Rheinland-Pfalz Urteil mit Nebeneffekt

Die Richter im Frankenthaler Babymord-Prozess wollten ein hartes Urteil sprechen. Doch dem Angeklagten könnte das sogar nützen.

Wer als Mörder verurteilt wird, bekommt normalerweise „lebenslänglich“. Und diese Strafe hatte der Opfer-Anwalt im Frankenthaler Babymord-Prozess am Ende auch gefordert. Allerdings räumte der Jurist dabei ein: Dafür hätten die Richter das Recht „fortschreiben“, also von der in Deutschland üblichen Linie abweichen müssen. Schließlich hatte der Angeklagte Kokain genommen, ehe er seine Tochter in den Tod stürzen ließ. Und weil Rauschgift enthemmt, haben zugedröhnte Täter zumeist Anspruch auf eine mildere Strafe. Mit voller Härte büßen lassen dürfen Richter so jemanden nur, wenn er schon aus Erfahrung wusste, dass er im Rausch gefährlich wird. Doch im Vorleben des Frankenthalers fanden sich dafür keine Hinweise. Also hätte „lebenslänglich“ die Gefahr gesteigert, dass der Bundesgerichtshof das Urteil kippt. Und dass das schon einmal geplatzte Verfahren zum dritten Mal beginnen muss. Die Pfälzer Richter haben sich daher mit der zweithöchsten Strafe begnügt, die deutsches Recht erlaubt: Sie schicken den Mann für 15 Jahre ins Gefängnis.

Besonders "verachtenswertes" Verbrechen

Außerdem haben sie seine Tat als Mord eingestuft – obwohl sie im Lauf des Verfahrens schon einmal ganz offiziell verkündet hatten, dass es auch auf ein milderes Totschlags-Urteil hinauslaufen könnte. Tatsächlich wurde im Prozess vor allem um die juristisch komplizierte Frage gerungen, ob der Angeklagte „aus niederen Beweggründen“ und damit als Mörder gehandelt hatte. Die Richter haben sie nun schlussendlich doch noch bejaht und dem Frankenthaler so bescheinigt, dass er ein besonders „verachtenswertes“ Verbrechen beging. Doch paradoxerweise haben sie ihm zugleich eine neue Chance eröffnet. Denn die Strafe hätte auch dann nicht arg viel milder ausfallen müssen, wenn sie sich für Totschlag entschieden hätten. Das Mord-Urteil hingegen ist juristisch schwerer zu begründen, mithin auch leichter anzufechten. Und auf Argumente für eine Revision hat der Verteidiger im Frankenthaler Babymord-Prozess von Anfang an hingearbeitet.

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