Rheinland-Pfalz Land und Behindertenwerkstätten im Rechtsstreit um Prüfrecht offenbar einig

Die 36 Behindertenwerkstätten bekommen in diesem Jahr knapp 260 Millionen Euro vom Land.
Die 36 Behindertenwerkstätten bekommen in diesem Jahr knapp 260 Millionen Euro vom Land.

«MAINZ.» Der Rechtsstreit zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und den Trägern der Behindertenwerkstätten ist offenbar beigelegt. Einzelheiten zu der Einigung wurden gestern allerdings nicht genannt.

Eine Sprecherin des Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung hatte zunächst über die Einigung informiert. Demnach ist ein außergerichtlicher Vergleich mit der Westeifel Werke GmbH unterzeichnet worden. Das Land habe seine Klage beim Sozialgericht Trier gegen diesen gemeinnützigen Träger bereits zurückgezogen. Ziel sei nun, in naher Zukunft entsprechende Vergleiche auch mit den anderen 35 beklagten Trägern von Behindertenwerkstätten im Land unter Dach und Fach zu bringen. Sowohl das Sozialministerium als auch zwei Verbände der Behindertenwerkstätten bestätigten den Vergleich, wollten sich gestern jedoch nicht zu Einzelheiten äußern. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Behindertenwerkstätten, Marco Dobrani, zeigte sich irritiert. Das Land und die Werkstätten hätten vereinbart, sich erst nach Abschluss aller Vergleiche öffentlich zu äußern. Für den heutigen Donnerstag hat das Sozialministerium eine Pressekonferenz zusammen mit Vertretern der Werkstätten angekündigt.

Landesrechnungshof hatte 2015 den Konflikt losgetreten

Das Land hatte im vergangenen Jahr alle 36 Werkstätten verklagt, um diese auch ohne bestimmten Anlass auf ihre Wirtschaftlichkeit überprüfen zu können. Nach Ansicht der Werkstätten fehlt dafür die rechtliche Grundlage. Vor allem fehle eine Rahmenvereinbarung über den Einsatz der Zuschüsse, die als Maßstab von Prüfungen dienen könnte. Der Konflikt wurde 2015 vom Landesrechnungshof losgetreten. Die Behindertenwerkstätten bekommen vom Land und von den kommunalen Sozialhilfeträgern Zuschüsse in dreistelliger Millionenhöhe. In diesem Jahr werden es knapp 260 Millionen Euro sein. In den Einrichtungen arbeiten landesweit rund 15.000 Menschen. In seinem Prüfbericht 2015 hat der Rechnungshof die seit Jahrzehnten geübte Ausgabenpraxis beanstandet: Rheinland-Pfalz fördere eine im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr üppige Personalausstattung. Vor allem jedoch werde seit Jahrzehnten versäumt, die Notwendigkeit der Zahlungen zu überprüfen. Seither beschäftigt das Thema immer wieder den Landtag. Die Rechnungsprüfungskommission, in der Haushaltspolitiker aller Fraktionen sitzen und die hinter verschlossenen Türen tagt, hat zweimal einstimmig gefordert, dem Rechnungshof ein Prüfungsrecht einzuräumen. Die Sozialpolitiker in den Reihen der Regierungsparteien SPD, FDP und Grüne lehnen dies ab. Sie wollen genau wie Sozialministerin Bätzing-Lichtenthäler (SPD) die Kontrollen dem Landesamt für Soziales beziehungsweise den Kommunen als Zuschussgeber überlassen. Mit den 16 Klagen gegen die Werkstätten wollte das Ministerium das Prüfrecht durchsetzen.

Landesamt für Soziales soll jederzeit prüfen dürfen

Allerdings wird die Frage wohl unabhängig vom Ausgang des derzeitigen Rechtsstreits entschieden. Nach der Sommerpause will Bätzing-Lichtenthäler dem Landtag einen Gesetzentwurf vorlegen, mit dem die Unterstützung für Menschen mit Behinderung auf eine neue Grundlage gestellt werden soll. Dabei soll das Landesamt für Soziales gesetzlich verbrieft das Recht erhalten, jederzeit und ohne besondere Verdachtsmomente zu prüfen, ob die landesweit rund 750 Einrichtungen der Eingliederungshilfe und damit auch die Werkstätten die jeweils zugesagten Leistungen ordentlich erbringen. Die CDU-Opposition bleibt bei ihrer Forderung, dem Rechnungshof dieses Prüfrecht einzuräumen. Der Rechnungshof selbst fordert dies auch und verweist auf die Beispiele anderer Bundesländer. Es gehe um nahezu eine Milliarde Euro staatliche und kommunale Zuschüsse, die bisher ohne unabhängige Kontrolle bezahlt würden, so die Argumentation der Speyerer Kassenprüfer.

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