Ramberg Burg Meistersel: Auferstehung einer fast Vergessenen

Burgruine Meistersel, Treppe zur Oberburg
Treppen, fort ins Blau: Aufstieg auf die Oberburg der Ruine Meistersel.

So geleckt und aufgeräumt sieht mittelalterliches Gemäuer selten aus. Nach neunjähriger Sanierungszeit, in der die Burg über dem Modenbachtal Wanderern und Ruinenromantikern abhandengekommen war, ist Meistersel jetzt auferstanden – in blitzblanker Gestalt.

 Wer die Burg in der Nähe des ehemaligen Bürstenbinderdorfs Ramberg in früheren Jahrzehnten schon einmal besucht hatte, wird sie kaum wiedererkennen. Wo man sich ehedem den Weg durchs Gestrüpp bahnen musste, führt nun ein stählerner Steg über den vom Schutt befreiten Halsgraben. Wo die ältere Burgenliteratur ein äußeres Tor als verschwunden erklärte, steht nun wieder ein Rundbogenportal; es wurde mit Hilfe der bei den Grabungen gefundenen Reste rekonstruiert. Und wo einst wildromantische, von Efeu, Moos, Sträuchern und Bäumen überwucherte Idylle herrschte, waltet jetzt steinerne Klarheit. Was wohl der Philosoph Georg Simmel dazu gesagt hätte? Für den 1918 in Straßburg gestorbenen Denker lag der spezifische Reiz einer Ruine just darin, „dass hier ein Menschenwerk schließlich wie ein Naturprodukt empfunden wird“. Folgt man dieser Begrifflichkeit, wurde im Fall der Meistersel jetzt wieder das Menschenwerk aus dem Naturprodukt hervorgeholt. Erstmals gewinnt man einen guten Überblick über die Struktur der Wehranlage. Und ebenfalls erst jetzt, da die Vegetation zurückgedrängt ist, wird einem so recht bewusst, dass es sich bei der Meistersel ja eigentlich um eine typische Felsenburg handelt.

Burgruine Meistersel, zentraler Felsgrat der Oberburg
Kühnes Menschenwerk: Auf dem schmalen Felsgrat stand einst die Oberburg mit zwei Wohnbauten und einem Turm.

U-Boot mit Gotik

Wie bei den etwas weiter südlich gelegenen Burgen Altdahn, Drachenfels, Falkenburg, Wegelnburg, Fleckenstein und Wasigenstein gibt es auch hier ein schmales, nunmehr bestechend kahles Felsenriff, das früher die Oberburg trug und heutzutage Assoziationen an ein gestrandetes U-Boot aus Buntsandstein weckt. Der Westflanke dieses Felsen-U-Boots war die Unterburg vorgelagert, die neben weiteren Wohnbauten auch einer zweigliedrigen Toranlage Raum bot. Das äußere und im Zuge der Sicherungsmaßnahmen wiedererrichtete Tor haben wir bereits gestreift. Die zweite, original erhaltene Pforte überrascht mit einem handwerklich gut gearbeiteten Spitzbogen in einem auffälligen Blendrahmen. Dieses Tor gehört damit zu den besonders bemerkenswerten Architekturrelikten auf Meistersel – zusammen mit dem frisch restaurierten gotischen Gruppenfenster aus vier gleichhohen Lanzetten in einem Mauerzug der Oberburg und mit dem Brunnenschacht im Zentralfelsen, dessen Blendmauerwerk von Buckelquadern hübsch akzentuiert wird.

Burgruine Meistersel, Brunnenturm
Schmucke Wasserversorgung: Buckelquader betonen die Kante im Blendmauerwerk des Brunnenturms.

