Rheinland-Pfalz Die erste Republik

Nicht auszudenken, wenn das der allzu früh verstorbene frühere Landtagspräsident Joachim Mertes noch hätte erleben müssen. Zählte er doch zu den Verfechtern einer Idee, die vor fünf Jahren in die Tat umgesetzt wurde: Der Platz vor unserem Landtagsgebäude, das Deutschhaus, wurde umbenannt – von Deutschhausplatz in Platz der Mainzer Republik. So lautet seither die Adresse des Parlaments. Damit soll daran erinnert werden, dass in dem Haus einst das (nicht ganz unumstritten) erste auf deutschem Boden nach bürgerlich-demokratischen Regeln gewählte Parlament getagt hat – die Volksvertretung der Mainzer Republik. Und jetzt das: Mertes war einst Vorsitzender der SPD-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag. Ausgerechnet der amtierende Nachfolger in dieser Position, der Südpfälzer Alexander Schweitzer, hat kürzlich im Plenum mit viel Heimatstolz und einem leichten Lächeln um den Mund daran erinnert, dass es in der Pfalz noch früher als in Mainz eine von frühem demokratischen Geist beseelte Republik gegeben hat, die Bergzaberner Republik. Na bitte, aber eigentlich wussten wir ja schon vorher, dass Pfälzer sich vor Mainzern nicht verstecken müssen. Und Schweitzer hat Recht: Unter dem Schutz französischer Truppen riefen Anfang 1793 Anhänger des Gedankenguts der französischen Revolution die Mainzer Republik aus und ließen am 24. Februar in rund 130 Städten und Dörfern südlich und westlich von Mainz eine Volksvertretung wählen. In der Südpfalz jedoch riefen schon am 22. Januar 1793 knapp drei Dutzend Gemeinden einen Freistaat aus. Die Aufständischen begehrten damit gegen die Herrschaft in Zweibrücken auf und strebten den Anschluss an Frankreich an. Einen Unterschied müssen wir allerdings einräumen: In Bergzabern wurde die Volksvertretung mehr von den Freiheitsliebenden bestimmt als nach heutigen Maßstäben gewählt. Wie auch immer: Französische und österreichische Truppen bereiteten den beiden Republiken bald ihr Ende. Wir gehen davon aus, dass der Landtag auch künftig in Mainz bleiben und seine Adresse nicht erneut geändert werden muss. Die Volksvertretung des Freistaats Bergzabern hieß übrigens „Schweitzerischer Landtag“. Der Name war wohl Verbeugung vor der eidgenössischen Demokratie. Mit Alexander Schweitzer hat das eher nichts zu tun.

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