Rheinland-Pfalz Nadelöhr Mittelrhein Problem für Binnenschifffahrt

Vater Rhein zieht sich immer weiter in sein Flussbett zurück. Dadurch werden Ausflüge in Bereiche möglich, die sich sonst trocke
Vater Rhein zieht sich immer weiter in sein Flussbett zurück. Dadurch werden Ausflüge in Bereiche möglich, die sich sonst trockenen Fußes nicht erreichen lassen.

Der Rhein hat am Pegel Kaub seinen bisher niedrigsten Wasserstand unterschritten. Güter können nur noch in sehr eingeschränktem Umfang über diese Verkehrsader transportiert werden. Seit Langem fordern Binnenschiffer eine Vertiefung dieses Flussabschnitts.

Noch fahren Schiffe auf dem Mittelrhein, sagt Florian Krekel vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Bingen. Das gilt sogar für einige größere Pötte. So kam gestern um die Mittagszeit ein Schubverband mit einer Kapazität von 10.000 Tonnen aus Karlsruhe den Rhein hinunter. Um angesichts der niedrigen Wasserstände seinen Tiefgang zu verringern, war er aber nur noch mit 1800 Tonnen beladen. Das treibt die Kosten enorm in die Höhe. „Jetzt wird nur noch dringende Fracht per Schiff transportiert“, weiß der stellvertretende WSA-Leiter. Grund ist die seit Monaten anhaltende Trockenheit. Inzwischen purzeln selbst die Niedrigwasser-Rekorde aus dem Hitzesommer-Jahr 2003: Bei Kaub wurden gestern die damals gemessenen 35 Zentimeter locker unterboten. „Fällt der Wasserstand am Pegel Kaub unter 40 Zentimeter, können nur noch drei unserer Schiffe fahren“, erklärt Heinrich Kerstgens, einer der Geschäftsführer des Logistik-Dienstleisters Contargo, auf Anfrage. Und die drei können auch nur deshalb noch fahren, weil sie von relativ kleinen Propellern angetrieben werden und nur mit 20 bis 25 statt mit bis zu 500 Containern beladen seien. Zum Vergleich: Bei „normalen“ Wasserständen sind laut Kerstgens auf dem Rhein zwischen Basel und Emmerich 36 Schiffe für Contargo unterwegs.

Forderung: Engstelle beseitigen

Solange die Wasserstände zwar niedrig, aber noch nicht so extrem niedrig wie derzeit waren, fingen die Unternehmen die geringere Transportleistung durch den Einsatz zusätzlicher Schiffe auf. Außerdem wurden und werden – soweit dafür noch Kapazitäten zu bezahlbaren Preisen verfügbar sind – Rohstoffe und Waren auf Züge und Lkw verladen. Contargo hat nach Kerstgens Worten eine Landbrücke von den Terminals am Oberrhein bis nach Emmerich am Niederrhein eingerichtet, wo die Binnenschiffe wieder übernehmen. Die Züge rollen sogar direkt in die Seehäfen Rotterdam und Amsterdam. Der Pegel Kaub ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil die Fahrrinne zwischen Mainz (genauer: Budenheim-Niederwalluf) und St. Goar 20 Zentimer flacher ist als in den Flussabschnitten davor und dahinter. Das macht den Mittelrhein zu einem problematischen Nadelöhr für die Binnenschiffer. Deren Bundesverband appelliert denn auch seit Jahren an die für die schiffbaren Flüsse zuständige Bundesregierung, diese Engstelle auf der „mit Abstand wichtigsten Wasserstraße im Bundesgebiet“ zu beseitigen. Unterstützt werden die Binnenschiffer in ihrer Forderung von den Landesregierungen Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg: Eine solche Vertiefung „ist dringend erforderlich“, heißt es etwa im Mainzer Verkehrsministerium. Während beim Bau neuer Straßen das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht selten nur wenig über 1 liege, werde es für dieses Vorhaben mit 30,7 beziffert. Damit zumindest mal die Planung für eine Fahrrinnen-Vertiefung am Mittelrhein anlaufen kann, haben die vier Länder im Mai in einer gemeinsamen Resolution an den Bund eine deutliche Personalaufstockung bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung für dieses Projekt gefordert. „Im Entwurf des Bundeshaushaltes 2019 sind nun immerhin zusätzliche Stellen vorgesehen“, so das Mainzer Verkehrsministerium gestern.

Kein Fährbetrieb mehr in der Pfalz

Eine solche Vertiefung würde laut Ministerium bedeuten, dass jedes Binnenschiff etwa 200 Tonnen mehr Landung transportieren könnte. Derzeit würde aber selbst eine solche Vertiefung nur wenig bringen, heißt es in der Branche. Bei dem momentan wenigen Wasser in der Fahrrinne hätten die großen Schubverbände Probleme, aneinander vorbeizukommen. Davon abgesehen leiden vielerorts auch die Fährbetreiber unter dem Niedrigwasser. Inzwischen haben allein am Pfälzer Rheinabschnitt die Fähren bei Altrip, Brühl (Kollerfähre), Leimersheim und Neuburg den Betrieb eingestellt. Wem die Suche nach freien Transport-Alternativen derzeit kein Kopfzerbrechen bereitet, der mag dem Niedrigwasser am Rhein auch positive Seiten abzugewinnen. „Neuer Strand im Binnenland“ überschrieb ein Mitarbeiter der Koblenzer Bundesanstalt für Gewässerkunde vor wenigen Tagen seinen Lagebericht. Diese neuen Strände und Sandbänke, die zunehmend im Fluss auftauchen, locken diverse Ausflügler an. Eile für solche Exkursionen ist derzeit nicht geboten: Ergiebige Regenfälle, die den Fluss wieder auffüllen könnten, sind nach wie vor nicht in Sicht. Entsprechend weist der Trend bei den Pegeln weiter leicht abwärts.

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