Rheinland-Pfalz Kommentar: Geschockt und dankbar

Nachdem der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sich am Unglücksort ein Bild gemacht hatte, sprach er aus, was viele dachten und fühlten: „Wir haben Glück gehabt, dass nicht mehr passiert ist und niemand gestorben ist.“ Der Schock mischt sich mit großer Dankbarkeit. Doch jetzt muss aufgeklärt werden, wie es zu dieser Beinahe-Katastrophe kommen konnte. Denn seit Samstag kursieren viele Spekulationen: War es menschliches Versagen, waren es Sicherheitsmängel? Der SWR präsentierte einen angeblich erfahrenen Lokführer, der vermummt und mit dem Rücken zur Kamera davon sprach, dass die Einfahrt in den Mannheimer Hauptbahnhof eine heikle Aufgabe sei: Es erfordere große Aufmerksamkeit, wenn man dort auf die große Signalwand zufahre. Der Mannheimer Bahnhof mit seinen zehn Gleisen eine Gefahrenquelle? Bahn-Konzernbevollmächtigter Eckart Fricke wollte das nicht kommentieren und verwies auf die laufenden Untersuchungen. Der Vorgang zeigt, wie jetzt Vermutungen und Mutmaßungen sprießen und mitunter sicherlich übers Ziel hinausschießen. Aber: Je nach Ausgang der Ursachenforschung wird sich die Deutsche Bahn erneut der Debatte um die Sicherheit auf ihrem Netz stellen müssen. Vorstandschef Rüdiger Grube selbst hatte vor einigen Monaten von einer dramatischen Unterfinanzierung gesprochen. Den Investitionsbedarf bei Gleisen, Weichen und Stellwerken bezifferte er auf 30 Milliarden Euro. Dass trotz dieses Investitionsstaus immer noch die Sicherheit garantiert ist, wie die Bahn sagt, ist für manche nur schwer zu glauben. Auch deshalb muss die Ursache des Mannheimer Unglücks gefunden werden.

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