Pfalz Bluttat von Kandel: Vormund soll von Strafanzeigen gewusst haben

Trauer am Tatort in Kandel: Kerzen und Blumen. Foto: van
Trauer am Tatort in Kandel: Kerzen und Blumen.

Im Vorfeld der Bluttat von Kandel war das Jugendamt des Kreises Germersheim offenbar doch umfassender über die vorangegangenen Bedrohungen des Opfers informiert als es bisher eingeräumt hat.

Das geht aus Akten der Polizei hervor. Die Kreisverwaltung hatte dagegen am Freitag erklärt, von der Polizei nicht über eine „direkte Bedrohung“ informiert worden zu sein.
Wie berichtet, hatte am Mittwoch ein nach Behördenangaben 15-jähriger Afghane ein 15-jähriges Mädchen aus Kandel erstochen. Der Jugendliche war dem Kreis im Mai 2016 zugewiesen worden, dessen Jugendamt war für seine Betreuung zuständig: Als Vormund des Afghanen ist ein Mitarbeiter des Jugendamtes eingesetzt. Das Mädchen hatte Anfang Dezember eine mehrmonatige Beziehung zu dem Flüchtling beendet.

Die erste Strafanzeige stammt vom späteren Opfer selbst

Eberhard Weber, Vizechef des Polizeipräsidiums Rheinpfalz (Ludwigshafen), sagte am Samstag gegenüber der RHEINPFALZ, der Vormund sei über die beiden Strafanzeigen gegen den Afghanen am 18. Dezember informiert worden. Das ergebe sich aus der Aktenlage und aus einer ersten telefonischen Rücksprache mit dem mit dem Fall befassten Polizeibeamten, der derzeit im Ausland in Urlaub ist.
Die erste Anzeige wegen Beleidigung, Nötigung, Bedrohung und Verletzung persönlicher Rechte stammt vom 15. Dezember. Sie war nicht, wie es bisher geheißen hatte, von den Eltern des Mädchens, sondern von der 15-Jährigen selbst erstattet worden. Der Vater habe dann am 17. Dezember bei der Polizei vorgesprochen und ebenfalls Anzeige erstattet, sagte Weber. Nach RHEINPFALZ-Informationen war es zuvor zu Telefonaten zwischen dem Afghanen und dem Vater gekommen, in denen in Bezug auf die Tochter von „abpassen“, „schlagen“ und „man müsse in Zukunft aufpassen“ die Rede gewesen sein soll.

Zwei Betreuerinnen waren bei Gefährderansprache anwesend

Laut Weber kam es am 18. Dezember auch zu einer sogenannten „Gefährderansprache“ durch zwei Polizeibeamte in der Integrierten Gesamtschule Kandel, bei der zwei Betreuerinnen aus der Wohngruppe des Afghanen anwesend waren. Dabei sei der Jugendliche, der dort zur Schule ging, entsprechend belehrt worden. In der Regel werde der Beschuldigte dabei über die vorliegenden Strafanzeigen informiert und auf mögliche Konsequenzen hingewiesen, sagte Weber.

Kreisverwaltung: Nur über Streit in der Schule und Handyfotos informiert

Eine Sprecherin der Kreisverwaltung hatte am Freitag den Kontakt zur Polizei so geschildert: Der Vormund sei am 18. Dezember informiert worden, dass der von ihm betreute Jugendliche in eine körperliche Auseinandersetzung in der Schule verwickelt gewesen sei und er Bilder, die persönliche Rechte verletzen könnten, auf seinem Handy habe. Bei der Körperverletzung ging es um einen Streit mit einem anderen Schüler Ende November, diese Auseinandersetzung steht offenbar nicht im Zusammenhang mit der späteren Bluttat. Bei den Handyfotos geht es nach RHEINPFALZ-Informationen offenbar auch um Aufnahmen des 15-jährigen Mädchens.

Info

Hier geht es zum Überblick der Berichterstattung über den Fall.

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