Rheinpfalz Die komfortable Lage der SPD

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Die Zeit des Schweigens ist gekommen. Mit den Einladungen zu Sondierungsgesprächen, die gestern an die Wunschkoalitionspartner Grüne und FDP ausgesprochen wurden, haben sich die Sozialdemokraten ein Schweigegelübde für die Öffentlichkeit auferlegt. In Hintergrundgesprächen versprühen sie Zuversicht und Entspanntheit.

MAINZ. Anders als vor fünf Jahren ist die Partei in der komfortablen Situation, mehrere Optionen für die Regierungsbildung zu haben. Wenn die anspruchsvolle Ampel-Koalition nicht gelingt, bleibt noch die ungeliebte große Koalition. Das muss die SPD nicht aussprechen, es genügt, dass die beiden Partner das wissen. Vor fünf Jahren dagegen war den Sozialdemokraten klar, dass die Grünen rechnerisch auch mit der CDU hätten koalieren können. Das verlieh der Ökopartei eine Position der Stärke. In den nächsten Tagen also setzen sich unter der Führung von Ministerpräsidentin und Spitzenkandidatin Malu Dreyer die Mitglieder des Landesvorstands mit den Unterhändlern von Grünen und FDP zusammen – zunächst in getrennten Runden. Dreyer, Parteichef Roger Lewentz, seine Stellvertreter Hendrik Hering, Alexander Schweitzer und Doris Ahnen werden noch keine inhaltlichen Pflöcke einschlagen, heißt es. Es gehe um ein „Kennenlernen“, ein „Abtasten“. Während die Handelnden bei den Grünen aus der bisherigen Koalition vertraut sind, besteht Nachholbedarf bei den Gesprächspartnern der FDP. Spätestens am Samstag müssen die Grünen wegen des kleinen Parteitags wissen, ob es eine gemeinsame Basis für Verhandlungen gibt, obwohl insbesondere zur FDP inhaltlich und kulturell große Unterschiede bestehen. Darauf, dass es in den Milieus beider Parteien Überschneidungen gibt, weisen die Sozialdemokraten süffisant hin. Viele gut verdienende Menschen wählen eine der beiden Parteien. Ob FDP und Grüne je zwei Ministerien erhalten oder die Grünen nur eines, darüber wollen die Sozialdemokraten nicht einmal im Hintergrundgespräch etwas sagen. Auch nicht, welches Haus sie bereit wären, abzugeben. All das müsse in den Koalitionsverhandlungen besprochen werden, für die der April reserviert sei. Der Gefahr, dass die mächtige SPD die kleineren Partner über den Tisch zieht, werde schon aus Eigeninteresse vorgebeugt: Mit Blick auf die nächste Landtagswahl 2021 sei es sinnvoll, beide Partner fair zu behandeln. Heute trifft sich die SPD-Fraktion zur regulären Sitzung. Die künftigen Fraktionsmitglieder werden dazu eingeladen, sagt der Sprecher der Fraktion, Johannes Bentrup. Weil es keine konstituierende Sitzung der neuen Fraktion sei, finde auch keine Wahl des Fraktionsvorstandes statt. Darüber werde erst kurz vor dem 18. Mai entschieden, wenn der neue Landtag erstmals zusammentritt. Bis dahin sollte die Regierung stehen, die Regierungsämter sollten verteilt sein. Davon hängt auch ab, wer welche Ämter in der Fraktion erhält. Alexander Schweitzer wird wohl Fraktionschef bleiben. Barbara Schleicher-Rothmund hat bereits für das Amt der Landtagspräsidentin den Finger gehoben. Nach RHEINPFALZ-Informationen gibt es aber mindestens zwei weitere Interessenten dafür. Eine Vorentscheidung scheint noch nicht getroffen. Mit dem Einzug der AfD, die unisono als zu weit rechts abgelehnt wird, kommt dem Präsidentenamt eine besondere Rolle zu. Trotz des Freudentaumels über den Wahlsieg werden die Strategen der Partei wohl auch einen Blick darauf werfen, wo die Partei Stimmen gewonnen und wo verloren hat. Zulegen konnte sie vor allem in den traditionellen Grünen-Hochburgen Mainz (plus 8,9 beziehungsweise 10,1 Prozentpunkte), Trier (6,8 Punkte) und Koblenz (plus 5,2). In der traditionell roten Pfalz dagegen büßte sie außer in Bad Dürkheim und Speyer überall Wähleranteile ein, am meisten in Zweibrücken mit minus 7,3 Punkten.

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