Rheinland-Pfalz Rüben-Revolte

Tanzt aus der Reihe: die Mohrrübe nach heißen Tagen.
Tanzt aus der Reihe: die Mohrrübe nach heißen Tagen.

Kopf ab! Eine andere Konsequenz kann es nicht geben für ein Vergehen, das sich die handelsübliche pfälzische „Gellerieb“ in diesem Sommer hat zu Schulden kommen lassen. Als hätten die Bauern im Gemüsegarten Deutschlands und anderswo nicht schon genug zu leiden gehabt unter dieser nicht enden wollenden Hitze. Die ließ am Ende manches Feld aussehen wie einen Acker in der Sahelzone. Nun also auch noch Sorgen um die Karotte – Sorgen, die im wahrsten Sinne des Wortes an die Wurzel gehen. Die Mohrrübe, für die sich Mensch und Hase der Legende nach gleichermaßen begeistern lassen, sie entwickelte zuletzt ein Eigenleben, das dem Landwirt nicht wirklich schmecken kann. Ein Branchenvertreter aus der südlichen Pfalz, der namentlich nicht genannt werden möchte, brachte die Misere auf Anfrage der RHEINPFALZ zur Sprache: Ein Teil seiner Karotten, sagte er, sei zu lang geraten und passe deshalb nicht mehr in die für sie vorgesehene und streng genormte Supermarkt-Plastikschale, die üblicherweise eine Größe von 22 Zentimetern aufweise. Die Rüben-Revolte gegen die (Super)-Marktwirtschaft und den Klimawandel – sie kommt für Agrarökonomen zur Unzeit. Denn neben relevanten Teilen ihrer Ernte können sich einige Bauern jetzt auch noch einen Teil ihrer Karotten sonst wohin stecken. Wie konnte es nur so weit kommen?, mag sich auch manch zerknirschter Karottenkonsument an seinem zunächst von den Grünen geforderten und dann heftig belächelten donnerstäglichen Rohkosttag fragen? Die Antwort darauf macht deutlich, wie viel schlauer als der Mensch die Natur ist. Die Gellerieb zeichnet sich wie die meisten Pfälzer durch einen recht durstigen Charakter aus. In Landwirtschaftsbetrieben, die nicht dauerhaft bewässern, findet die naturbelassene Mohrrübe die Flüssigkeit aber nicht mehr in der Nähe der Oberfläche, sondern in tieferen Regionen des Bodens. In die gelangt sie aber nur, wenn sie sich streckt wie ein pfälzischer Schluckspecht am Schorlestand. Mit anderen Worten: Wenn sie immer weiter nach unten wächst. Offenbar nicht mehr geschert hat sich unsere Gellerieb zuletzt bei 36 Grad Celsius um die bürokratischen Vorgaben des Verpackungsmaßes. Kaum noch daumendick, dafür aber ellenlang wird sie bei anhaltender Hitze zukünftig sein – unsere Karotte. Damit müssen wir klarkommen. Einschränkend muss an dieser Stelle angeführt werden, dass weite Teile der Vorderpfalz für Landwirte noch immer eine Art Schlaraffenland darstellen. Hier profitere man „von der wunderbaren Möglichkeit der Bewässerung“ durch den Beregnungsverband, wie es Hans-Jörg Friedrich, Vorstand des Mutterstadter Pfalzmarktes, gegenüber der RHEINPFALZ ausdrückt. Das Wasser aus einem Altrheinarm lindert viele Sorgen. Hier hat die Karotte also noch Normalmaß. Doch nicht jeder Betrieb liegt innerhalb dieser 13.500 Hektar großen Fläche. Die Wasser-Not beginnt in den Randgebieten. Nur: Was kann die Lösung sein für diese Sorgen zu Beginn der von einigen Wissenschaftlern prognostizierten Heißzeit? Noch größere Plastikverpackungen für die weltweiten Ozeane? Nachdem Supermarktbesucher jüngerer Generationen ohnehin schon davon ausgehen müssen, dass der Plastikstrumpf, in dem etwa Salatgurken daher kommen, bereits in der Natur um die Gurke herum gewachsen ist, ist der Weg nicht mehr weit zur einzeln verpackten Karotte im Zellophanmantel. Eine zumindest etwas nachhaltigere Alternative zum Plastik gäbe es noch, die eingangs bereits genannt wurde – Kopf ab. In diesem Fall: Rübe ab.

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