst schon zahlreiche Klöppelbriefe erstellte. Ein Teil der Atelierwände hängt voll mit solchen Anleitungen, die Interessierte kaufen können. Die reichhaltige Palette zeugt von der Phantasie der kreativen Anbieterin: Sie offeriert Muster für dekorative Deckchen ebenso wie für raffinierte Kleider-Applikationen oder eine komplette Weste. Unverkennbar ist dabei, dass die 56-Jährige auch gerne näht und individuelle Modelle entwirft. In ihrem Haus betreibt sie neben dem Klöppelatelier eine Änderungsschneiderei, mit der sie sich 1996 selbstständig machte. Handarbeitsbegeistert war die gebürtige Wiesbadenerin, die seit 1982 in der Pfalz lebt, schon immer. Das liege bei ihr in der Familie. Ob Stricken, Häkeln oder Sticken – sie fand bereits in ihrer Jugend an allen möglichen Techniken Freude. Abbildungen von Spitzen in Strickheften aus Dänemark und Holland weckten damals auch ihr Interesse am Klöppeln. Bis sie sich näher damit vertraut machen konnte, verging aber einige Zeit: Die Gelegenheit bot sich Anfang der 90er Jahre, als ihr Mann beruflich im Erzgebirge tätig war. Dadurch kam sie in jene sächsische Region, die zu den deutschen Klöppel-Hochburgen zählt – bekannt für die Schneeberger Spitze. Grundlegendes übers Klöppeln brachte Barbara Corbet sich zunächst selbst bei. Die Grundtechniken lernte sie dann von Ella Hütwohl aus Bobenheim-Roxheim, die bei einer Dudenhofener Klöppelgruppe Kursleiterin war – und zu den Ersten zählte, die der 1983 gegründete Deutsche Klöppelverband dafür ausbildete, wie Corbet betont. Dieser wolle „die alte Technik des Klöppelns bewahren und ins Moderne führen“, und habe maßgeblich dazu beigetragen, dass sich „seit etwa 20, 25 Jahren ein immer größerer Markt dafür entwickelt“. 1995 ließ sich Barbara Corbet selbst vom Verband zur „Klöppel-Dozentin“ schulen, gibt seither Kurse in der Volkshochschule sowie im eigenen Atelier, hat zwei Fachbücher verfasst – und ihr Hobby inzwischen zudem zum Beruf gemacht. „Textilgestalter im Handwerk – Fachrichtung Klöppeln“ nennt er sich heutzutage. „Ich habe 2014 an der Handwerkskammer in Plauen als Erste und als externer Prüfling die Gesellenprüfung dafür abgelegt“, berichtet die Südpfälzerin stolz. Ihr Gesellenstück war eine schicke Tunika in Blautönen mit einer Spitzenpasse und einer geklöppelten Taschenapplikation. Die Pfälzer Spitzen à la Barbara Corbet verleihen Kleidungsstücken das gewisse Etwas auf ganz spezielle Art. Durch eigene Kombinationen von Grundschlägen entstehen individuell gemusterte Teile, die oft ebenso durch die Farbauswahl ihren eigenen Stil haben. Wie zum Beispiel ein „Kragenschmuck“, zusammengesetzt aus hauchzarten „Spitzenblättern“, die in verschiedenen Tönen von Hellgelb bis Orangerot changieren. „Die traditionelle Spitze war weiß oder cremefarbig, nicht so bunt, wie wir sie heute gerne mögen“, erklärt Corbet, die übrigens gern auch mal bei den verwendeten Materialen experimentiert. „Ich habe auch schon mit Wäscheleine geklöppelt“ verweist sie schmunzelnd auf ein künstlerisches Objekt an der Wand. Natürlich versteht sich die Frankweilererin aber auch bestens aufs Fertigen von Spitzen in traditioneller Art, wofür es allein in Europa etwa 40 bis 50 verschiedene Techniken gebe. Auch mit bodenständigen, regional-typischen Motiven hat sie schon vieles gefertigt. Wobei sie für eine Decke mit zierlichen Weintrauben- und -blätterelementen sogar 500 Klöppel verwendete – und damit mehr als jemals sonst. Was manchen Außenstehenden vielleicht eher nervös machen würde, wirkt auf passionierte Klöpplerinnen oft beruhigend. So genießt es die Fachfrau auch, am Feierabend beim Klöppeln „abzuspannen“. Viele, so sagt sie, „empfinden es als wohltuend, brauchen es zum Abschalten von anderen Gedanken und Problemen.“ Und noch etwas hebt sie hervor: „Es wird nie langweilig.“ Beim Stricken beispielsweise könne man irgendwann alles. „Das passiert einem beim Klöppeln nicht“, zieht sie einen Vergleich. Da könne man immer wieder Neues dazu lernen. So kam Barbara Corbet kürzlich auch vom Weltspitzenkongress in Brügge mit einer Fülle neuer Anregungen zurück ... Info —Internet: www.barbara-corbet.de —Am heutigen Samstag wirkt Barbara Corbet beim 25. Südwestdeutschen Klöppeltag in Bobenheim-Roxheim (von 10 bis 17 Uhr in der Friedrich-Ludwig-Jahn-Halle) mit, dessen Hauptorganisatorin sie ist.

Verschiedenfarbige Garne sorgen bei diesen schmückende Spitzen für einen besonderen Effekt.
Verschiedenfarbige Garne sorgen bei diesen schmückende Spitzen für einen besonderen Effekt.
„Ella“ nannte Barbara Corbet diese Kleider-Applikation.
»Ella« nannte Barbara Corbet diese Kleider-Applikation.
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