Rheinland-Pfalz Viel Berlin, wenig Pirmasens

Wenn die rheinland-pfälzische CDU-Frontfrau Julia Klöckner nach Berlin wechselt, dürfte der Parteivize Christian Baldauf ihre Na
Wenn die rheinland-pfälzische CDU-Frontfrau Julia Klöckner nach Berlin wechselt, dürfte der Parteivize Christian Baldauf ihre Nachfolge als Fraktionschef im Mainzer Landtag antreten.

«MAINZ.» Julia Klöckner soll als Bundesministerin für Landwirtschaft nach Berlin wechseln. Als CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag würde sie in diesem Fall wohl von ihrem Vorgänger Christian Baldauf beerbt. Viele Parteifreunde gehen davon aus, dass die 45-Jährige den Vorsitz der Landespartei behalten wird. Doch sicher ist das nicht.

Der wahrscheinliche Weggang der Frontfrau ist nicht nur in der Landtagsfraktion keine Überraschung mehr. Seit der Wahlschlappe vor zwei Jahren ist immer wieder spekuliert worden, die Winzertochter aus dem Kreis Bad Kreuznach könnte bald zu neuen Ufern aufbrechen. Als Klöckner vor der Landtagswahl 2011 ihren Sitz im Bundestag und ihr Amt als parlamentarische Staatssekretärin im Berliner Landwirtschaftsministerium aufgab, um die Landes-CDU in den Wahlkampf gegen Kurt Beck (SPD) zu führen, galt sie schon bald danach als Retterin von Partei und Fraktion. Am damaligen Regierungschef Kurt Beck biss sie sich zwar die Zähne aus, doch gelang es Klöckner erstaunlich schnell, Partei und Fraktion nach jahrelangen Misserfolgen und Querelen zu einen und mit neuem Arbeitseifer zu beleben. Vor der Landtagswahl 2016 sah es lange so aus, als habe die CDU den Sieg fast schon in der Tasche. Doch in den Wochen vor dem Urnengang gelang es der SPD unter ihrer neuen Ministerpräsidentin Malu Dreyer den Vorsprung der CDU bei den Umfragen ins Gegenteil zu verkehren. Klöckner reagierte geschockt auf die Wahlschlappe, tauchte wochenlang unter und dachte wohl sogar ans Aufhören. Nur langsam dämmerte den Christdemokraten im Land, dass die Niederlage nicht nur Folge der Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Merkel gewesen sein konnte. Zaghaft wurden auch eigene Fehler diskutiert. Zu den Selbstzweifeln zählte auch, ob die Spitzenkandidatin nicht zu perfekt gestylt, aber zu wenig nahbar daherkomme? „Zu viel Paris, zu wenig Pirmasens“, spotteten Kritiker. Da lag die Frage nahe, ob Klöckner den Sturm auf die Mainzer Staatskanzlei nicht besser aus einer anderen Stellung heraus probieren, oder es vielleicht ganz bleiben lassen sollte? Klöckner machte durch Auslandsreisen auf sich aufmerksam, trat häufiger und gewandt als stellvertretende CDU-Vorsitzende in Berlin auf, oft im Rampenlicht direkt neben der Kanzlerin. Seit einem Jahr wird immer wieder spekuliert: Klöckner als Bundesministerin, Klöckner mit Sonderaufgaben ins Kanzleramt, Klöckner gar zu einem Interessenverband oder als Generalsekretärin zur Bundes-CDU? Klöckner dementierte ebenso regelmäßig wie halbherzig: „Ich bin nicht auf dem Sprung.“ Kommt die große Koalition zustande, kehrt Julia Klöckner dorthin zurück, wo sie ihre bundespolitische Karriere unterbrochen hat, ins Landwirtschaftsministerium. Glaubt man führenden Mitgliedern der Landtagsfraktion, wird Christian Baldauf Nachfolger an der Spitze der Fraktion. Schnell, ohne lange Debatten und Gegenkandidaturen werde die Wahl über die Bühne gehen, sagt ein Pfälzer Abgeordneter vorher. Baldauf hatte 2010 und 2011 seine Stühle an der Spitze von Partei und Fraktion geräumt und Platz gemacht für Julia Klöckner. Das hat man ihm nicht vergessen. Seit Monaten läuft sich der Rechtsanwalt aus Frankenthal erkennbar warm für seine Rückkehr an die Fraktionsspitze. Er sieht sich gestählt und gereift für die neue alte Aufgabe. Gestern übte er sich in Zurückhaltung: Es sei immer gut, wenn Rheinland-Pfälzer ins Bundeskabinett kämen, ließ er wissen. Und der Landesvorsitz der CDU? Er würde sich wundern, bliebe Klöckner nicht an der Spitze der Partei, sagte ein führender CDU-Mann aus dem Norden des Landes. Wie er denken auch andere, sie werde wohl kaum ohne Not auf die Hausmacht eines der größten CDU-Landesverbände verzichten. Gewählt ist Klöckner bis Ende des Jahres. Dann könnte sie noch einmal zwei Jahre dranhängen, abwarten, ob sie sich in Berlin einen Namen machen kann und mit neuem Image die Partei erfolgversprechend zum Angriff auf die Staatskanzlei führen will. Spätestens 2020 wird sich auch die Frage der Spitzenkandidatur stellen. „Gegen Dreyer Klöckner eher nicht“, ahnt ein Mitglied der Landtagsfraktion.

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