Rheinland-Pfalz „Umfragen nur bedingt relevant“

Ist seit November 2014 Vorsitzender der SPD-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag: Alexander Schweitzer.
Ist seit November 2014 Vorsitzender der SPD-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag: Alexander Schweitzer.

Fraktionsvorsitzende im Interview: Alexander Schweitzer sorgt sich nicht ums Ansehen der SPD

Die SPD kümmere sich verstärkt um die Themen Heimat und um gute Entwicklungschancen für den ländlichen Raum, sagt Fraktionsvorsitzender Alexander Schweitzer. Er will sich für die Einführung eines Sozialtickets für Busse und Bahnen stark machen. Vor einigen Monaten begann sich abzuzeichnen, dass sich mit Christian Baldauf der frühere Fraktionsvorsitzende der CDU als Nachfolger von Julia Klöckner erneut um dieses Amt bewerben würde. Damals hatten Sie dafür auch Spott übrig. Was sagen Sie heute, macht Baldauf seinen Job als Oppositionsführer gut? Es ist nicht meine Aufgabe, die Arbeit des Oppositionsführers zu beurteilen. Ich schaue es mir an und nehme es, wie es kommt. Es ist zu beobachten, dass Sie als Pfälzer mit dem Pfälzer Baldauf ganz gut auskommen, auf der Ebene der Parteibezirke zum Beispiel. Das wären gute Voraussetzungen für eine große Koalition in Mainz ab 2021? Das ist eine raffinierte Frage, aber ich bin absolut glücklich mit der jetzigen Ampel-Koalition in Mainz. Ich wünsche mir, dass SPD, FDP und Grüne die Zusammenarbeit mit Malu Dreyer an der Spitze in drei Jahren fortsetzen können. Es ist schön, wenn im Bezirkstag SPD und CDU gut miteinander auskommen. Aber zumindest nachdenklich werden müssen Sie ja schon? Bei der jüngsten Meinungsumfrage ist die SPD bei der Wählergunst im Land unter die Marke von 30 Prozent gerutscht. Das kann Sie doch nicht kalt lassen? Damit bin ich nicht zufrieden, das ist richtig. Aber Umfragen sind nur bedingt relevant. In den Monaten vor der letzten Landtagswahl war die SPD in allen Umfragen deutlich hinter der CDU, und am Ende haben wir die Wahl gewonnen. Liegt also alle Schuld am Negativtrend bei der Bundes-SPD? Die Spitze der Landes-SPD war ja anfangs ohnehin strikt gegen die Neuauflage der großen Koalition in Berlin. Natürlich spielt der Bundestrend derzeit eine große Rolle. Dennoch ist es schön, dass die Zustimmung zur SPD im Land mehr als zehn Prozentpunkte über dem Bundestrend liegt. Bei aller anfänglichen Skepsis haben wir uns für eine sozialdemokratische Handschrift in der Bundespolitik entschieden. Wir machen dort auf Basis des Koalitionsvertrags eine gute Politik. Der Zoff innerhalb der Union ist nicht der SPD anzulasten. Was werten Sie als besonderen Erfolg der SPD-Landtagsfraktion in den vergangenen Monaten? Uns ist es gelungen, die Themen Heimat und ländliche Räume in den Mittelpunkt zu rücken. Wir machen deutlich, dass wir Politik für die Städte und für die Dörfer machen. Nicht nur die CDU, auch die SPD verliert Wähler an die AfD. Jetzt hat die Rechtspartei angekündigt, sich künftig auch um Sozialpolitik kümmern zu wollen. Wie sehr beunruhigt Sie das? Das ist eine Mogelpackung. Nehmen Sie etwa die bisherigen Äußerungen aus den Reihen der AfD zur Rentenpolitik. Das läuft auf eine komplette Rückabwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung hinaus. Ich rate den Menschen, da genau hinzuschauen. Bleiben wir bei der AfD: Deren Fraktionschef Uwe Junge fühlt sich im Landtag vor allem von SPD und Grünen feindselig behandelt. Kürzlich haben Sie im Plenum den Eindruck erweckt, einer der AfD-Leute könnte über den Durst getrunken haben. Haben Sie sich etwas vorzuwerfen? Nein. Ich werde auch nicht mit der AfD in einen Wettstreit gehen, wer wem was nachgesagt hat. Auch ich könnte feindselige Äußerungen der AfD im Internet mir gegenüber zitieren. In den kommenden Monaten werden vor allem die Debatten um den Doppelhaushalt 2019/20 die Agenda bestimmen. Was haben Sie sich vorgenommen? Wir sind alle verpflichtet, keine neuen Schulden mehr zu machen. Gleichzeitig müssen die Investitionen der öffentlichen Hand stimmen. Es geht um gute gesellschaftliche Rahmenbedingungen. Die SPD wird sich dazu bekennen, dass mehr Geld für die Infrastruktur in die Hand genommen wird. Das fängt an bei der Verkehrsinfrastruktur und endet nicht bei der ärztlichen Versorgung. Wir wollen mehr Geld ausgeben, um die Qualität der Kita-Betreuung weiter zu verbessern, und wir werden weiter auf den raschen Ausbau des schnellen Internets drängen. Das Projekt „Gemeindeschwester plus“ wollen wir fortsetzen, dazu muss auch der Bund Geld geben. Mit den Verbänden des öffentlichen Nahverkehrs wollen wir über die Einführung eines Sozialtickets reden. Manche Menschen meiden nicht deshalb den Bus, weil dieser nicht fährt, sondern weil ihnen das Geld dafür fehlt. Es wird also Mittel aus der Landeskasse geben, um ein Sozialticket zu subventionieren? Das muss nicht sein. Man muss aber mit den Verkehrsverbünden darüber reden, ob sie ihre Rabattsysteme so anpassen können, dass Bedürftige mit geringen Einkünften vergünstigte Tickets kaufen können, um sich in ihrem Umfeld zu bewegen. | Interview: Arno Becker

x