Interview Heike Abidi aus Kaiserslautern über ihr neues Buch „Scheißegal, ich mach das jetzt!“

„Ich habe gezweifelt, ob ich mich als Autorin für das Thema eigne“: Bestseller-Autorin Heike Abidi.
»Ich habe gezweifelt, ob ich mich als Autorin für das Thema eigne«: Bestseller-Autorin Heike Abidi.

1965 in Birkenfeld geboren, lebt Heike Abidi mit ihrer Familie seit Jahren in der Nähe von Kaiserslautern, wo die studierte Sprachwissenschaftlerin an einem breiten Spektrum von Büchern arbeitet.

Zuletzt ist ihr mit „Scheißegal, ich mach das jetzt!“ ein sehr unterhaltsamer Ratgeber mit spannenden Lebensgeschichten, interessanten Interviews, inspirierenden Anregungen und auch ganz praktischem Nutzwert gelungen. Im LEO-Interview verrät sie, welche Geschichte darin sie selbst am meisten erstaunt hat, was sie davon für ihr eigenes Leben mitnimmt und warum sie zunächst gezweifelt hat, ob sie sich für das Thema als Autorin eignet.

Woher nehmen Sie die Themen und Konzepte?

Das ist ganz unterschiedlich. Diesmal war das Thema ein Vorschlag des Verlags. Arbeitstitel war „Späte Berufung“, die Idee, zu schildern, wie Menschen mitten im Leben noch mal was Neues anfangen. Ich fand das Thema total spannend.

Und das sind auch sehr spannende und außergewöhnliche Lebenswege, die Sie schildern. Wie haben Sie die Menschen gefunden, deren Geschichten Sie in dem Buch erzählen?

Die meisten davon kenne ich tatsächlich persönlich. Ich bin privat und beruflich sehr gut vernetzt und hatte von daher schon einige passende Kontakte. Manche haben mir dann aber auch die Interviewpartner selbst vermittelt.

Da ist zum Beispiel Nadja, die erst nach Italien und dann von dort nach Lübeck zieht. Dann gibt es Angelika, die sich für ein Leben im Camper entscheidet, und Uli, der in Indien sein Lebensglück findet, jetzt aber wieder in Deutschland lebt. Und es finden sich ganz viele interessante Beispiele für neue Hobbys und berufliche Wechsel in dem Buch. Welche der Geschichten hat Sie selbst am meisten erstaunt?

Erstaunt haben mich die meisten Geschichten schon deshalb nicht, weil ich sie ja vorher kannte. Aber bei Anton ging es mir tatsächlich so. Ich war erstaunt, dass er als Kreativer die Buchhaltung lieben gelernt hat. Ich kenne nicht so viele, die es toll finden, auf diese Weise Ordnung zu schaffen, den Überblick zu bewahren und alles im Griff zu haben. Vielleicht inspiriert seine Geschichte ja auch andere dazu.

Antons Geschichte hat schon eine bemerkenswerte Überschrift. „Ich habe meinen vermeintlichen Feind zum Freund gemacht – und bin sehr froh darüber“. Da erwartet man viel, aber nicht das Thema Buchhaltung …

(lacht). Das ist ein Zitat von ihm selbst. Die Überschriften musste ich nicht erfinden. Das sind alles sehr spannende Zitate meiner Gesprächspartner.

Haben die Recherche für das Buch und das Schreiben sich auf Ihr eigenes Leben ausgewirkt?

Mich hat tatsächlich Angelika dazu inspiriert, das Van-Leben mal auszuprobieren, nicht jetzt gleich das Haus verkaufen und im Camper zu leben, aber vielleicht mal einen Urlaub damit zu planen.

Sie wollen jetzt also nicht wie die Protagonistinnen und Protagonisten mit Mitte 50 alles umkrempeln?

Ich bin zufrieden mit meinem Leben. Ich habe sogar schon gezweifelt, ob ich überhaupt die richtige Autorin für das Thema bin, als der Verlag mich dafür angefragt hatte. Die haben mir dann klargemacht, dass ich doch mit Mitte 40 angefangen habe Bücher zu schreiben. Vorher war ich freiberufliche Werbetexterin. So gesehen habe ich also mein Leben auch schon einmal umgekrempelt.

Sie haben seither einen enormen Output geschafft. Schreiben Sie an mehreren Büchern gleichzeitig?

Die Bücher erscheinen nicht immer in der Reihenfolge, wie sie geschrieben worden sind. So richtig parallel schreibe ich also nicht. Es treffen aber verschiedene Phasen aufeinander. Ich arbeite zum Beispiel an einem neuen Manuskript, während ich bei einem anderen Buch das Marketing unterstütze oder letzte Änderungen einarbeite.

Ihre Bücher sind so unterhaltsam und mitreißend geschrieben, dass es ganz so klingt, als wäre das Schreiben Ihr Lieblingshobby. Haben Sie noch andere Hobbys oder suchen Sie noch nach dem richtigen?

