Rheinland-Pfalz Mutmaßlicher „Hitlergruß“: Bürgermeister will Ex-RNV-Mitarbeiter aus Rat ausschließen

«Altrip/Ludwigshafen.» Unter den nach Rassismus-Vorwürfen gefeuerten Beschäftigten der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) ist ein Straßenbahn-Fahrer, der schon lange politisch aktiv ist. Früher war der Pfälzer Landeschef der Rechtsaußen-Partei DVU, mittlerweile sitzt er im Rhein-Pfalz-Kreis in einem Ortsgemeinderat. Doch dieses Mandat könnte er jetzt verlieren.

An seiner linken Hand baumelt eine schwarze Aktentasche, seinen rechten Arm reckt er schräg nach oben: Das unscharfe Bild zeigt einen Mann, der sich von seinen Kollegen im Pausenraum mit einem „Hitlergruß“ zu verabschieden scheint. Die Aufnahme gehört zu dem brisanten Material, das ein früherer RNV-Mitarbeiter erst ins Internet stellte und dann der Nahverkehrsgesellschaft überließ.

Heimlich gefilmte Filmsequenzen

Die ist für den Bus- und Straßenbahnverkehr in Ludwigshafen, Mannheim und Heidelberg sowie auf der Rhein-Haardtbahn-Strecke nach Bad Dürkheim zuständig. Und die heimlich gefilmten Sequenzen lieferten unter anderem Anhaltspunkte dafür, dass Angestellte sich ausländer- und behindertenfeindlich geäußert, aber auch weibliche Fahrgäste sexuell genötigt hatten. Die RNV engagierte daraufhin externe Aufklärer um die Mannheimer Anwältin Ruhan Karakul, die vor wenigen Tagen das Ergebnis ihrer Untersuchung präsentierten.

Fünf Mitarbeiter wurden entlassen

Demnach wurde ein Betroffener abgemahnt und versetzt, fünf weitere wurden entlassen. Unter ihnen ist auch der Mann mit der Aktentasche und dem schräg nach oben gereckten Arm. Die „Bild“-Zeitung machte daraufhin öffentlich, wer auf dem Bild den mutmaßlichen „Hitlergruß“ zeigt: Hans Dieter Liederwald, einst rheinland-pfälzischer Landesvorsitzender der Deutschen Volksunion (DVU). Diese Rechtsaußen-Partei fand sich früher alljährlich im Verfassungsschutzbericht, doch der vermeldete zuletzt vor allem, wie ihr Landesverband dahinschwand.

Der Altriper wollte nicht in die NPD

2008 zählte der Inlandsgeheimdienst noch 300 Mitglieder, zwei Jahre später war noch ein Drittel übrig. Danach wurde nicht mehr weitergezählt, die kümmerlichen DVU-Reste hatten sich mit der NPD zusammengeschlossen. Liederwald allerdings wollte da nicht mitmachen. Er verlegte sich auf die Kommunalpolitik, schaffte es 2009 in den Rat seines Wohnorts Altrip (Rhein-Pfalz-Kreis). Fünf Jahre später trat er dann als Kandidat einer neuen DVU Rhein-Pfalz an. Und im Wahlkampf arbeitete er offen mit dem „Aufbruch Deutschland“ zusammen.

Rechtsextreme helfen im Kommunalwahlkampf

Diese auf der badischen Rheinseite verwurzelte Gruppe forderte damals im Internet: „Nationaler Sozialismus, jetzt!“ Und ihr Sprecher ließ klar erkennen, dass er das Grundgesetz ablehnt. Liederwald schaffte es trotzdem, 3,5 Prozent der Altriper Stimmen zu holen und so seinen Sitz zu verteidigen. Doch der ist jetzt in Gefahr: Wegen des Bilds mit dem schräg nach oben gereckten Arm will Bürgermeister Jürgen Jacob den gefeuerten Straßenbahn-Fahrer auch aus dem Ortsgemeinderat ausschließen lassen, heute Abend sollen die Fraktionen dazu Stellung nehmen.

Ratsmitglieder besser vor Kündigung geschützt

Schließlich steht in der Gemeindeordnung: „Wer durch Wort oder Tat die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Verfassung für Rheinland-Pfalz bekämpft, ist der Stellung eines Ratsmitglieds unwürdig.“ Doch wenn Liederwald tatsächlich sein Mandat verliert, könnte das für ihn nicht nur politische Folgen haben. Denn in Rheinland-Pfalz, aber auch am baden-württembergischen RNV-Hauptsitz Mannheim gelten Landesgesetze, die Kommunalpolitiker besser vor Kündigungen schützen als Normalbürger.

Der Altriper schweigt zu den Vorwürfen

Und um seinen Arbeitsplatz als Straßenbahn-Fahrer will der Altriper noch vor dem Arbeitsgericht kämpfen. Diesen schwelenden Rechtsstreit führt er auch als Grund dafür an, dass er derzeit zu den Vorwürfen schweigt. Dazu kommt: Ihm droht obendrein Ärger mit der Mannheimer Staatsanwaltschaft. Denn die ermittelt nicht nur gegen vier Beschuldigte, die als RNV-Mitarbeiter Frauen sexuell belästigt haben sollen. Die Anklage-Behörde hat mittlerweile auch insgesamt 16 Ermittlungsverfahren wegen politischer Delikte wie Volksverhetzung eingeleitet.

Stafbarkeit der Geste muss noch geprüft werden

So lässt es sich juristisch zum Beispiel einordnen, wenn jemand öffentlich den „Hitlergruß“ gezeigt hat. Doch ob Liederwalds Geste tatsächlich strafbar war, muss erst noch geprüft werden. Ein Verteidiger des Altripers könnte beispielsweise vorbringen, dass er sie nicht in der Öffentlichkeit, sondern doch eher in trauter Runde gezeigt habe. Oder dass er ohnehin etwas ganz anderes gemeint habe, als er seinen rechten Arm so schräg nach oben reckte.

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