Rheinland-Pfalz Speyer: Am Sonntag ist Oberbürgermeisterwahl

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Gewähren die 39.500 Wahlberechtigten dem Speyerer Oberbürgermeister Hansjörg Eger (CDU) eine zweite Amtszeit? Diese Frage wird am Sonntag oder in einer Stichwahl am 10. Juni entschieden. Eine RHEINPFALZ-Umfrage weist Beigeordnete Stefanie Seiler (SPD), eine von drei weiteren Kandidaten, als Konkurrentin auf Augenhöhe aus.

Seiler mit 42 Prozent der schon entschiedenen Wähler vor Eger (40 Prozent), Irmgard Münch-Weinmann (Grüne, 10 Prozent) und dem parteilosen Udo Thümmel (8 Prozent), einem Busfahrer und Ex-Republikaner aus Ludwigshafen: Das war das Resultat der repräsentativen Erhebung von Anfang April. Seither haben vor allem die drei Parteienvertreter ihren Wahlkampf weiter intensiviert. Bei einer RHEINPFALZ-Podiumsdiskussion zeigte sich die 58-jährige Münch-Weinmann, Sozialpädagogin im Justizdienst, auffallend schlagfertig und authentisch. Allein: Sie bleibt in der Außenseiter-Rolle, weil sich mit Eger und Seiler zwei ebenso seriöse Kandidaten ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern, auf das ganz Speyer blickt.

Seiler attackiert mit Elan Schwachstellen Egers

Spätestens der Wahlkampf hat den Stadtchef und seine zweite Stellvertreterin im Rathaus entzweit. Das Klima zwischen ihnen hat ebenso gelitten wie das in der großen Koalition im Stadtrat, die 2014 gebildet wurde. Dieses Bündnis hat ohnehin fast nur gut funktioniert, als es galt, Seiler wie vereinbart 2015 zur hauptamtlichen Ordnungs- und Umweltdezernentin zu wählen. Voriges Jahr hat die Soziologin dann als OB-Kandidatin ihren Hut in den Ring geworfen – und attackiert seither als Wahlkämpferin mit Elan Schwachstellen Egers. Der keilt zurück, wirft ihr indirekt vor, mehr Wahlkampf zu betreiben, als ihren Pflichten im Dezernat nachzukommen. Im Rathaus knallen Türen, der Kommunikationsfaden zwischen den beiden Konkurrenten ist gerissen. Eger war früher in der SPD, dann eine Zeit lang parteilos. Er ist 2010 als Kandidat der CDU mit 223 Stimmen vor Markus Wintterle (SPD) denkbar knapp zum Stadtoberhaupt gewählt worden und danach den Christdemokraten beigetreten. Er hat sich als seriöser Repräsentant der Stadt erwiesen, Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung vorzuweisen und im Eigen- und CDU-Urteil die Stadtentwicklung planmäßig vorangebracht. Gerade an diesem Punkt ist die Opposition – der in vielen Fragen sechs kleinere Stadtrats-Gruppierungen plus der eigentliche Koalitionspartner SPD angehören – anderer Meinung. Ihre Kritik: Häufig würden nur Konzepte erarbeitet, statt Fakten geschaffen. So sei die Einrichtung bezahlbaren Wohnraums zu lange hinausgezögert worden. Der jetzt von Eger (Slogan: „Stein für Stein für Speyer“) kurz vor der Wahl erstmals einberufene runde Tisch zu dem Thema komme zu spät. „Speyer kann mehr“, wirbt Seiler.

Gegenwind von Einheimischen

Die Stadt Speyer ist ein gefragter Wohnstandort. In einer Zeit, in der vielerorts die Immobilienpreise kletterten, war sie von Preissteigerungen besonders betroffen. Zudem hat sie als kreisfreie Stadt im Bundesland mit der kleinsten Gemarkung und schützenswerter Natur rundherum nur begrenztes Entwicklungspotenzial. Der Stadtrat hat jetzt ein von Eger vorgeschlagenes „Flächenprogramm Wohnen“ beschlossen, das vor allem über Nachverdichtung mehr als 2000 neue Einheiten schaffen soll. Auf die Sozialquote, die bei größeren Neubauprojekten 30 Prozent der Wohnungen im günstigen Sektor vorschreibt, musste freilich die SPD drängen. Sie kritisiert auch, dass die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewo zuletzt in dieser Hinsicht zu wenig getan habe. Geboomt hat die Domstadt nicht nur bei den Immobilienpreisen, sondern auch bei der Anzahl sozialversicherungspflichtiger Jobs. Sie seien in seiner Amtszeit um ein Viertel gestiegen – das ist ein Wert, den Eger als oberster Wirtschaftsförderer gern anführt. Auch den Tourismus will er fördern – und verspürt bei diesem Thema teils Gegenwind von Einheimischen, denen der Trubel rund um die Maximilianstraße zu viel wird.

Auswirkungen ungewiss

Eger ist bekannt in Speyer und tritt stets höflich auf; ob er den Draht zu den Bürgern knüpfen konnte, ist umstritten. Vielen kommt der Jurist zu steif rüber. Die Leutseligkeit seines Vorgängers Werner Schineller (CDU) geht ihm ab. Das ist eine Disziplin, in der Seiler punkten will. Sie wäre die erste Frau und mit 34 Jahren auch das jüngste Stadtoberhaupt der Nachkriegszeit. Von der SPD wird sie kräftig unterstützt: Als frühere Mitarbeiterin der Landespartei ist das „Arbeiterkind“ in Mainz bestens vernetzt und als Speyerer Kreischefin auch im Landesvorstand vertreten. Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat ihre Parteikollegin schon mehrfach bei Veranstaltungen in Speyer unterstützt. Welche Strategien greifen, wird der Wahlsonntag zeigen. 25 Jahre CDU-Vorherrschaft stehen in der zuvor sozialdemokratisch regierten Domstadt auf dem Spiel. Ungewiss sind auch die Auswirkungen des Themas Flüchtlinge auf die OB-Wahl: In der früheren Speyerer Bundeswehrkaserne ist eine Aufnahmeeinrichtung des Landes für Flüchtlinge eingerichtet, die bis 2019 von heute 600 auf 1125 Plätze ausgebaut werden soll. Viele Bürger des angrenzenden Stadtteils Nord sind darüber wenig begeistert. Die Entscheidung für die Aufstockung hat zwar die Landesregierung gefällt, aber manche lasten Eger an, dass er nicht genug dagegen gekämpft habe. Der weist das deutlich zurück: Er habe in Verhandlungen immerhin erreicht, dass ein großer Teil der Kasernenfläche für die Stadtentwicklung freigegeben wird. Unter anderem will ein finnischer Investor dort nun eine Multifunktionshalle mit Eishockey-Feldern bauen.

Hansjörg Eger
Hansjörg Eger
Stefanie Seiler
Stefanie Seiler
Münch-Weinmann
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Udo Thümmel
Udo Thümmel
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