Rheinland-Pfalz Dorfhochzeit mit AfD erzürnt CDU

M. Schirdewahn
M. Schirdewahn

«Frankenstein». Der Zusammenschluss mit der AfD verstoße gegen Beschlüsse der Bundes-CDU, argumentieren die Christdemokraten auf Kreis- wie auf Landesebene. Im Dezember hat sich der CDU-Bundesparteitag in Hamburg klar gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD und mit den Linken ausgesprochen. Die Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat dies jüngst noch einmal bekräftigt. Deshalb wollen die Christdemokraten im Kreis und im Land die Frankensteiner CDU-Vorsitzende notfalls aus der Partei ausschließen. Ganz überraschend kommt der Fall indes nicht: Schon vor der Kommunalwahl am 26. Mai, die Monika Schirdewahn ein Mandat für die CDU und ihrem Mann Horst Schirdewahn eines für die AfD bescherte, sorgte deren Wirken vor Ort für Aufsehen. Immer wieder waren Flugzettel aufgetaucht, teils von Horst Schirdewahn unterzeichnet, in denen vor allem der Ortsbürgermeister Eckhard Vogel (FWG), aber auch die Verwaltung angegriffen wurde. Das Ehepaar wohnt im Wochenendhausgebiet Schliertal und kämpft seit Jahrzehnten für eine Erschließung mit Wasser. Juristisch war es in dieser Sache letztlich unterlegen. Monika Schirdewahn hatte den CDU-Ortsverband neu gegründet und wurde dessen Vorsitzende. Für die Christdemokraten kandidierte sie als Ortsbürgermeisterin, erhielt aber nur 18,1 Prozent der Stimmen. Bei der Wahl zum Gemeinderat hatte sie jedoch Erfolg. Ebenso wie ihr Mann. Die beiden sitzen nun neben zehn FWG-Vertretern im Rat. Die SPD, die bisher die zweite Fraktion stellte, war nicht mehr angetreten. Vor allem die Schließung der Grundschule durch das SPD-geführte Mainzer Bildungsministerium gegen heftigen Widerstand vor Ort brachte einige Frankensteiner Sozialdemokraten dazu, sich von der SPD abzuwenden. Die personelle Bindung aus CDU und AfD sollte nicht aufs Familiäre beschränkt bleiben: Die beiden unterrichteten Ortsbürgermeister Vogel nun, dass sie eine Fraktion namens „Fortschritt Frankenstein“ gebildet haben. Dies brachte bei der CDU das Fass zum Überlaufen: War die Kreis-CDU schon im Wahlkampf immer wieder mit Bitten um sachlicheren Wahlkampf an das Paar herangetreten – auch CDU-Landrat Ralf Leßmeister hatte Einhalt geboten –, so ist für den CDU-Kreisvorsitzenden Marcus Klein nun eine rote Linie überschritten: „Die Bildung einer Koalition mit der AfD verstößt gegen Beschlüsse der CDU und ist parteischädigend. Deshalb habe ich Frau Schirdewahn aufgefordert, davon Abstand zu nehmen. Oder zumindest ihre Mitgliedschaft ruhen zu lassen.“ Dass sie dies nicht tun werde, sondern „mit ganzem Herzen CDU-Mitglied“ bleibe, machte jedoch die Frankensteinerin – die vor vielen Jahren schon mal für die SPD kandidiert hatte – deutlich. In ihrer Antwort wies sie ausgiebig auf die fehlende Trinkwasserversorgung im Schliertal hin. „Eine Partei zu kapern, um die Interessen im Schliertal durchzusetzen – das geht nicht“, kommentiert Kreisvorsitzender Klein dies. Auch auf Anfrage der RHEINPFALZ begründet Monika Schirdewahn die Gründung der Fraktionsgemeinschaft mit der Trinkwassersituation. Orts- wie Verbandsbürgermeister verstießen gegen das Menschenrecht auf Wasser, argumentiert sie. Kreisvorsitzender Klein lässt derzeit von der CDU-Zentrale in Berlin prüfen, ob ein Parteiausschluss möglich ist. Ganz einfach ist dies nicht, erläutert der Jurist: „Wegen parteischädigenden Verhaltens kann ein Mitglied ausgeschlossen werden. Als parteischädigend gilt unter anderem, wer für die CDU in den Rat gewählt wird und sich nicht der Fraktion anschließt. Das Problem: Es gibt hier keine CDU-Fraktion.“ Ob nun die Bildung einer Fraktion mit der AfD als parteischädigend gilt, sei unklar. Bundesweit hat in der vergangenen Woche ein ähnlicher Fall an der Mecklenburgischen Seenplatte die CDU aufgeschreckt: In der Kleinstadt Penzlin haben drei Stadtverordnete der CDU eine „Zählgemeinschaft“ mit dem Vertreter der AfD gebildet, um damit mehr Sitze bei der Besetzung der Ausschüsse zu erhalten. Der CDU-Generalsekretär von Mecklenburg-Vorpommern, Wolfgang Waldmüller, hat den Vorgang nach Medienberichten heruntergespielt. Er hätte zu dieser „Zählgemeinschaft“ zwar nicht geraten, es handele sich aber nicht um eine Zusammenarbeit, nur um ein Zweckbündnis für einen Tag. Deutlichere Worte wählt dagegen der designierte Generalsekretär der rheinland-pfälzischen CDU, Gerd Schreiner, zum Fall in Frankenstein. Als er vor wenigen Tagen von Klein, mit dem er noch in der vergangenen Legislaturperiode gemeinsam im Landtag saß, über den Fall informiert wurde, sei er sofort alarmiert gewesen. „Wir können und wir werden das nicht dulden, dass ein CDU-Mitglied mit der AfD eine Fraktionsgemeinschaft bildet. Das widerspricht allem, was uns wichtig ist und was wir beschlossen haben.“ Dass es sich bei den Schirdewahns um ein Ehepaar handelt, könne den Schritt zwar erklären, mache ihn aber nicht besser. Im Land gebe es keinen weiteren Fall. Der AfD-Landesverband dagegen beurteile die Zusammenarbeit mit der CDU auf kommunaler Ebene als „völlig unproblematisch“, sagte Parteisprecher Robin Classen und sprach von „zahlreichen Schnittmengen“ auf Kommunal- und Landesebene, etwa die Forderung nach einer Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. SPD und Grüne Jugend (GJ) äußerten sich empört. Der Chef der Pfälzer SPD und Fraktionsvorsitzende im Mainzer Landtag, Alexander Schweitzer, schrieb auf Twitter: „Ganz sicher werden uns @JuliaKlöckner und @CHBaldauf zeigen, dass sie ein Zusammengehen von #AfD und #CDU nicht dulden.“„Die CDU zeigt sich mit diesem Bündnis von ihrer hässlichsten Seite und offenbart eine offene rechte Flanke“, sagte GJ-Sprecherin Maja Brager. Kommentar

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