Mediathek Neoklassik: Pianist Tim Allhoffs „Morla“

Melancholie nach Noten: Tim Allhoffs Album „Morla“.
Melancholie nach Noten: Tim Allhoffs Album »Morla«.

Die Weisheit alter Musik im Jetzt zu erkennen: Das schafft Pianist Tim Allhoff mit dem neuen Album „Morla“, das eigene Musik mit den Werken alter Meister leise und melancholisch verbindet und zugleich die Genregrenzen effektvoll sprengt.

Es ist ein ruhiges Dahingleiten der Klaviermusik zu erhabenen Streicher-Passagen. Dann wird der Rhythmus der nur noch zart hingetupften Pianotöne langsamer bis hin zum leisen Ausklang: „Death in Dignity“ – Tod in Würde heißt das Stück von Sufjan Stevens, das Tim Allhoff, begleitet vom Berliner Leonkoro Quartett, mit so viel Tiefgang interpretiert. Berührender könnte der Einstieg in ein Instrumentalalbum kaum sein. Melancholisch in Moll auch „Day of Leaving“, das gezielt mit Dissonanzen spielt und zugleich tröstlich kraftvoll das Gefühl von Aufbruch und Hoffnung vermittelt. Lautmalerisch folgt „Waters“ einem Fluss von der sprudelnden Quelle über das Plätschern des Baches bis hin zum mächtigen Rauschen des Stroms, der sich im Ozean verliert.

Echo-Preisträger Allhoff brilliert am Klavier

Echo-Preisträger Tim Allhoff – vom Magazin „Jazz Thing“ als „Piano Shooting Star der Republik“ gefeiert – legt mit seinem achten Album „Morla“ einen musikalischen Meilenstein vor, der einmal mehr sein kompositorisches wie technisches Können am Klavier unterstreicht. Mit dem ausgezeichneten Streichquartett und Niklas Liepe an der Violine hat er sich zudem kongeniale Musiker ins Boot geholt.

Klassische Klänge mit jazzigem Ambiente

Stilistisch bewegt sich Allhoff vornehmlich in der Klassik, wovon auch Auszüge aus dem Werk von Schumann, Mendelssohn-Bartholdy und Bach zeugen, wenngleich mancher Melodiebogen an Pop erinnert und auch jazziges Ambiente durchscheint. Er sei mit Klassik aufgewachsen, schon immer an verschiedenen Musikstilen interessiert gewesen und habe seinen Abschluss am Konservatorium als Jazz-Pianist gemacht, erörtert Allhoff die eigenwillige Verbindung.

Uralte Schildkröte als Namenspatin

Das Album ist nach der uralten Schildkröte aus Michael Endes „Unendlicher Geschichte“ benannt, nach der Denkerin also, die in den Sümpfen der Traurigkeit lebt und jene mit weisem Rat belohnt, die es wagen zu ihr aufzubrechen. Dieser Titel ist fraglos mit Bedacht gewählt. Ebenso wie die Auswahl der 16 Tracks. Die Mischung aus Eigenkompositionen und Werken von Allhoffs Helden verleiht dem minimalistisch instrumentierten Album den perfekten Spannungsbogen.

Tim Allhoff: „Morla“, Edel Kultur, Edition Neue Meister, VÖ 20.5. 2022

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