Ausstellung Von Partnerschaften und Beziehungsfallen: „Künstlerpaare der Moderne“ im Purrmann-Haus

Künstlerpaar auf Augenhöhe: Bronzen von Marg Moll (vorne „Tänzerin“, 1928/29) und Gemälde von Oskar Moll in Speyer.
Künstlerpaar auf Augenhöhe: Bronzen von Marg Moll (vorne »Tänzerin«, 1928/29) und Gemälde von Oskar Moll in Speyer.

Rollenverteilung um 1900: Dem Thema „Künstlerpaare der Moderne“ widmet sich derzeit eine Ausstellung im Museum Purrmann-Haus Speyer. Die Schau zeigt auch, dass es in Zeiten begrenzter Emanzipation Partnerschaften auf Augenhöhe gab.

Kind oder Karriere? Familie oder Erfolg? Beides unter einen Hut zu bringen, ist selbst für Frauen des 21. Jahrhunderts alles andere als einfach. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als Frauen noch nicht wählen durften und Künstlerinnen von der akademischen Männerwelt herablassend als „Malweiber“ belächelt wurden, war es fast ein Ding der Unmöglichkeit.

Hans Purrmann malt Mathilde: Bildnis von 1924.
Hans Purrmann malt Mathilde: Bildnis von 1924.

Mathilde Vollmoeller: Kindererziehung statt Kunst

Viele Künstlerinnen steckten deshalb nach der Hochzeit zurück, stellten ihr Schaffen hintan. Selbst hochbegabte wie Mathilde Vollmoeller, die 1911 in Paris von der Kunstkritik noch als „stärkste Begabung“ unter den deutschen Künstlern in der Seine-Metropole gefeiert wurde. Nachdem sie ein Jahr später den Malerkollegen Hans Purrmann geheiratet hatte, wechselte Mathilde trotzdem den Job: Sie wurde „Familienmanagerin“, die nur noch nebenbei malte – hauptsächlich Aquarelle, weil das zwischen Kindererziehung, Haushaltsführung und Buchhaltung schnell zu machen war.

Aber mussten alle Künstlerehen um 1900 so laufen? Oder gab es andere Lebensentwürfe? Diesen Fragen geht das Museum Purrmann-Haus in Speyer noch bis Ende März in der Ausstellung „Künstlerpaare der Moderne“ nach. Von Wassily Kandinsky und Gabriele Münter bis Max Beckmann und Minna Tube werden acht Beziehungen von Kreativen unter die Lupe genommen.

Leo von König stilisiert Mathilde Tardif: zur „Frau mit Heiligenschein“, um 1903.
Leo von König stilisiert Mathilde Tardif: zur »Frau mit Heiligenschein«, um 1903.

Künstlerinnen im Hintergrund

Tatsächlich, es wird niemanden wundern, war die Purrmannsche Rollenverteilung die Regel. Bisweilen gerieten die Frauen dadurch so sehr ins Abseits, dass ihr künstlerisches Schaffen völlig der Vergessenheit anheimfiel. Bestes Beispiel: die beiden Ehefrauen des Malers Leo von König. Über ihn, Mitglied der Berliner Secession, kann man in der einen oder anderen Sammlung oder Ausstellung durchaus stolpern. Aber wer hat schon einmal etwas von Mathilde Tardif gehört, des Künstlers erster Frau? Oder von seiner zweiten, Anna von Hansemann?

In Speyer sind beide nicht nur als Modelle ihres Mannes, sondern auch als eigenständige Malerinnen zu entdecken. Tardif, die uns auf einem um 1903 entstandenen Gemälde ihres Gatten als schwermütige Heilige in bretonischer Tracht entgegentritt, ist mit kleinen humoristischen Szenen auf Karton vertreten, die stilistisch den französischen „Nabis“ nahestehen. Und Anna von Hansemann, ab 1920 Anna von König, offenbart sich in vier Werken als versierte Landschaftsmalerin mit dynamischem Pinselstrich; ihre Arbeiten werden in Speyer vermutlich erstmals seit ihrer Entstehung öffentlich gezeigt.

Marg und Oskar Moll: Gelebte Gleichberechtigung

Dass es indes auch anders ging, dass Mann und Frau gleichberechtigt nebeneinander Kunst schaffen konnten, beweisen in der Ausstellung Marg und Oskar Moll. Während er sich als Maler zunächst am Spätimpressionismus, dann an Matisse und dem Fauvismus orientierte, griff sie als Bildhauerin kubistische Abstraktionstendenzen auf und schuf Skulpturen, die den Nazis, natürlich, viel zu avantgardistisch waren. Diesem Paar verdankt sich zweifellos der schönste Raum der Speyerer Schau.

Münter und Kandinsky: Künstler auf Augenhöhe

Sabine Lepsius war um die Jahrhundertwende als Porträtistin intellektueller Kreise und des Großbürgertums mindestens so gefragt wie ihr Gatte Reinhold. Und auch diese beiden agierten auf Augenhöhe, bis sie der Erste Weltkrieg schied: Gabriele Münter und Wassily Kandinsky. Die beiden Zentralgestalten der expressionistischen Künstlergruppe „Der Blaue Reiter“ sind in Speyer nicht mit Malerei, sondern mit einer fotografischen Langzeitserie präsent, bestehend aus gegenseitigen Porträtaufnahmen in derselben Pose: Künstlerin und Künstler nachdenklich auf dem Sofa sitzend. Münter und Kandinsky in bäuerlicher Tracht. Malerin und Maler im Garten, jeweils mit Kater Waske auf dem Arm. Ein fotografisches Rollenspiel, in dem die Geschlechterrolle, von der Kleidung abgesehen, keine Rolle spielt: Dass diese beiden Menschen Verbündete waren, echte Partner, könnte nichts besser dokumentieren.

„Künstlerpaare der Moderne“ – bis 26.3., Speyer, Museum Purrmann-Haus, Kleine Greifengasse 14, geöffnet: Do-So 11-18 Uhr; Info: 06232 142020, speyer.de/purrmann-haus

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