Rheinland-Pfalz Torun-Prozess: Angeklagter schiebt Hauptschuld seinem Komplizen zu

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Der 38-jährige Bad Dürkheimer mit seinem Anwalt Peter Deschka.

Beim Prozess in Frankenthal spricht der erste Angeklagte über seine Rolle bei den Verbrechen

Frankenthal. Zum ersten Mal hat gestern im Frankenthaler Doppelmord-Prozess ein Angeklagter etwas dazu gesagt, wie er in die Verbrechen verstrickt ist. Die Hauptschuld am Tod des Ludwigshafener Unternehmers Ismail Torun und eines weiteren Geschäftsmanns lud der 38-jährige Bad Dürkheimer aber bei seinem Komplizen aus Frankenthal ab. Seine Augenbrauen ziehen sich drohend zusammen, seine Hände krallen sich um einen Stift: Zum ersten Mal hört Eyüp Torun im Gerichtssaal, wie einer der mutmaßlichen Mörder seines Vaters Ismail von dessen Tod berichtet. Zumindest indirekt, denn der 38-Jährige aus Bad Dürkheim lässt lieber seinen Verteidiger verkünden, was er zu sagen hat. Und der Jurist trägt vor: Vom gewaltsamen Tod des Ludwigshafener Bauunternehmers habe sein Mandant kaum etwas mitbekommen. Schließlich habe der auch gar nicht gewollt, dass das Opfer stirbt.

Geständnis: Er war bei den Entführungen dabei

Allerdings, das räumt der angeklagte Türke ein, war er durchaus dabei, als im Januar der wohlhabende Geschäftsmann im Mannheimer Stadtteil Waldhof in eine Falle gelockt, überwältigt, erpresst wurde. Und: Er hatte schon mitgemacht, als ein paar Wochen zuvor einem Unternehmer aus dem badischen Brühl das Gleiche widerfahren war. Dieser im heutigen Kroatien geborene Automatenaufsteller hatte sich geweigert, Lösegeld für seine Freilassung zu beschaffen. Wenig später lag seine erdrosselte Leiche in der Nähe des Ludwigshafener Willersinn-Weihers.

Der Bad Dürkheimer will an Herzinfarkt geglaubt haben

Dorthin gefahren hatte ihn der 38-Jährige. Doch der Angeklagte beteuert: Er sei davon ausgegangen, dass er und sein zusammen mit dem Opfer in den Laderaum des Lieferwagens gestiegener Komplize den Entführten irgendwo unversehrt freilassen würden. Als der Automatenaufsteller auf einmal doch tot war, habe sein Mittäter, ein 49-jähriger Türke aus Frankenthal, behauptet, der Mann habe während der Fahrt einen tödlichen Herzinfarkt erlitten. Dass der Tote in Wirklichkeit erdrosselt worden war, will der 38-Jährige demnach nicht mitbekommen haben.

Er stellt sich als Befehlsempfänger dar

Überhaupt, der Bad Dürkheimer stellt sich als bloßen Befehlsempfänger des einstigen Betreibers einer Wellness-Oase dar. Doch zugleich will er sich widersetzt haben, als der 49-Jährige ein neues Entführungsopfer ausdeutete. Im zweiten Anlauf sollte es einen bekannten türkischstämmigen Einzelhändler aus Ludwigshafen treffen. Fest steht: Eine nun zusammen mit den beiden Männern angeklagte Frau aus Stuttgart hatte unter einem Vorwand schon Kontakt mit diesem Mann aufgenommen, doch dann warnte sie ihn vor einem Treffen.

Ein Einzelhändler wurde gewarnt

Als es daraufhin um Torun gehen sollte, haben die Stuttgarterin und der Bad Dürkheimer aber offensichtlich doch wieder mitgemacht. Was der 38-Jährige sinngemäß so erklärt: Sein Frankenthaler Mittäter habe ihm erklärt, dass ihm der Ludwigshafener Geschäftsmann einen finanziellen Schaden von zwei bis drei Millionen Euro eingebrockt habe. Er sei also davon ausgegangen, dass mit dieser neuen Entführung nur berechtigte Forderungen eingetrieben werden sollten. Wobei er für seine Hilfe bei dieser illegalen Inkasso-Variante 40.000 Euro hätte bekommen sollen.

Eine gelbe Schnur um Toruns Hals

Doch der Bad Dürkheimer muss auch einräumen: Tatsächlich überließ ihm sein Komplize zunächst sogar 250.000 Euro. Aber die habe er nur aufbewahren sollen. Insgesamt allerdings hatte Torun rund eine Million Euro in bar herbeitelefoniert, ehe auch er in den Lieferwagen steigen musste. Diesmal ging die Fahrt ins Dürkheimer Bruch. Der 38-Jährige behauptet: Sein Komplize saß zunächst auf dem Beifahrersitz, ließ mehrmals anhalten, stieg irgendwann nach hinten in den Laderaum. Und dann war Torun tot, hatte eine gelbe Schnur um den Hals.

Die Öffentlichkeit wird ausgeschlossen

Was der Frankenthaler zu all dem sagt, wollen sich die Richter am nächsten Verhandlungstag (1. Dezember) anhören – und dabei zeitweise die Öffentlichkeit ausschließen. Denn in etwa hat der 49-Jährige schon angedeutet, was er vorbringen will: Er sei von dem Bad Dürkheimer und einem weiteren Mann erpresst worden. Mit einem Video, das ihn selbst als Opfer einer seine Intimsphäre betreffenden Gewalttat zeigt.

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