Rheinland-Pfalz Ludwigshafen: Bilanz der Ära Lohse

Bei einem von 1000 Gästen besuchten Festakt im Pfalzbau wurde Eva Lohse am 12. Dezember verabschiedet. Sie sei „ein Glücksfall“
Bei einem von 1000 Gästen besuchten Festakt im Pfalzbau wurde Eva Lohse am 12. Dezember verabschiedet. Sie sei »ein Glücksfall« für Ludwigshafen gewesen, sagte CDU-Landeschefin Julia Klöckner über Lohse.

Ludwigshafen hat sie mehr als anderthalb Jahrzehnte ihren Stempel aufgedrückt und das Gesicht der Stadt verändert: In drei Tagen endet die Ära Eva Lohse (CDU). Als Oberbürgermeisterin hat sie viel bewegt, auch wenn ihr nicht alles gelungen ist. Als Präsidentin des Deutschen Städtetags hat sie sich bundesweit einen Namen gemacht. Eine Bilanz.

«Ludwigshafen.»16 Jahre – so lange wie ihr einstiger Mentor Helmut Kohl die Republik regierte, so lange lenkte Eva Lohse ab 2002 die Geschicke Ludwigshafens. Doch im Gegensatz zu dem im Juni verstorbenen Altkanzler bestimmte die Verwaltungsjuristin ihren Abgang von der politischen Bühne selbst. Am 16. November 2016 erklärte die damals frischgebackene Großmutter, dass sie keine dritte Amtszeit anstrebt, um mehr Zeit für ihre Familie zu haben. Dieser Schritt hat ihr viel Respekt eingebracht. Der CDU indes hat der Rückzug ihrer Galionsfigur den OB-Titel in der mit 170.000 Einwohnern zweitgrößten Stadt in Rheinland-Pfalz gekostet. Bei der Stichwahl am 15. Oktober unterlag Unionskandidat Peter Uebel (53) der Sozialdemokratin Jutta Steinruck (55), die am 2. Januar ihre Arbeit aufnimmt. Für die Stadt ist es eine Zäsur.

Bilanz kann sich sehen lassen

Lohses Bilanz kann sich freilich sehen lassen: Als erste direkt gewählte OB in Ludwigshafen hat sie viel richtig gemacht. Die 61-Jährige hat ihre Heimatstadt durch ihre charmante und verbindliche Art vor allem exzellent repräsentiert. Das bescheinigen ihr sogar politische Gegner. Lohse hat Ludwigshafen zudem an den Rhein gerückt und mit der hochwertigen Bebauung am Flussufer zugleich ein attraktives Wohnumfeld geschaffen. Mit der Firma Vögele, dem Weltmarktführer für Straßenfertiger, und der Großbäckerei Görtz hat Lohse Unternehmen nach Ludwigshafen gelockt, die den Ruf der Stadt als Wirtschaftsmotor der Pfalz untermauerten. Ihr größter Coup war indes der Bau der Rhein-Galerie. Seit der Eröffnung im Herbst 2010 strömten über sechs Millionen Menschen in das Einkaufszentrum mit dem futuristischen Dach. Letztlich war es Lohses Verdienst, dass der Projektentwickler ECE am Zollhofhafen vor Anker ging. Beim Festakt zu ihrem Abschied am 12. Dezember vor 1000 Gästen im Pfalzbau deuteten Insider mehrfach an, dass es am Ende Lohse war, die die Manager aus Hamburg um den Finger wickelte und davon überzeugte, hier 220 Millionen Euro zu investieren.

Regionaler Star ohne Allüren

Ein Besuchermagnet ist auch das Festival des Deutschen Films auf der Parkinsel, das sich unter Lohse nach der Berlinale als das zweitgrößte in Deutschland etabliert hat – mit zuletzt weit über 100.000 Gästen. Im Frühjahr übernimmt Lohse den ehrenamtlichen Vorsitz des 174 Mitglieder zählenden Förderkreises. Ein regionaler Star ohne Allüren, dem seine Außenwirkung aber durchaus bewusst ist – diese Rolle verkörperte Lohse glänzend. Sie war das lächelnde Gesicht der Stadt, die sich heute moderner präsentiert als vor Jahren. Leicht gemacht hat Lohse das Regieren die dominierende große Koalition aus SPD und CDU. Wer im Rathaus die Hosen anhat, ließ Lohse die Opposition gelegentlich spüren.

Augenmerk auf Finanznöte

Als Präsidentin des Städtetags – seit Mitte 2015 bis zum Jahresende – lenkte Lohse das Augenmerk auf die Finanznöte mittelgroßer Städte. Kein anderer Vertreter des kommunalen Spitzenverbands war so oft zu Gast im Kanzleramt. Ludwigshafen könne stolz sein auf diese Tochter, sagte Angela Merkel in einer Videobotschaft zu Lohses Abschied. Dass Lohse im Vorjahr kurzzeitig fürs Bundespräsidenten-Amt gehandelt wurde, zeigt die Wertschätzung, die sie bis nach Berlin genießt. Die CDU-Politikerin hätte wohl auch Ministerpräsidentin werden können, wäre sie im richtigen Moment dem Ruf nach Mainz gefolgt. Selbst wenn Lohse stets betonte: „Mein Platz ist in Ludwigshafen.“ Dass sie kompromisslos durchgreifen kann, bewies Lohse 2005, als ein später verurteilter Manager des städtischen Klinikums Millionen veruntreute und die Aufsichtsratsvorsitzende mit der Ankündigung, ihn zu feuern, den Bruch der Koalition riskierte. Haltung zeigte sie auch bei der Brandkatastrophe 2008, als neun Menschen türkischer Herkunft in einem Haus starben. Nach den Löscharbeiten umarmte sie einen Feuerwehrmann. Eine unvergessene Geste. „Sie haben damals uns alle umarmt. Sie gehören zur Familie“, sagte Stefan Limburg – damals im Einsatz, inzwischen Personalratschef der 4000 Mitarbeiter zählenden Stadtverwaltung – zu Tränen gerührt beim Festakt.

Schuldenberg erhöht

Doch Lohse ist nicht alles gelungen. Seit ihrem Amtsantritt hat sich der Schuldenberg der Stadt um 700 Millionen auf 1,2 Milliarden Euro erhöht. Die Innenstadt ist nach wie vor ein Kernproblem. Für das Sterben des Einzelhandels machen viele die Rhein-Galerie verantwortlich. Und damit ausgerechnet jenes Projekt, das als Glanzstück der Ära Lohse gilt. Das Ludwigshafener Jahrhundertprojekt – der mindestens 300 Millionen Euro verschlingende Abriss der Hochstraße Nord – übergibt Lohse an ihre Nachfolgerin. Auf den letzten Metern ihrer Amtszeit verbuchte sie noch einen Erfolg. Das Fördergeld des Bundes tütete sie im August rechtzeitig vor der Bundestagswahl ein. „Das war der Durchbruch“, jubelte Lohse.

Eva Lohse mit Nachfolgerin Jutta Steinruck bei der Übergabe der Ernennungsurkunde.
Eva Lohse mit Nachfolgerin Jutta Steinruck bei der Übergabe der Ernennungsurkunde.
Eva Lohse mit Kanzlerin Angela Merkel bei einem Treffen der kommunalen Spitzenverbände.
Eva Lohse mit Kanzlerin Angela Merkel bei einem Treffen der kommunalen Spitzenverbände.
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