Ramstein/Ludwigshafen Wider das Vergessen: Der Fernsehfilm „Ramstein – Das durchstoßene Herz“

Aufarbeitung: Inspektor Dudek (Trystan Pütter, Mitte) befragt mit Kollegin Koops (Elisa Schlott) den Notarzt Dr. Kruse (Jan Krau
Aufarbeitung: Inspektor Dudek (Trystan Pütter, Mitte) befragt mit Kollegin Koops (Elisa Schlott) den Notarzt Dr. Kruse (Jan Krauter).

Ein Film 34 Jahre nach dem Flugtagunglück von Ramstein – muss das sein? Drehbuchautor Holger Karsten Schmidt zumindest war es ein Bedürfnis, seine Erfahrung beim Besuch der Nachsorgegruppe in ein respektvolles Skript zu verwandeln und verfilmt zu sehen. So manchen Westpfälzern dürfte es dennoch schwer fallen, sich darauf einzulassen, dass der insgesamt gelungene und keineswegs voyeuristische Film das Unglück doch in Teilen nachinszeniert.

Schmidt erzählt aus mehreren Perspektiven: von Flugtagbesuchern, die nicht überlebten, von Verletzten, die es geschafft haben (Max Hubacher), und von Angehörigen. Von einem deutschen Notarzt (Jan Krauter), der als erster vor Ort war und entschied, wer wie behandelt wird. Von einem jungen Krankenpfleger (Ron Helbig), der an seinem ersten Arbeitstag die Brandopfer versorgen muss und Schuldgefühle entwickelt, die ihn Jahre später in die Nachsorgegruppe führen. Aber auch von zwei Inspektoren, die für die deutsche Flugsicherung herausfinden wollen, ob das Unglück zu verhindern gewesen war – oder zumindest, ob man den Verletzten besser hätte helfen können.

Das Urteil des betont nüchtern auftretenden Inspektors Dudek (Trystan Pütter): Die Katastrophe „ist aus Fahrlässigkeit passiert“. Der Abstand der Flugstaffel zu den Zuschauern war geringer als erlaubt, der für die Genehmigung des Manövers zuständige US-Militär, dem eine Skizze vorlag, habe dies übersehen. Aus den Aussagen des engagierten Notarztes Matthias Kruse (Krauter) wiederum schließt Dudek: US-Soldaten haben zahlreiche Verletzte ohne Erstversorgung in Busse abtransportiert, in denen sie teils stundenlang umher gefahren wurden, bis sie in Fachkliniken versorgt werden konnten. Dies habe „zur Katastrophe in der Katastrophe“ geführt. Mehr Menschen hätten überleben können, wenn sie zunächst gezielt Infusionen erhalten hätten. Auch die zuständigen Politiker kritisiert der Film: Sie hätten diese Erkenntnisse unter den Tisch kehren wollen.

Der die vielen Themen stark verdichtende 90-Minüter (Regie: Kai Wessel) inszeniert gerade die Szenen, in denen es um die Aufarbeitung der Versäumnisse geht, zurückhaltend, gönnt lediglich Inspektorin Koops (Elisa Schlott) emotionale Ausbrüche: Sie und Dudek sind die Identifikationsfiguren fürs Publikum und sorgen für die nötige Balance: Ihre Recherchen und die Aussagen des Arztes und einer US-Befehlshaberin unterbrechen klug die Nacherzählung der Ereignisse dieses verhängnisvollen Augusttages.

Schmidt und Wessel gehen sensibel vor, dennoch wühlen die Bilder von den Minuten nach dem Zusammenstoß der Flugzeuge auf, später ebenso die Bilder aus den Kliniken. „Ramstein – Das durchstoßene Herz“ kann als Appell verstanden werden, nie zu vergessen, dass heute noch viele Menschen mit den Folgen der Katastrophe kämpfen. Laut SWR-Pressestelle haben die Betroffenen den Film bereits gesehen, bevor er beim Münchner Filmfest uraufgeführt wurde.

Termine

Parkinsel-Premiere ist am 4. September, 20.30 Uhr, das Filmteam kommt nahezu komplett. Im Spätherbst soll der Film, gefolgt von einer neuen Dokumentation, im Ersten laufen.

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