Das Schreiben ist nicht mein Hobby, sondern mein Beruf, wenn es auch einer ist, den ich sehr gerne ausübe und der Spaß macht. Lesen ist da schon eher mein Hobby, und das von Kindesbeinen an. Und Chorsingen. Ich singe mit großer Begeisterung bei Vocalis Sambach. Der Chor ist auch ganz schön groß geworden. Wir sind zum Beispiel sehr stolz auf ein ausverkauftes Konzert im Pfalztheater Kaiserslautern.

Sie schreiben auch Romane, zum Beispiel Liebesromane, und nutzen unterschiedliche Pseudonyme. Warum? Ist Ihnen das vielleicht irgendwie peinlich?

Nein, überhaupt nicht. Sonst wäre ich nicht Präsidentin von DELIA, der Vereinigung deutschsprachiger Liebesromanautorinnen und -autoren, deren Ziel es ist, das Image von Liebesromanen zu verändern. Das ist neben Krimis das erfolgreichste Buchgenre überhaupt mit den meistverkauften Titeln. Liebe ist ja das Schönste, was es gibt. Die Pseudonyme habe ich teilweise für Co-Produktionen gewählt. Bei Romanen kommt meist der Wunsch vom Verlag, statt mehrerer Namen ein gemeinsames Pseudonym zu wählen. Aber inzwischen schreibe ich nur noch unter meinem Klarnamen.

Und das sehr erfolgreich. Sie sind „Spiegel-Bestseller-Autorin“. In welchem Genre haben Sie diesen Durchbruch erzielt?

Mit dem unterhaltsamen Sachbuch „Ich dachte, älter werden dauert länger“, das ich mit Lucinde Hutzenlaub zusammen geschrieben habe. Und dann kam 2020 auch „Eine wahre Freundin ist wie ein BH“ auf die „Spiegel“-Bestsellerliste. Das war während der Pandemie sogar ein Jahr lang auf der Liste. Meine Co-Autorin war Ursi Breidenbach. Da hatten wir Glück, dass offensichtlich viele Leute die Zeit zum Lesen fanden und es auf der Liste gefunden haben. So ist es dann immer wieder darauf gelandet.

Sie sprechen von Glück. Gibt es denn auch sowas wie ein Erfolgsrezept?

Man sollte auf keinen Fall so vorgehen, dass man jetzt einen Bestseller schreiben will. Da gibt es einfach viele Unwägbarkeiten, die man gar nicht beeinflussen kann. Man schreibt ein Manuskript, so gut man kann. Es sollte leserorientiert sein – wenn ich ein Buch für mich selbst schreiben wollte, dann könnte ich auch Tagebuch schreiben. Damit habe ich als Werbetexterin Erfahrung. Da muss man ja immer so schreiben, dass es sich angenehm liest, damit die Leser nicht gleich bei der Überschrift aussteigen. Es kommt auch auf die Auswahl des Themas an. Man muss sich überlegen, ob das Thema gerade in der Luft liegt oder ob es eine passende Zielgruppe dafür gibt.

Und wie fühlt es sich an, „Spiegel“-Bestseller-Autorin zu sein?

Ein bisschen unwirklich, muss ich sagen. Inzwischen habe ich mich allerdings daran gewöhnt. Es ist für mich nicht mehr so außergewöhnlich wie anfangs, aber doch eben unwirklich. Die Bücher, die ich vorher geschrieben habe, sind ja nicht schlechter als unsere „Spiegel“-Bestseller.

Sie bekommen bei Lesungen und über die sozialen Netzwerke sicher viele Rückmeldungen auf Ihr Werk. Welches Feedback ist denn besonders hängen geblieben?

Die Nachricht, dass jemand das aktuelle Buch der Mutter geschenkt hat, die sonst nichts liest. Sie habe es schnell weggelesen und sei begeistert gewesen. Das freut mich dann sehr, wenn ich so etwas höre. Auch bei meinen Jugendbüchern sind es für mich die schönsten Komplimente, wenn ich höre, dass ich junge Leute zum Lesen gebracht habe oder sich aus der Lektüre Gespräche zwischen Kindern und Eltern ergeben haben.

Welche Projekte stehen jetzt an?

Im Februar erscheint ein neues Jugendbuch von mir, im August kommen ein Roman und auch wieder ein unterhaltsames Sachbuch heraus. Das dreht sich um Großeltern und ich schreibe es wieder mit Ursi Breidenbach. Wir haben uns auf Beziehungs- und Familienthemen spezialisiert. Zuerst hatten wir die Idee, über Jungsmütter zu schreiben („Wetten, ich kann lauter furzen?“). Dann nahmen wir uns das Geschwister- und das Freundinnen-Thema vor („Geschwister sind wie Gummibärchen“, „Eine wahre Freundin ist wie ein BH“) und jetzt gehen wird das Großelternthema an.

Die Buchthemen werden offensichtlich mit Ihnen älter … Sind Sie denn inzwischen selbst Großmutter geworden?

(lacht) Nein. Noch nicht. Aber ich freue mich drauf. Das Großelternthema lag einfach in der Luft.

Heike Abidi: „Scheißegal, ich mach das jetzt! Mitten im Leben neu durchstarten“, EMF Verlag, Dezember 2022, 272 Seiten, Taschenbuch, 13 Euro, Infos/Kontakt: www.abidibooks.de

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