Entwicklung zur Ganerbenburg

Dass Meistersel zu den ältesten Burgen der Pfalz gehört, würden diese Architekturteile freilich nicht vermuten lassen, und das nicht nur, weil sie jetzt denkmalgerecht aufpoliert sind. Tatsächlich aber ist beurkundet, dass Bischof Johann I. von Speyer im Jahre 1100 „castrum nostrum Meistersele“, also seine Burg Meistersel, in den Besitz des Hochstifts übertrug. Was man heute sieht, scheint dagegen im Wesentlichen aus dem 14. Jahrhundert zu stammen, als die Herren von Ochsenstein hier das Sagen hatten. Man kann davon ausgehen, dass es König Rudolf von Habsburg war, der die Ochsensteiner gegen Ende des 13. Jahrhunderts mit der zwischenzeitlich offenbar zur Reichsburg mutierten Meistersel belehnte. Etwa zur selben Zeit, um 1290, schanzte der König seiner Elsässer Verwandtschaft – der dritte Otto aus dem Hause Ochsenstein war mit Rudolfs Schwester Kunigunde verheiratet – auch die Hälfte von Burg Landeck zu. Ab 1369 begannen die Ochsensteiner, Teile der Burg zu verpfänden. Dadurch wurde Meistersel zur Ganerbenburg mit einer wachsenden Schar an Gemeinern, zu denen gegen Ende des 14. Jahrhunderts neben den Ochsensteinern auch die Landschaden von Steinach, die Herren von Gommersheim, die Ritter von Windstein und die Kurpfalz gehörten. Besitzverhältnisse, bei denen der eine Adelige ein Sechzehntel, der andere ein Achtel und ein dritter gar zwei Achtel der Burg sein eigen nannte, sind die verbrieften Fakten aus Meistersels Geschichte, nicht Dramen, Kriege und Belagerungen.

Historische Karte Burrweiler/Ramberg
Historische Topographie: Karte von 1564 mit den Burgen Neuscharfeneck (li.), Ramburg (Mitte) und Meistersel (rechts).

Schon 1406 in schlechtem Zustand

Eine gemalte Karte der Region zwischen Burrweiler und Dernbach aus dem Jahre 1564 zeigt Meistersel zwar noch als halbwegs intaktes Schloss. Man muss sich aber fragen, wie viel Fantasie in dieser Darstellung steckt, wenn es bereits 1406 notwendig war, einen Burgfrieden zu schließen, in dem sich die damalige Eigentümergemeinschaft verpflichtete, die Burg, die sich zu diesem Zeitpunkt offenbar in einem schlechten Zustand befand, zumindest notdürftig zu erhalten. Außerdem fällt an der Ruine auf, dass offenbar keinerlei fortifikatorische Anpassung an Feuerwaffen erfolgte. Die Burg scheint also bereits am Ende des 15. Jahrhunderts keine Rolle mehr als Verteidigungsbau gespielt zu haben. 1935 gelangte die Ruine in Privatbesitz. Zuletzt verfiel sie zusehends. Seit 2010 ist das Land Eigentümerin und konnte so die dringend notwendige Restaurierung leisten.

 

Wegweiser: Burg Meistersel

Die Ruine in der Nähe von Ramberg ist frei zugänglich und seit Ende Oktober wieder für Besucher freigegeben. Vom Wanderparkplatz „Drei Buchen“ gelangt man in 10- bis 15-minütigem Fußmarsch (0,7 km) zur Burg. Einkehrmöglichkeit: Waldhaus Drei Buchen, Infos unter www.dreibuchen-ramberg.de. Mehr über die Restaurierung von Burg Meistersel im Internet: facebook.com/meistersel. 

Wander-Tipp

Der Besuch von Burgruine Meistersel lässt sich gut mit einer Wanderung verknüpfen. Ein mit 17 Kilometern Länge recht anspruchsvoller Drei-Burgen-Weg verbindet die Meistersel mit den Ruinen Neuscharfeneck und Ramburg. Erstere ist zurzeit wegen Baufälligkeit leider gesperrt (Info: www.neuscharfeneck.de), die Ramburg ist wegen ihrer massiven Schildmauer und ihres riesigen Felsenkellers sehenswert. Weitere Wanderziele in der Nähe sind die Landauer Hütte (www.pwv-landau.de) und der Orensfelsen, der eine großartige Aussicht auf die Südpfalz gewährt.

Ramburg bei Ramberg
Liegt in der Nähe: die Ramburg.
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