Rheinland-Pfalz Sex-Betrug im Leiningerland

In Hotelbetten gelockt: Der Angeklagte hat sich in Neuleiningen etwa eine Stunde lang mit einer übertölpelten Pfälzerin vergnügt
In Hotelbetten gelockt: Der Angeklagte hat sich in Neuleiningen etwa eine Stunde lang mit einer übertölpelten Pfälzerin vergnügt. In Mannheim fiel später noch eine Frau auf seine Masche herein.

95 000 Euro für einmal Sex: Mit diesem Versprechen hat ein 29-Jähriger eine Pfälzerin ins Hotelbett gelockt. Weil er das astronomische Honorar nie zahlen wollte, steht er nun vor Gericht. Dort geht es auch um weitere Fälle. Und der Richter muss Frauen fragen: Glaubten sie tatsächlich, dass sie für Liebesdienste solche Summen bekommen?

Der Frankenthaler Amtsrichter legt seinen Kopf zur Seite, äugt über seine Brille, zögert kurz. Und dann stellt er doch die Frage, die sich aufdrängt, die aber für die Zeugin so verletzend klingen muss: „Haben Sie wirklich geglaubt, dass Sie 95.000 Euro für Geschlechtsverkehr bekommen?“ Wie sie in eine verrückte Sex-gegen-Geld-Geschichte geraten ist, hat die etwa 30-Jährige dem Juristen und seinen Schöffen da schon erklärt. Und davon gesprochen, dass sie damals eine schwere Zeit durchmachte: Trennung. Und dann: Sorgerechtsstreit mit dem Ex-Partner. Doch immerhin lernt die Pfälzerin in dieser Phase jemanden im Internet kennen, der ihre Lage gut zu verstehen scheint. Schließlich präsentiert sich Alex Klein als Vater eines Kindes, das ebenfalls aus einer gescheiterten Beziehung stammt. Außerdem stellt er sich als Sohn betuchter Unternehmer aus Worms vor. Und er gibt den liebeshungrigen Mann, der aufgrund familiärer Zwänge leider nur online auf Frauensuche gehen kann, sich dafür aber um so großzügiger zeigt: 15.000 Euro für ein einziges Treffen mit ihr, das ist das erste Angebot, das er der Pfälzerin damals gemacht haben soll.

Eine 35-Jährige ließ sich 15.000 Euro für Sex versprechen

Monate später wird die Aussicht auf ein Honorar dieser Höhe schon reichen, damit eine schwäbelnde 35-Jährige mit dem gleichen Mann in ein Mannheimer Hotelbett steigt. Bei der Pfälzerin hingegen schraubt Alex Klein sein Angebot noch viel weiter nach oben. Bis sie sich mit ihm trifft: Der Abend beginnt mit einem Essen in einem Hotel-Restaurant in Neuleiningen. Und endet in einem Zimmer des gleichen Hauses: mit etwa einstündigem Liebesspiel. Anschließend bricht der Mann recht plötzlich auf. Aber er will ja auch nur schnell sein Auto holen. Doch dann muss er Umwege fahren, weil die Gassen in dem pittoresken Burgdorf so eng sind. Und dabei gerät er auch noch in eine zeitraubende Polizeikontrolle. So jedenfalls erklärt Alex Klein der Frau später in Textnachrichten, dass er erst wieder zum Hotel zurückkam, als sie schon weg war. Aber sie hat ja auch noch einen Vertrag mit seiner Unterschrift: In dem gestelzt formulierten Dokument verpflichtet er sich ganz ausdrücklich zur Zahlung des vereinbarten Honorars. Und zu Verschwiegenheit. Doch auch mit der scheint es bei ihm zu hapern.

Über ihr Treffen mit dem Angeklagten wurde getratscht

Im Frankenthaler Gerichtssaal berichtet die Pfälzerin nun: Später wurde sie gefragt, ob sie etwas mit einem bestimmten Vereinssportler aus dem Raum Grünstadt hat. Aber immerhin fand sie so heraus, wie der angebliche Sohn Wormser Unternehmer-Eltern tatsächlich heißt: Der vermeintliche Alex Klein trägt eigentlich einen kroatischen Namen. Nach dem Hauptschulabschluss hat er eine Verkäufer-Lehre gemacht. Und später wegen Betrügereien im Gefängnis gesessen. Anschließend zog er wieder zu seinen Eltern, blieb lange arbeitslos, ließ sich von Verwandten Geld zustecken. Nun sitzt der 29-Jährige im Gerichtssaal und hört sich – äußerlich eher ungeniert – an, was die beiden Frauen zu berichten haben. Anschließend bietet sein Verteidiger den Zeuginnen jeweils eine Entschuldigung an. Und 500 Euro: ein Zeichen der Wiedergutmachung, das die schwäbelnde 35-Jährige annimmt. Und die Pfälzerin brüsk ablehnt. Dass er beide tatsächlich in eine Sexfalle gelockt hatte, hat der Angeklagte da schon gestanden: „Ja, das war so.“ In einem weiteren Fall hingegen wehrt er sich vehement gegen die Vorwürfe, die ihm die Staatsanwaltschaft macht.

Von den Konten einer Bremerin verschwanden Hunderte Euro

Es geht um eine Kinderkrankenschwester aus Bremen, der er für ein erstes Treffen 50.000 Euro versprochen haben soll. Die 29-Jährige sagt: Das Angebot habe sie zunächst befremdet. Doch auch sie habe gerade eine Krise durchlebt: Ihr Vater war gestorben, ein Kurzzeit-Liebhaber hatte sich als Stalker entpuppt. Und so wurde aus dem seltsamen Online-Flirt doch schnell eine Beziehung: Im Sommer 2017 fuhr die brünette Frau jedes Wochenende in die Pfalz. Bis auch sie zur Polizei ging, denn von ihren Konten waren Hunderte Euro abgebucht worden. Den mysteriösen Geldschwund, sagt sie, hatte ihr neuer Freund zunächst mit einem neuen Stalker erklärt: Der verbreite nicht nur private Dinge über sie. Weil er bei einem Kreditinstitut arbeite, kenne er auch ihre Geheimzahlen. Zugleich habe ihr Wochenend-Partner aber versichert: Er habe einen Onkel mit besten Kontakte zu den Hell’s Angels. Und die würden den unheimlichen Fremden bald stoppen. Der Angeklagte hingegen behauptet nun: Das hat sich die Bremerin alles ausgedacht. In Wirklichkeit habe sie ihn einfach mit ihren Karten an den Geldautomaten geschickt.

Weitere Zeugen aus seinem Umfeld sollen ihn entlasten

Belegen sollen das unter anderem zusätzliche Zeugen aus dem Umfeld des 29-Jährigen. Dass er die erst noch vorladen und dem Fall deshalb einen weiteren Verhandlungstag widmen muss, lässt den Frankenthaler Amtsrichter verdrießlich brummeln. Aber immerhin hat er schon eine klare Antwort der Pfälzerin bekommen, die er fragen musste, ob sie wirklich dachte, dass ein Mann für einmal Sex mit ihr 95.000 Euro bezahlt: „Ja, ich hab’ da dran geglaubt. Ich war nicht bei Sinnen, sag’ ich mal.“

Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x