Rheinpfalz Grüne wollen Sitzenbleiben abschaffen

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(kad). Leistungsschwächere Schüler sollten in der Schule mehr individuelle Förderung erfahren. Das Instrument des Sitzenbleibens sei nicht zielführend, sagt Eveline Lemke, Spitzenkandidatin der rheinland-pfälzischen Grünen für die Landtagswahl am 13. März: „Es bedeutet Ausgrenzung, und es benötigt viel Arbeit, Kinder wieder aufzurichten.“ Lemke war gestern Gast in der Redaktionskonferenz der RHEINPFALZ.

LUDWIGSHAFEN Wenn Schulkarrieren durch Sitzenbleiben geprägt werden und dadurch, dass Kinder von der Schule fliegen, besteht nach Lemkes Worten die Gefahr, dass diese Schüler später als Erwachsene in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt scheiterten. Sie räumte ein, dass ein solcher Wechsel für Lehrer schwierig sei. Deshalb seien pädagogische Konzepte nötig, die individuell auf die Begabungen der Kinder eingehen. Das gilt nach ihren Worten auch für die Inklusion, das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Beeinträchtigungen. Sie plädierte dafür, mehr Lehrer einzustellen (siehe dazu Bericht auf der Titelseite). Zum umstrittenen Thema „Einheitsschule“ sagte Lemke: „Wir wollen Ruhe in die Schuldebatte bringen. Wo es an Qualität fehlt, müssen wir nachsteuern.“ Als Wirtschafts- und Energieministerin hat Lemke in den vergangenen fünf Jahren die Energiewende im Land vorangetrieben. Als nächstes planen die Grünen eine „Wärmewende“, um CO2 einzusparen und das Klima zu schützen. Bei der Entwicklung neuer oder der Sanierung bestehender Wohnquartiere sollen Nahwärmenetze aufgebaut werden. Erzeugt werden soll diese Wärme mittels regenerativer Energiequellen in Blockheizkraftwerken. Das Land unterstützt derzeit bereits Projekte dieser Art. Für Hausbesitzer, die eine Gas-, Öl-, oder Pelletheizung haben, ändere sich zunächst nichts. Nach Lemkes Worten könnte diese Wärmewende ein regelrechtes Konjunkturprogramm darstellen. Einen Schub für die Konjunktur erwartet die Spitzenkandidatin auch durch die Zuwanderung der Flüchtlinge und deren Integration. Lemke fordert, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) fünf der neun Milliarden Euro Überschuss im Bundeshaushalt für diesen Zweck zur Verfügung stellen soll: „Das Geld ist gut investiert; die Flüchtlinge werden am Ende unsere Sozialkassen auffüllen.“ Die Dauer des Integrationsprozesses gab sie mit fünf bis acht Jahren an. Die vor allem von der CDU geforderte Begrenzung des Aufenthalts lehnt Lemke ab. Viele Kriegsflüchtlinge würden ohnehin wieder nach Hause wollen, aber das solle ihnen überlassen bleiben. Vor fünf Jahren sind die Grünen aus der außerparlamentarischen Opposition mit 15,2 Prozent in den Landtag und sofort als Juniorpartner der SPD in die Regierung gewählt worden. Wenige Wochen vorher war die Atomkatastrophe in Japan. Nach jüngsten Umfragen werden der Partei acht Prozent der Wähleranteile zugetraut. Dass es den Grünen in Baden-Württemberg gelungen ist, die hohen Zustimmungswerte von mehr als 25 Prozent weiter auszubauen, hat nach Lemkes Worten viel mit der Persönlichkeit von Ministerpräsident Winfried Kretschmann zu tun. Er werde als Beschützer angesehen. „Ich bin keine Vaterfigur“, sagt Lemke. Dass mit ihr erstmals eine Frau Wirtschaftsministerin in Rheinland-Pfalz wurde, habe vielmehr eine „Kulturveränderung“ dargestellt. Die Grünen wollen – ebenso wie die SPD – das rot-grüne Regierungsbündnis nach der Wahl weiterführen, nach den jüngsten Umfragen wird das Wahlergebnis aber allenfalls für ein Dreierbündnis oder für eine große Koalition aus CDU und SPD ausreichen. Lemke schloss weder ein Bündnis mit der CDU noch ein Dreierbündnis aus: „Ausschlüsse verbauen Wege“. Es gelte aber auch auszuloten, welchen „Schmerz“ die Partei ertrage. Die Positionen von den Grünen und der CDU sind insbesondere in der Flüchtlingsfrage weit auseinander. Info Bisher waren diese Spitzenkandidaten in der RHEINPFALZ-Redaktionskonferenz zu Gast: Jochen Bülow (Linke), Ausgabe vom 3. Februar / Malu Dreyer (SPD), 4. Februar / Volker Wissing (FDP), 5. Februar / Uwe Junge (AfD), 13. Februar / Georg Krist und Marion Schleicher-Frank (Freie Wähler), 15. Februar / Julia Klöckner (CDU), 19. Februar. Nachzulesen unter: www.rheinpfalz.de/landtagswahl-2016/

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