Interview: KK Sings „Ein Leben voller Musik gibt dir viele Highlights“

Immer bereit für den nächsten Song: KK.
Immer bereit für den nächsten Song: KK.

Von Elektro über Singer-Songwriter bis zu Wave und Alternative Rock reicht die Bandbreite der Songs aus der Feder des Frankenthaler Musikers und Produzenten Klaus Kummer, besser bekannt als KK.

Bei Cole und Six Was Nine eher im Hintergrund agierend, macht er als KKsings jetzt sein eigenes Ding: Songs zu den ganz großen Themen des Lebens. Schöpfung, Leben, Krieg, Tod. Die Songs sind teils düster, teils nachdenklich tröstlich. Und oft sind sie richtig episch. Die Track-Releases begleiten impressive Clips. Im Interview lässt KK sein Musikerleben Revue passieren und verrät, wie er sich als Frontmann fühlt, zum Beispiel bei den Konzerten am Mi 17.8. auf Burg Battenberg (Karten: Abendkasse) und am Sa 27.8. bei „Rock im Hinterland“ in Obrigheim (Karten: reservix.de).

KKsings ist dein jüngstes Projekt. Vorher war es Zane. Und davor war es Cole. Und davor gab es auch schon ganz viel Musik von dir. Wie viele Platten hast du im Leben eigentlich schon produziert, wie viele Songs geschrieben?

Ja, da kommt schon krass was zusammen (lacht). Ich habe lange aufgehört zu zählen. In den 90ern haben wir für jedes große Label gearbeitet. Da sind bestimmt 200 Singles, Remixe und ein paar Alben bei rumgekommen. Wie viele Songs ich geschrieben habe? Keine Ahnung, aber so paar Hundert sind’s schon. Ohne die armen Strophen, Bridges und Refrains, die es nur in den Papierkorb geschafft haben.

Dabei hat sich deine Welt musikalisch immer weitergedreht. Kannst du rückblickend deine Entwicklung erklären?

Ja, es ist ein Geschenk, dass sich die Welt musikalisch immer weiterdrehen darf. Wenn ich eine Platte fertig habe, langweilt sie mich schon, und ich muss weiter zur nächsten Idee. Dabei ist nur wichtig, dass Musik eine authentische Geschichte erzählt. Unabhängig vom Genre, denn die emotionale Quelle bleibt immer die gleiche. Klar, die letzten Jahre stand die Gitarre in erster Reihe, aber irgendwann mach’ ich mal wieder was mit viel Bass. BMW kann schon mal einen neuen Subwoofer für den nächsten 3er designen …

Was ist davon am meisten in deinem Gedächtnis haften geblieben, was würdest du heute lieber vergessen und nicht mehr machen?

So ein Leben voller Musik gibt dir viele Highlights. Ein Highlight ist es immer, wenn du einen neuen Song geschenkt bekommst und ihn zum ersten Mal aus dem Diktiergerät deines Mobile Phones abhörst. Oder wenn du nachts im Studio sitzt und denkst, du wärst in einem Raumschiff und hättest noch ewig Zeit, bis es wieder sanft am Morgen im echten Leben landet. Was immer im Gedächtnis haften wird, ist natürlich „das erste Mal“: der Moment, in dem du deine erste Maxi Single als Vinyl in der Hand hältst. Bei mir war das 1991 bei EMI, einer der größten Plattenfirmen zu der Zeit. Auf dem Cover war der ikonische Hund von „His Masters Voice“, der neben einem Grammophon sitzt. Und unsere Namen daneben, das war groß! Was auch immer krass war: die Originalstimmen der Künstler, die du auf Band bekommen hast, um einen Remix zu machen. So ein „Happy People Come on“ von Dr. Alban ohne Playback außen rum ist schon nice.

Nun warst du – und bist es ja auch immer noch – im Dunstkreis von Six Was Nine unterwegs. Der Hit „Drop Dead Beautiful“ ist ein echter „Evergreen“. Wie hast du den Erfolg damals erlebt? Wie stehst du heute dazu? Manchmal kann so ein Hit ja auch ganz schön nerven …

Six Was Nine war ne mega Zeit! Wir waren jung, wir hatten einen Major Deal bei Virgin, und wir konnten in krassen Studios unsere Musik aufnehmen. Wir durften nach England fliegen und dabei so viel lernen. Von richtig coolen Leuten, die uns gepusht haben, uns immer an der Weltspitze zu orientieren. Wir haben bis zum Umfallen gearbeitet, und der Horizont war mit einem Mal nicht mehr derselbe. Aus ein paar Frankenthaler Jungs waren Typen geworden, die daran geglaubt haben, die Welt, erobern zu können. Heute ist das wie eine schöne Erinnerung an einen Tag am Meer. Aber viel mehr als die „good old days“ interessiert mich mein nächster Song und wo er mich hinführen wird.

