Videokunst John Sanborn im ZKM Karlsruhe

Ausschnitt aus einer der jüngsten Arbeiten John Sanborns: Musikvideo zu „Hotel Essex“ der Band Commando.
Ausschnitt aus einer der jüngsten Arbeiten John Sanborns: Musikvideo zu »Hotel Essex« der Band Commando.

Der 68-jährige Videokünstler aus den USA, längst ein stilprägender Klassiker seines Metiers, verwandelt zurzeit das ZKM in Karlsruhe in ein Festmahl für das Auge, in einen wahren Bilderrausch. John Sanborn: zwischen Anarchie und Hightech.

„Für mich ist die ganze Show eine Zeitreise“, sagte John Sanborn dem SWR zu der größten Retrospektive, die von seinem Werk bislang in Europa zu sehen war und die ihn selbst hin- und herspringen lässt zwischen den Wegmarken seiner Entwicklung.

Klackerndes Percussion-Orchester

Sprühende Kreativität spricht sich aus auf zahllosen Screens. Manche korrespondieren in Installationen miteinander, bilden etwa ein klackerndes Percussion-Orchester, zu dem jeder Screen seinen Solisten beiträgt. Auf einem Videofries von zehn Metern Länge werden Venus und Mars gegen die Genderlogik gebürstet und abseits der Geschlechterrollen hinterfragt. Bildvisionen des Sterbens sind zu sehen – ein Kopf, völlig eingehüllt in Tabakqualm, ein Mann, überfahren, während er gerade eingekauftes Klopapier über die Straße trägt. In neueren Arbeiten wiederum verdichten sich elektronisch generierte Bilder zu mitreißenden visuellen Kaskaden, etwa als Kommentar zur Musik von Philip Glass.

Von analog bis digital

Bei Sanborn träfen die „wilden Blumen der Anarchie auf die Hochtechnologie“, zitiert der Deutschlandfunk den scheidenden Leiter des Zentrums für Kunst und Medien, Peter Weibel. Dabei repräsentiert eine solche Ausstellung mit Videokunst aus mehr als vier Jahrzehnten auch Technikgenerationen, von analog gedrehten Filmen bis zu digital generierten Sequenzen.

Freund des „heißen Durcheinanders“

Immer wird Sanborn, der für MTV, für das Fernsehen, für Galerien, Museen und viele andere gearbeitet hat, sichtbar als Freund eines „heißen Durcheinanders“, in dem Gegensätzliches aufeinanderprallt, Dinge „ineinandergestaucht“ werden, wie er selbst sagt. Dabei arbeitet er gerne mit Musikern und Performern zusammen, mit gesellschaftlichen Randgruppen, Menschen, die außerhalb des Mainstreams ganz eigene Perspektiven auf Welt und Leben haben. Zu seiner eigenen Aufgabe hat er dem SWR gesagt: „Ich bin nicht im Antwort-Business, ich bin im Fragen-Business, im Provokations- und Anstiftungsbusiness.“ Anstiftungen vor allem zu eigenem Nachdenken und zum Heraustreten aus festgefahrenen Wegen.

John Sanborn: „Between Order and Entropy. Werke 1978-2022“ – bis 30.10., Karlsruhe, Zentrum für Kunst und Medien (ZKM), Lorenzstr. 19, Mi-Fr 10-18 Uhr, Sa, So 11-18 Uhr

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