Kultur Niebelungen-Festspiele: Drei Flammenwerfer für Siegfried

Gehören zum Schauspielensemble der diesjährigen Nibelungenfestspiele (von links): Oscar Ortega Sánchez, Valerie Koch, David Benn
Gehören zum Schauspielensemble der diesjährigen Nibelungenfestspiele (von links): Oscar Ortega Sánchez, Valerie Koch, David Bennent und Heio von Stetten. Auch Sopranistin Nadja Michael wird bei »Glut« mitwirken.

Lawrence von Arabien trifft auf Richard Wagners „Ring“: So könnte man beschreiben, was die Zuschauer diesen Sommer bei den Nibelungennfestspielen in Worms erwartet. Ein „Roadmovie“ soll der dritte Teil seiner Geschichte werden, sagte Autor Albert Ostermaier gestern bei der Programmvorstellung, die in Berlin statt in Worms stattfand. Warum? Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer sah ihr aktuelles Amt als Bundesratspräsidentin als „guten Grund, über die Festspiele in Berlin zu sprechen“, um Worms stärker in den Fokus zu rücken.

Die Handlung beruht auf einer historischen Begebenheit: 1915, während des Ersten Weltkrieges, reisen deutsche Offiziere mit dem Zug durch den Orient. Ihre Mission: Sie sollen die britischen Ölquellen in Persien in die Luft sprengen, Perserstämme zum Aufstand bewegen und somit das Empire schwächen. Ostermaier verwebt diese Geschichte mit dem Nibelungen-Stoff: Bei ihm sind die Offiziere getarnt als Gauklertruppe, die den Heldenepos aufführen soll. „Glut. Siegfried von Arabien“ nennt der Autor sein Stück – gewisse Parallelen zu David Leans Filmepos sind also nicht zufällig. Ein Spionagethriller soll Ostermaiers Stück einerseits sein, andererseits aber auch eine Komödie, „die immer mehr zur Tragödie kippt“. Und die Parallelen zur Gegenwart aufweisen soll: Das Jahr 1915 sei ein „Brennspiegel für alle Konflikte“, die heute im Nahen Osten bestünden. Auf Basis des Nibelungen-Stoffes werde in dem Stück verhandelt, wie die Gesellschaft mit politischen Konflikten umgehe. Dennoch soll die Aufführung kein politisches Proseminar werden, sagte Nuran David Calis, der bei den Festspielen zum zweiten Mal Regie führt. Er sieht den Nibelungen-Stoff vor allem als große Liebesgeschichte über Menschen, die sich gegenseitig nicht verraten. Der Erste Weltkrieg diene als Blaupause. Bei der visuellen Umsetzung des Ganzen vertraut Calis auf sein bewährtes künstlerisches Team. Das Bühnenbild wird von Irina Schicketanz entworfen, das Lichtdesign stammt von Kevin Sock, die Kostüme sind von Amélie von Bülow. Für die Videokunst, die dieses Mal wieder eine große Rolle spielen soll, wurde Geraldine Laprell verpflichtet. Wie die visuelle Umsetzung genau aussehen soll, darüber wurde noch nicht viel verraten. Nur so viel: Drei Flammenwerfer, die der Regisseur sich gewünscht hatte, werden zum Einsatz kommen. Und auch der Drache dürfe bei einer Nibelungen-Geschichte nicht fehlen. Hier komme der Zug ins Spiel. Auch das musikalische Arrangement legt Calis in bewährte Hände: Wie im vergangenen Jahr sind die Brüder Vivan und Ketan Bhatti für die Musik verantwortlich. Ihr soll in diesem Jahr eine besondere Bedeutung zukommen. Geplant ist, Fragmente aus Richard Wagners Tetralogie „Ring des Nibelungen“ in die Inszenierung einzuweben, und zwar gleich auf zwei Ebenen: Zum einen soll die Musik die Handlung – ähnlich wie bei einem Film – atmosphärisch begleiten und an Schnittpunkten unterstützen, zum anderen ist sie tatsächlich Teil der Inszenierung, da die Gauklertruppe Wagners Musikdramen im Stück probt. Das Kammerensemble aus acht Musikern, das die Wagner-Musik live vor dem Dom spielen soll, wird somit auch Teil der Schauspieltruppe sein, erklärte Vivan Bhatti. Mit dabei sind zudem Opernstar Nadja Michael, die als Tosca, Salome oder auch als Lady Macbeth an den Opernhäusern von München bis New York erfolgreich ist, und Tenor Bassem Alkhouri. Regisseur Calis versichert: „Es wird groß.“ Verstärkt werden soll der musikalische Eindruck über die Videoebene. „Es muss überwältigend sein, wie Wagner es ist.“ Auch das Schauspielensemble steht: Mit dabei sind unter anderem Heio von Stetten als Hauptmann Klein, eine „Hagen“-Figur, Valerie Koch als Lady Adler, David Bennent als Monsieur Vulture, genannt Rimbaud, Oscar Ortega Sánchez als Polizeichef Enver Sahin, Ismail Deniz als Prinz Igor, Mehmet Kurtulus als Scheich Omar, eine Figur, die an Etzel angelehnt ist, und Dennenesch Zoudé in einer Kriemhild-Rolle als Gräfin Falke. Till Wonka verkörpert Siegfried. Es soll vorerst das letzte Mal sein, dass bei den Wormser Festspielen eine Trilogie gezeigt wird. Thomas Laue, ab 2018 der neue Künstlerische Leiter, und Intendant Nico Hofmann setzen in den kommenden fünf Jahren jedes Jahr auf jeweils einen neuen Autor. 2018 legen sie den Nibelungen-Stoff in die Hände von Feridun Zaimoglu und Günter Senkel. Das Duo wolle sich der Nibelungen-Geschichte nach Friedrich Hebbel annehmen und sie weiterschreiben: Nach dem finalen Blutbad kehrt Etzel nach Worms zurück, um sein Erbe einzufordern. Termin —„Glut. Siegfried von Arabien“ wird vom 4. bis 20. August in Worms aufgeführt. —Karten für die Nibelungenfestspiele können unter 01805/337171 oder unter www.nibelungenfestspiele.de bestellt werden.

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