Jetzt muss ich mich als Fan outen: Mein Lieblingsprojekt von dir ist nach wie vor Cole. Die gefühlvoll-folkigen Songs packen mich heute noch mit Macht. Viele der Cole-Mitglieder waren auch schon bei Six Was Nine. Und dann hattet ihr noch deinen Freund, den Sänger David Taggert aus England, im Boot. Du hast erzählt, Cole wäre ein Lagerfeuer-Zufallsprodukt gewesen?

Ja Cole war schon eine spezielle Bande. Und jeder weiß, dass Feuer und Gitarren treue Schwestern sind. Kein Wunder, dass aus diesen Sessions im magischen Garten der Frankenthaler Albertstraße zwei Alben entstanden sind. Hier im Delta hat das nicht gleich funktioniert, aber als wir von der ersten England-Tour zurückkamen – BBC hatte uns gespielt – hat’s daheim auch gezündet. Das eigens gebraute Cole-Bier einer Bio-Brauerei in Kent ist natürlich längst getrunken ...

Ist Cole vielleicht genau deshalb so schön, weil da eine alte Freundesclique zusammen Musik macht?

Logisch, wir waren wie Brüder. Markus (Tiedemann, Gitarre, Songwriter, Anm. der Red.) lebte in Köln, Achim (Degen, Sänger, Anm. d. Red.) in Hamburg und Dave in Brighton. Die haben die musikalischen Erfahrungen aus ihren Bubbles mitgebracht, und so haben wir uns gegenseitig hochgeschaukelt. Da gab’s schon epische Studio-Sessions.

Zur wunderschön melodischen Musik mit den tiefgehenden, bildgewaltigen Texten passt ja, dass du dich als hoffnungslosen Optimisten bezeichnest. Aber leider sind von Cole nur zwei Alben entstanden. Was ist dazwischengekommen?

Klar, wir leben im Paradies in der Pfalz. Da muss man schon Optimist bleiben, bei allem Weltschmerz. Wir hatten das dritte Album schon zu 80 Prozent im Kasten. Die letzten 20 haben wir nicht mehr geschafft. Die Jungs waren ständig auf Tour, und wir fanden keine gemeinsamen Slots mehr. Alles hat seine Zeit.

Und dann hast du einfach mit Zane mal so richtig losgerockt. So ganz optimistisch klingt das allerdings nicht mehr. Da verblühen in den Lyrics viele Blumen … Aber es klingt auch, als wären die Songs mit Wucht aus dir herausgebrochen? Was ist da mit dir passiert? Wie hast du diese Aufnahmen erlebt?

Ja, Zane! Dieses Album liebe ich sehr. Klar, es war dunkler als Cole. Aber da habe ich zum ersten Mal richtig aufgemacht. Auch wenn ich etwas „lost“ war zu der Zeit. Das Album zu schreiben war wie eine Katharsis. Laut, pur und real vom ersten bis zum letzten Ton. Das Album haben wir in drei Tagen eingespielt. Von jedem Song ein paar Takes aufgenommen, den besten genommen und weiter. Deswegen ist Zane auch viel rauer als Cole, wo wir „richtig“ im Studio produziert hatten. Mit Zane bin ich noch nicht fertig. Es gibt da jetzt keine konkreten Pläne, aber da kommt noch mal was.

Derzeit wandelst du aber noch konsequent auf KKsings-Solopfaden. Wie gehst du da ans Songwriting ran? Wie gehst du überhaupt ans Songwriting ran?

Schreiben ist die einfachste Sache der Welt. Man muss nur aufmachen und warten, was passiert. Irgendwann kommt der Moment, in dem „man geschrieben wird“. Da läuft alles von alleine. Jeder kann das, man braucht nur ein Instrument, drei Akkorde und ein paar Gedanken über die klassischen Themen der Kunst: Harmonie, Menschlichkeit, Schönheit, Liebe Trauer, Tod … Probiert es einfach mal aus! Bei der visuellen Umsetzung helfen uns junge filmverrückte Leute, denen wir dabei komplett freie Hand lassen. Schaut mal bei unserem Youtube-Kanal vorbei, da ist inzwischen einiges entstanden.

Ein neues Album ist ja in der Mache. Wann dürfen wir damit rechnen? Was dürfen wir erwarten?

Da will ich noch nicht zu viel verraten. Auf jeden Fall wird es „next level“. Wir haben mehr mit Keyboards gearbeitet. Unter anderem mit Marcus Brown, der mit Madonna mehrere Welt-Tourneen gespielt hat. Marcus ist ein Genie. Geplantes Release-Datum ist momentan Ende des Jahres. Vielleicht wird’s auch Anfang 2023.

Bei Live-Auftritten warst du früher eher im Hintergrund. Jetzt stehst du als Frontmann im Rampenlicht. Wie fühlst du dich dabei?

Offen gesagt: Das ist nach wie vor null meine Komfortzone. Aber die Songs müssen ja irgendwie unters Volk … (schmunzelt). Zum Glück ist es meistens so: Wenn die ersten Sekunden eines Gigs gut laufen, die Band von hinten schiebt und ein guter Vibe aus dem Publikum kommt, ist das schon nice. Und wenn es richtig gut läuft, kann man die ganze Nacht durchspielen.

KKsings gibt es in unterschiedlicher Besetzung von der kompletten Band bis hin zum Duo mit dem Bad Dürkheimer Gitarristen und Produzenten Stefan Kahne, mit dem du seit einigen Jahren eng zusammenarbeitest. Was hat es damit auf sich?

Stefan ist mein musikalischer Zwilling. Wir arbeiten nur in der Nacht. Ich komme ins Studio, spiele ihm einen neuen Song vor. Nach dem ersten Chorus sagt er: „Ok, ich weiß wie es geht!“ Und dann ist plötzlich Morgen, und ein neues Stück Musik ist so gut wie fertig produziert. Es gibt keinen besseren Typen als ihn als Produzent auf diesem Planeten! Dabei haben wir uns über die „größte Musikerlüge aller Zeiten“ kennengelernt: Wir hatten einen gemeinsamen Gig im Capitol in Mannheim. Er in Stephan Ullmans Band, ich mit Cole als Support Act. Als Opener habe ich „Rocket Song“, den Titel-Track des ersten KKsings-Albums, alleine performed. Der Song war zu diesem Zeitpunkt gerade ein paar Tage alt. Nach der Show kommt Stefan und sagt: „Der Song da vorhin war echt epic. Lass den mal zusammen recorden.“ Nach jedem Gig kommt jemand zu mir und schlägt vor, mal was zusammen zu machen. Aber man hört nie mehr von diesen Leuten, wenn das Licht aus, die Musik still und der Rausch verflogen ist. Anders bei Stefan, eine Woche später hat er eine gemeinsame Session in seinem „Kahnelab“ organisiert. Der Rest ist Geschichte. Seit fünf Jahren arbeiten wir sehr eng zusammen und haben weit über 50 Songs produziert, von denen es weit mehr als die Hälfte auf ein Album geschafft haben. Stefan und ich machen uns gegenseitig stark, er glaubt an mein Writing, ich an sein Producing. Mehr Win-Win geht nicht. Ich lieb’ den Typen, als Mensch, als Musiker und als Produzent. Letztes Jahr hat KKsings übrigens Zuwachs bekommen: Wir begrüßen mit David Heiner am Keyboard und Phil Hahn für Licht und Sound zwei tolle Kids und hatten schon eine Menge Spaß zusammen.

Das liest sich alles nach Musik-Profi und Rock als Lebensinhalt. Du hast auch dein eigenes Indie-Label „Down At The Dogs“ gegründet. Aber trotz all dieser Erfahrungen und Tätigkeiten im Musikgeschäft hast du auch noch einen soliden Brotjob in der E-Commerce-Branche. Ist das nicht ein bisschen inkonsequent?

Hahaha, du solltest mal meine Spotify-Abrechnung sehen! Dabei liebe ich Spotify. Du sitzt abends mit ner Lady auf dem Küchenboden, trinkst eine Flasche Wein, bekommst Lust auf einen bestimmten Song und machst ihn einfach laut. Mega! Klar zahlen die schlecht, aber das hat einen Grund: Wir haben früher unser komplettes Taschengeld für neue Platten, CDs oder Kassetten ausgegeben. Stell dir vor, Spotify würde statt zehn hundert Euro im Monat kosten. Das würde niemand bezahlen! So ist es letztlich der Verbraucher, der nicht mehr bezahlen will. Insofern schadet ein cooler Job nix.

Wie bewerten das die echten Profi-Musiker? Bist Du da ein bunter Pudel?

Eher ein bunter Wolf (lacht). Spaß beiseite, ich glaub, die finden mich ganz cool.

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